Herr Beck, Sie sind vielen als Schauspieler, jedoch zunehmend als Hörbuchsprecher bekannt. Für Ihre Hörbuchfassung der Harry-Potter-Bände wurde Sie vier Mal mit der Goldenen Schallplatte ausgezeichnet. Welche Fähigkeit muss man als Sprecher mitbringen?
Nun ja, dazu muss man wohl erst einmal Folgendes unterscheiden: Sprecher findet man unter anderem in Nachrichten, sie geben Informationen weiter oder lesen aus einem Sachbuch. Für ein Hörbuch braucht es in der Regel einen Schauspieler mit der Fähigkeit zu interpretieren. Bei der Herangehensweise sollte man sich viele psychologische Fragen beantworten, denn für eine Interpretation braucht es eine Haltung. Auch die Perspektive, aus der ich erzähle, ist relevant, damit ich eine Rolle dramaturgisch umsetzen kann.
Vergleichbar ist das mit einer Partitur, bei der zwar die Töne vorgegeben sind, man aber schauen muss, wie man sie zum Klingen bringt. Das Ziel ist, im Kopf der Zuhörer Bilder entstehen zu lassen und sie so in den Bann der Geschichte zu ziehen.
Im Februar kommen Sie mit „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns in die Singener Stadthalle. Die Texte, die Sie lesen, hat der italienische Starautor Alessandro Baricco beigesteuert; musikalisch werden Sie von den Pianistinnen Anna und Ines Walachowski unterstützt. Was ist das Besondere an dieser Fassung?
Im Prinzip ist es eine simple Geschichte, ein vermeintliches Kinderkonzert. Die Frage steht im Raum: Wie könnte man die Tiere, die sich treffen, musikalisch darstellen? Wie wir das umsetzen, das darf ich nicht verraten, sonst würde der Witz der Aufführung vorweggenommen. Es gibt viele Fassungen dieses Stücks, meist mit Orchester. Wir haben es auf zwei Flügel reduziert. Das Besondere ist wohl, wie ich das Stück erzähle, und das darf ich schon einmal verraten – mit einer großen Portion Humor.

Das Stück richtet sich an Erwachsene und Kinder. Sie hatten bereits generationenübergreifende Bücher gelesen, unter anderem „Der kleine Prinz“ und „Die Möwe Jonathan“. Was mögen Sie daran?
Die Herausforderung. Es ist eine große Kunst, diesen Spagat zu machen, sowohl die Fantasie der Erwachsenen zu berühren und anzuregen, als auch den Kindern gerecht zu werden. In Animationsfilmen gelingt das sehr gut. Eltern und Kinder schauen gemeinsam einen Kinofilm und jeder lacht über etwas anderes. Die Eltern lachen in der Regel über einige Anspielungen, Kinder lachen mehr über Slapstick. Es war aber schon immer in der großen Kinderliteratur so, dass Eltern nur das kaufen und vorlesen, was ihnen selbst gefällt.
Meist ist das der Fall, wenn eine Moral vorhanden ist, wie beispielsweise bei Erich Kästners „Emil und die Detektive“. Das ist eine tolle Geschichte mit moralischer Botschaft, die da heißt: „zusammen sind wir stark“ und „Diebstahl lohnt sich nicht“. Und ich habe auch bei meinen eigenen Kindern darauf geachtet, bei längeren Autofahrten nicht eine Folge nach der anderen Bibi Blocksberg abzuspielen, sondern kindgerechte, generationsübergreifende Literatur.
Es gibt viele Beispiele für solche Bücher und Stücke. Eines davon ist Tabaluga, ein Stück, das Sie selbst inszeniert haben.
Ja, Tabaluga ist augenscheinlich eine Geschichte für Kinder, aber eigentlich ein Märchen für Erwachsene und vor allem war es ein Rock‘n‘Roll-Spektakel.
Ihre Kinder sind in Ihre Fußstapfen getreten und in der Schauspiel- und Filmbranche tätig.
Das ist richtig, wir haben auch einige Produktionen zusammen gemacht, unter anderem Tabaluga oder den Kinofilm „Die wilden Kerle“. Sie waren von klein auf im Showbusiness; alle haben Filme gedreht in ihrer Freizeit oder standen mit mir auf der Bühne. Jonathan arbeitet als Schauspieler, Sarah ist Drehbuchautorin und die älteste, Natalie, ist Filmregisseurin.
Warum haben Sie sich für die Schauspielerei entschieden?
Ich folgte damit einem inneren Impuls, meiner Intuition. Ich habe mich für den Schauspielberuf entschieden, weil man mir sagte, ich sei begabt. Und es ist mir oft im Leben so gegangen, dass man mich auf das Talent, das in mir schlummert, aufmerksam gemacht hat.
Ich habe mal gelesen, Sie wären gerne Musiker geworden, waren sich jedoch bewusst, dass es schwierig ist, als Profimusiker zu leben. Ist das nicht bei allen künstlerischen Berufen ähnlich?
Natürlich ist es das! Unsicher ist es immer dann, wenn man einen unbürgerlichen Beruf ergreift, also nicht irgendwo fest angestellt ist, wie bei der Stadt Singen. Schauspieler haben lange Arbeitstage, bekommen kein regelmäßiges Monatsgehalt, sind nicht sozialversichert, es sei denn, man hat für einen längeren Zeitraum ein festes Engagement an einem Theater. Ansonsten gehört man eben zum fahrenden Volk.
Und die Zeiten werden nicht leichter. Die Leute gehen immer weniger ins Theater, in Konzerte, sie hören die Musik, die immer und überall über Streamingdienste verfügbar ist, über Kopfhörer. Irgendwann ist die KI in der Lage, Stimmen zu klonen, und es ist möglich, für kleines Geld Hörbücher aufzunehmen. Und obwohl ich mir all dessen bewusst bin, gibt es für mich keine Alternative zu diesem Beruf. Wenn man diesen Beruf ergreift, muss man von sich selbst überzeugt sein und es heißt, immer am Ball zu bleiben und weiterzumachen.
Eintrittskarten zur Veranstaltung am Donnerstag, 6. Februar, um 19.30 Uhr in der Stadthalle Singen gibt es im Vorverkauf bei Aboservice & Ticketing in der Stadthalle am Hohgarten, Telefon 07731 85504, dienstags und donnerstags jeweils von 11 bis 13 Uhr, per E-Mail an aboservice.stadthalle@singen.de sowie bei allen Reservix-Vorverkaufsstellen. Sie kosten ab 18 Euro.