Bei der Para-Leichtathletik-Weltmeisterschaft die Fahne für das deutsche Sportler-Team zu tragen, ist eine große Ehre. Dies zweimal in Folge zu tun, umso mehr. Yannis Fischer, der wohl bekannteste Kugelstoßer aus dem Hegau, durfte Ende Mai die WM in Kobe, Japan, als Fahnenträger wieder eröffnen. Im Kugelstoßen belegte er dort den vierten Platz. Richtig abgeräumt hat die 19-jährige Rennrollstuhlfahrerin Merle Menje: Sie holte sich den kompletten Medaillen-Satz. Die beiden Para-Sportler berichten, wie sie die Meisterschaft erlebt haben.
Rennrollstuhlfahrerin Merle Menje aus Gottmadingen hat für den Singener Stadt-Turnverein einen großen Erfolg in den Hegau geholt. Bei der Para-Leichtathletik-WM im japanischen Kobe gewann sie über eine Distanz von 1500 Metern Bronze, erkämpfte sich mit über 5000 Meter die Silber-Medaille und konnte über 800 Meter schließlich Gold feiern. Für die 19-Jährige ein großes Erlebnis, das sie lange in Erinnerung behalten werde. Allen voran auch, weil Japan ein wundervolles Land sei, um ein solches Event auszutragen. „Durch die Herzlichkeit, tolle Gastfreundlichkeit, Wertschätzung und die super Organisation der Japaner hatten wir alle eine tolle Zeit“, so die Rennrollstuhlfahrerin gegenüber dem SÜDKURIER.

Liebe zum Sport vor Augen geführt
Ihr persönlicher Höhepunkt sei das Rennen über 800 Meter gewesen, bei der sie die Gold-Medaille gewonnen hatte. Bei dem Wettkampf habe sie „unheimlich viel Spaß“ gehabt, wie sie schildert. „Das war schon ein sehr emotionaler Moment und nicht unbedingt der Fakt des Gewinnens, sondern der ganze Prozess, der mich dahin geführt hat, und die Liebe zu dem Sport wurden mir vor Augen geführt“, fasst Merle Menje ihre Gefühle in Worte zusammen. „Mit welch tollen Menschen ich diesen Moment teilen durfte, ob in Person oder eben in dem Moment übers Handy – das war schon sehr besonders.“
Allerdings sei jetzt nicht so viel Zeit, um sich auf den Lorbeeren auszuruhen, wie sie deutlich macht. Denn an allererster Stelle stehe nun die endgültige Qualifikation, für die sie noch die Normen fahren müsse. Eine Norm ist eine bestimmte Leistung, die ein Athlet erbringen muss, um an den Wettkämpfen teilnehmen zu dürfen.
„Die nächsten Monate werde ich dann nochmal ganz viel trainieren, sei es mit meinem Trainer und einer Trainingsgruppe in der Schweiz oder bei mir zu Hause“, so die Sportlerin. „In regelmäßigen Abständen habe ich auch noch einige Wettkämpfe, um immer mal wieder meinen aktuellen Trainingsstand zu testen und was wir im Training noch optimieren müssen.“
Yannis Fischer plagen Rückenprobleme
Auch Yannis Fischer aus Mühlhausen-Ehingen hat an der WM teilgenommen und war, wie schon 2023 in Paris, wieder Fahnenträger. Er konnte aber seinen Titel von Paris 2023 beim Kugelstoßen nicht wiederholen. Ein Grund: Zuvor wurde er sehr lange von Rückenproblemen geplagt und war bei der Weltmeisterschaft noch nicht ganz fit. Außerdem hat es bei seinem Wettkampf geregnet, was beim Kugelstoßen auch die Leistung einschränke, sagt Fischer. Am Ende reichte es mit 10,42 Meter Weite nur für den vierten Platz. Er sei unter den gegebenen Umständen aber dennoch mit seiner Leistung zufrieden.
„Auf der einen Seite bin ich zufrieden, weil ich wieder die Möglichkeit hatte, an internationalen Wettkämpfen zu starten. Denn wenn ich noch auf Januar zurückblicke, da ging es mir so schlecht, dass ich manchmal gedacht hätte, dass ich gar nicht mehr an Wettkämpfen starten kann“, sagt Fischer.
Auf der anderen Seite habe es ihn auch ein bisschen geärgert, dass er nicht die beste Leistung der Saison abrufen konnte. „Vor der WM hatte ich schon drei Wettkämpfe und an zwei davon habe ich schon weiter gestoßen als jetzt bei der WM“, erklärt der 22-Jährige. Nun müsse er nach vorne blicken: Das Hauptziel dieser Saison seien die Paralympics in Paris. „Da werde ich jetzt darauf hinarbeiten.“
Neue Erfahrungen und Ziele für den nächsten Wettkampf
Nach der WM habe er eine kleine Pause gehabt, um ein bisschen Energie zu tanken. Jetzt gehe es weiter mit Training, das er in Stuttqart am Olympia-Stützpunkt absolviere. „Ich habe jetzt einen neuen Krafttrainer dazu bekommen, der mit mir an meiner Rückenproblematik weiter arbeitet“, sagt Fischer. Auch er muss noch die Norm stoßen, die liege bei ihm bei 11,03 Meter. „Bisher habe ich ihn der Saison 10,89 Meter gestoßen, ein paar Wettkämpfe bleiben da noch übrig für die Saison und ich hoffe, dass ich die Norm noch stoßen kann.“ Dafür habe er noch bis Juli Zeit.
Allgemein sei die WM trotz allem ein schönes Erlebnis gewesen – Auch, weil er endlich Eindrücke von Japan bekommen konnte. Denn im Gegensatz zu den Paralympics 2021, die ebenfalls in Japan stattgefunden hatten und noch von der Corona-Pandemie geprägt waren, hätten die Athleten nun die Möglichkeit gehabt, sich außerhalb vom olympischen Dorf frei zu bewegen. „Ich habe auf jeden Fall wieder neue Erfahrungen gesammelt, was bei solchen Wettkämpfen immer wichtig ist“, sagt Fischer.