Herr Krebs, mit Ihrer Mischung aus grandioser Stand-up-Comedy, bissigem Kabarett und routinierten Musikeinlagen absolvieren Sie fast 100 Auftritte pro Jahr. Besteht da nicht irgendwann der Wunsch nach Ruhe?
Und wie. Wobei die schönste „Ruhe“ für mich ist, stundenlang Klavier zu spielen oder zu singen. Zum Glück habe ich musikliebende Nachbarn. Oder zumindest höfliche.
Welche Regeln gibt es für Ihr Privatleben und für eine Privatsphäre?
Die Frage würde ich gerne mal Mark Zuckerberg stellen. Was meine Shows angeht, ist es mir wichtig, auf der Bühne ich selbst zu sein. Da muss man dann auch etwas von sich preisgeben. Insofern ist mein Privatleben nur so lange sicher, bis eine Geschichte zu witzig ist, um nicht erzählt zu werden.
Wenn ich an Ihre Auftritte denke, sehe ich Sie am Flügel stehend, im Ausfallschritt, immer im engen Austausch mit dem Publikum. Dabei verschmelzen Sie mit dem Instrument. Ursprünglich haben Sie Lehramt und Jazz studiert und in Bars Piano gespielt. Gab es eine Initialzündung, auf die Bühne zu gehen?
Ich habe während meines Schulmusik-Studiums an einem Wettbewerb teilgenommen und dafür mein erstes Lied geschrieben, „Hausverbot bei Aldi“. Als ich es spielte, haben sich die Leute im Saal prächtig amüsiert und gleich beim zweiten Refrain lauthals mitgesungen. Das war eine magische Erfahrung. Es war mir in dem Moment nicht bewusst, aber ich denke, danach waren die Weichen gestellt. Auf den Preis, den ich für das Lied bekommen habe, war ich übrigens sehr stolz. Bis mir auffiel, dass der Wettbewerb ja von Pädagogen organisiert wurde und es daher deutlich schwerer war, da ohne Preis wieder wegzufahren, als mit.
Für Ihre Auftritte planen Sie zwar die Musikstücke, trotzdem ist jeder Abend anders, denn es gibt kein festes Programm, weil die Zwischenmoderationen spontan sind.
Mein Klavierprofessor an der Hochschule hat mal sehr enttäuscht zu mir gesagt: „Du spielst das Stück genau gleich wie letzte Woche, wie langweilig. Dabei bist du heute doch ein anderer, mit ganz anderen Gefühlen und Gedanken.“ Und er hatte sowas von recht. Heute liebe ich es zu improvisieren und bin überzeugt, die besten Momente im Leben und auf der Bühne entstehen spontan. Das Ziel ist, mich bei jedem Konzert mindestens einmal selbst zu überraschen. Mit etwas Glück entstehen dann die Momente, an die sich das Publikum und ich Jahre später noch erinnern. Das Witzige an Improvisation ist übrigens: Je besser sie gelingt, umso größer ist die Verlockung, sie am nächsten Abend exakt gleich zu wiederholen.
Lassen Sie uns über die „Pommesgabel des Teufels“ und den „Flüsterfuchs“ sprechen, Elemente, die sich seit Jahren wie ein roter Faden durch Ihre Programme ziehen.
Meine Geschichten über den Metal-Gruß und meinen Kampf gegen den Flüsterfuchs waren sehr populär. Außer vielleicht bei der dänischen Anti-Atomkraft-Stiftung, die mich damals für meine „Flüsterfuchs? Nein Danke!“-Aktion abgemahnt hat. Ich habe das ein paar Jahre nicht mehr im Programm gehabt, aber auf der 20 Jahre-Jubiläumstour gehört es natürlich dazu. Zum Glück ist in der Zeit einiges passiert und ich habe eine schöne Fortsetzung dazu gefunden.
Ich habe das Gefühl, dass Sie mit den Jahren zwar nichts an ihrem jungenhaften Charme und der unbändigen Spielfreude verloren haben, jedoch gesellschaftskritischer und politischer geworden sind.
Also ich habe das Gefühl, viele Politiker werden immer mehr zu Comedians, da scheint es irgendwie logisch, dass man als Comedian politischer wird. Mir wäre es deutlich lieber, wenn jeder bei seinem Job bleiben würde. Aber Leute wie Spahn, Merz, Scholz, Söder, Lindner und so weiter, müssen sie gar nicht mehr satirisch zuspitzen, damit es albern wird, es reicht vollkommen aus, sie zu zitieren. Und im Kontext der sich an ihrer eigenen Widerwärtigkeit berauschenden „afd“ ist ja quasi jede menschliche Regung und jeder logisch zu Ende gedachte Satz schon ein politisches Statement. Ich schreibe „afd“ übrigens immer klein und in Anführungsstrichen. Klein, weil es dem Geist dieser Partei entspricht und die Anführungsstriche, weil das letzte was sie sind, eine Alternative für unser Land ist.
Sehr klare und kluge Worte und ich freue mich auf mehr von Ihnen! Am 2. Februar sind Sie endlich wieder in der Region und gastieren mit ihrer – vorhin bereits erwähnten „20-Jahre-Jubiläumstour“ in der Gems. Ich vermute, es wird einen Ritt durch zwei Jahrzehnte ihrer Programme?
Genau. Es wird auf jeden Fall sehr musikalisch und sehr lustig. Als ich bei der Vorbereitung meine letzten 20 Jahre mal durchgeschaut habe, war sich selbst überrascht, wie viele tolle Songs und Geschichten sich da angesammelt haben. Es macht mir extrem viel Spaß zu sehen, wie die sich verändern, wenn ich sie aus meiner heutigen Perspektive wieder aufgreife. Eigentlich ist es ja völlig klar, dass man nach 20 Jahren üben und Erfahrung sammeln vieles besser auf den Punkt bringt. Aber ich war zum Glück naiv und hatte nicht damit gerechnet, daher ist es jetzt umso schöner.
Fragen: Nicola Reimer