Frau Schmidt, wie ist die aktuelle Lage bei den Ausbildungsplätzen im Landkreis Konstanz? Wie viele Stellen sind noch frei?
Für das jetzt im Herbst beginnende Ausbildungsjahr waren im Landkreis Konstanz der Agentur für Arbeit von Oktober 2023 bis August 2024 insgesamt 1519 Berufsausbildungsstellen gemeldet. Davon waren mit Stand August 2024 noch 641 unbesetzt.
Gibt es bestimmte Branchen, in denen besonders viele Stellen offen sind?
Die Top 10 der noch unbesetzten Ausbildungsstellen führen im Landkreis Konstanz Kaufleute im Einzelhandel, Verkäufer, Handelsfachwirte, Zahnmedizinische Fachangestellte und Fachkräfte im Bereich Lagerlogistik an. Grundsätzlich gibt es aber auch noch offene Ausbildungsstellen in fast allen handwerklichen Berufen sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe.
Wie stark ist das Interesse an den kurzfristigen Ausbildungsplätzen, die im Rahmen der Last-Minute-Aktionen angeboten werden?
Die Resonanz auf die Sommeraktionen der Berufsberatung, wie zum Beispiel den Sofortzugang ohne Termin sowie die Last-Minute-Börsen, haben gezeigt, dass das Interesse auch kurz vor und nach dem Ausbildungsstart sehr groß war.
Welche Personen nehmen diese Last-Minute-Angebote meistens wahr?
Das ist ganz unterschiedlich und kann nicht auf einen „typischen“ Personenkreis festgelegt werden. Es kommen junge Menschen, die gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beendet haben, Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund, Abiturienten, Absolventen von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen oder junge Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Teilweise kommen sie auch mit ihren Eltern.
Was sind die größten Herausforderungen bei der Vermittlung von Ausbildungsplätzen kurz vor dem Ausbildungsjahr?
Die größte Herausforderung ist das Matching, also noch die passende Stelle für den angehenden Azubi, aber gleichzeitig auch den passenden Azubi auf die ausgeschriebene Stelle zu finden. Um das zu realisieren, arbeitet die Berufsberatung eng mit dem Arbeitgeber-Service zusammen, um beide Perspektiven abzudecken. Bei der Entscheidungsfindung spielen Berufswunsch, Stärken und Interessen, der vorhandene Schulabschluss und natürlich auch der Stand der beruflichen Orientierung eine Rolle.
Nicht immer passen die noch freien Ausbildungsstellen zu den Bewerberinnen und Bewerbern und umgekehrt. Darüber hinaus ist bei der Last-Minute-Ausbildungssuche auch Flexibilität und Anpassungsbereitschaft gefragt – und zwar auf beiden Seiten. Besteht noch Unterstützungsbedarf für den Auszubildenden oder den Betrieb, kann die Agentur für Arbeit mit verschiedenen Förderangeboten weiterhelfen.
Welche Chancen bieten Last-Minute-Ausbildungsbörsen für Interessierte?
Wer wirklich Interesse an einer Ausbildungsstelle hat, kann auch ohne Probleme Mitte September noch eine wirklich tolle Stelle bekommen und trotz Kurzfristigkeit auf ganz „normalem“ Weg in das gerade angelaufene Ausbildungsjahr starten. Aber auch im sogenannten Nachvermittlungszeitraum ab etwa Oktober bis in den Dezember hinein können noch Ausbildungsplätze nachbesetzt werden.
Welche Themen oder Fragen bringen die Interessenten meistens zu den Beratungsgesprächen mit?
Die Hauptfragen sind zum Beispiel: Kann ich auch jetzt noch eine freie Ausbildungsstelle finden und wenn ja, wo? Wie erstelle ich eine Bewerbung und welche verschiedenen Bewerbungswege gibt es? Wie komme ich an meine Traumstelle, auch wenn keine Stelle mehr ausgeschrieben ist? Welche Alternativen gibt es?
Gibt es bestimmte Tipps oder Ratschläge, die Sie denjenigen geben, die sich noch nicht sicher über ihre Berufswahl sind?
Der erste Schritt ist auf jeden Fall, aktiv zu werden und einen Termin bei der Berufsberatung zu vereinbaren. Die Berufsberaterinnen und Berufsberater unterstützen und bestärken die Schülerinnen und Schüler in ihrer Entscheidungsfindung. Berufswahl ist ein Prozess, der in den meisten Fällen nicht von heute auf morgen abgehakt werden kann. Der individuelle Stand in diesem Prozess wird dabei in einem ausführlichen Beratungsgespräch geklärt.
Wie es dann weitergeht, kann ganz unterschiedlich sein. Manchmal kann es dann, wie bereits beschrieben, zu einem kurzfristigen Ausbildungsbeginn kommen. Manchmal ist aber auch ein kleiner Umweg oder eine Alternative sinnvoller. Durch ein FSJ, Praktika oder einen weiteren Schulbesuch kann die Entscheidung in dieser Zeit noch wachsen oder sich festigen.
Wie sehen Sie die Entwicklung des Ausbildungsmarktes in den kommenden Jahren? Gibt es bestimmte Trends, die sich abzeichnen?
Grundsätzlich lässt sich sagen: Eine abgeschlossene Ausbildung ist und bleibt der beste Garant für eine erfolgreiche berufliche Zukunft und bietet den besten Schutz gegen Arbeitslosigkeit. Auszubildende werden flächendeckend gesucht, denn der Bedarf an Fachkräften ist sehr hoch. Das sehen wir aktuell insbesondere in den Bereichen Pflege- und Gesundheitsberufe, Erziehung, Elektro, Logistik und IT, aber auch in weiten Teilen des Handwerks und des Hotel- und Gaststättenbereichs.
Ausbildungsbetriebe werden hinsichtlich des Anwerbens von neuen Talenten immer kreativer und entwickeln neue Azubi- und Mitarbeiter-Programme. Zudem gibt es Arbeitgeber, die einen niederschwelligen Zugang zur Bewerbung anbieten: Die Bewerber geben nur noch ihren Namen und Kontaktdaten ein, und der Betrieb nimmt dann Kontakt zu ihnen auf.