Eine Woche lang verlassen die Schülerinnen und Schüler die Realschule und besuchen stattdessen ein Praktikum im Rahmen der Berufsorientierung an der Realschule, kurz Bors, wo sie erste Erfahrungen sammeln und tiefere Einblicke in Berufen bekommen.
So wie Dzana Abazovic. Sie hat ein Praktikum als Bürokauffrau für Immobilien gemacht. „In diesem Beruf ist man oft auf Wohnungsbesichtigungen. Dabei zeigt man den Kunden alle Möglichkeiten, die man hat und berät sie“, erzählt sie. Abazovic hat außerdem Exposés erstellt und Rechnungen überprüft. Diese habe sie auch in Briefe verpackt und verschickt.
Schulwissen ist gefragt
Einige mathematische Aufgaben musste sie dann auch erledigen, wie zum Beispiel den Dreisatz berechnen und Netto-Beträge in Brutto umwandeln. Dzana Abazovic hat diesen Beruf gewählt, weil es ihr Spaß mache, Rechnungen zu berechnen. „Ich habe auch gerne organisatorische und administrative Aufgaben erledigt“. In ihrem Praktikum musste sie sich auch an feste Vorgaben halten. So mussten die Rechnungen und Exposés eine einheitliche Struktur beibehalten, und auch die Kundendaten mussten immer in derselben Form erfasst werden, um den Überblick zu behalten, erklärt die Schülerin.
Die 15-Jährige durfte überwiegend am Computer, mit einer Kamera sowie einer 360Grad-Kamera und mit einem Taschenrechner arbeiten. Das Praktikum habe ihr sehr gut gefallen, denn es verschaffte ihr einen Überblick, was ihr Alltag werden könnte. Dzana Abazovic habe die Teamarbeit am besten gefallen. „Für eine Person, die gerne im Büro arbeitet, sich mit den Kunden unterhält, gerne rechnet und organisiert, kann das ein guter Beruf sein.“ Ihr habe das Praktikum bei ihrer Berufswahl geholfen, sagt sie.
Erwartungen werden nicht immer erfüllt
Mitschüler Sanluka Liebl hat in Radolfzell ein Praktikum als Industriekaufmann absolviert. Er durfte in verschiedenen Abteilungen hineinschauen, wie zum Beispiel in der Brandschutz- oder in der Marketingabteilung. Er habe überwiegend am Computer gearbeitet. Damit habe ihm das Praktikum nicht bei der Berufsentscheidung weitergeholfen.

Er empfehle den Beruf Menschen, die gerne und lange vor dem Computer sitzen möchten, weil man viel am Computer arbeite. Der Schüler sagt: „Wenn man im Praktikum in einen Beruf reinschnuppert, der anders ist, als erwartet, kann es ziemlich schnell langweilig werden“. Immerhin: Er weiß jetzt, was er später nicht werden will.
Als Heilpädagogin arbeitet man an sensiblen Themen
Angelina Fischer hat ein Praktikum in Singen als Heilpädagogin gemacht. In ihrer Zeit dort durfte sie an den Patientengesprächen teilnehmen. „Nur bei richtig sensiblen Gesprächen durfte ich nicht dabei sein“, sagt sie. Sie habe Tabellen auf dem Computer bearbeitet, verschiedene Kärtchen ausgeschnitten, die sie dann auch laminierte, und Akten sortiert. Als Heilpädagogin müsse man offen sein und kinderfreundlich. „Man sollte selbstsicher sein, denn sonst sprechen die Kinder nicht mit dir“, weiß die Praktikantin.
Datenschutz sei in diesem Beruf ein wichtiger Punkt, denn sie dürfe die Fälle der Kinder nicht weiter erzählen oder deren Namen nennen. Angelina Fischer finde es gut, dass die Schüler ein Praktikum machen müssen, weil es bei der Berufsorientierung helfen könne. Ihr selbst habe das Praktikum geholfen. „Ich habe feststellt, dass ich doch lieber mit Jugendlichen arbeiten möchte, als mit kleineren Kindern.“ Trotzdem habe es Spaß gemacht.
„Ich würde den Beruf Menschen empfehlen, die belastbar sind. Manche Kinder haben eine schwere Vergangenheit hinter sich, dass kann dann emotional belastend sein. Aber das Schöne daran ist, dass man als Heilpädagogin Kindern mit Problemen hilft“, meint Angelina Fischer.
Beliebt sind Einzelhandel, Handwerk und Kindertagesstätten
Zu einem Bors-Praktikum gehört auch dazu, dass eine Lehrkraft den Schülern einen Besuch abstattet. So meinte Lehrerin Katrin Kern, dass ein Praktikum einem Schüler dabei helfen könne, früh festzustellen, ob der Beruf wirklich gefällt. Und das, bevor man eine Ausbildung oder ein Studium startet. „Durch das Praktikum können Schüler ebenso schauen, ob das, was sie gerne als Hobby machen, auch als Beruf ausüben wollen. Es hilft ihnen auch, den Unterschied zwischen Arbeit und Schule zu erkennen“, sagt die Realschullehrerin. Grundsätzlich gebe es viele Möglichkeiten, wo die Schüler ein Praktikum machen können. „Nach meiner Erfahrung machen die meisten ein Praktikum im Einzelhandel, Kindergarten und im handwerklichen Bereich.“
Kern selbst machte in ihrer Schulzeit ein Bors-Praktikum in einem Kinderhort. Dort habe sie mittags Grundschulkinder betreut. dabei habe sie gemerkt, dass sie lieber mit Jugendlichen arbeiten wolle. Das Begleiten von Kindern sei mit das Schönste an ihrem Beruf, so die Lehrerin.
Hana Abazovic hat bei der SÜDKURIER-Redaktion Singen/Hegau ein Praktikum im Rahmen der Berufsorientierung an der Realschule, kurz Bors, absolviert.