Es ist eine illustre Liste von ausgewählten Menschen, die jedes Jahr vom Bundespräsidenten in seinen Amtssitz Schloss Bellevue in Berlin zum Neujahrsempfang eingeladen werden. Und im kommenden Jahr steht ein Singener als erster auf der Namensliste: Alexander Flügler. Die Platzierung kommt einfach zustande: Die Gäste werden nach Bundesländern sortiert alphabetisch aufgezählt. Flüglers Name steht vorne. Mit ihm stehen nur zwei weitere Personen aus Baden-Württemberg auf der Gästeliste, die 69 Namen umfasst.
Gespräch in Rottweil dürfte zu Einladung beigetragen haben
Wie kam es zu der Einladung? Flügler kann nur spekulieren, aber seine Theorie klingt einleuchtend. Denn Steinmeier hatte Anfang Juni seinen Amtssitz für drei Tage nach Rottweil verlegt – eine Aktion, die unter dem Titel „Ortszeit Deutschland“ an verschiedenen Orten der Republik stattfand. Das Staatsoberhaupt nutzte die Gelegenheit, mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen – und Flügler nutzte die Gelegenheit, mit dem Staatsoberhaupt ins Gespräch zu kommen. „Anscheinend hat das Eindruck hinterlassen“, sagt er, der seit vielen Jahren aus der jenischen Hochburg Singen heraus die Sache seiner Gruppe vertritt. Einen Besuch bei einer Mitarbeiterin von Steinmeier habe es dann auch noch gegeben – und später die Einladung zum Neujahrsempfang in Berlin am Dienstag, 10. Januar 2023, für ihn und seine Frau.
Die geladenen Gäste werden in Schloss Bellevue für ihr ehrenamtliches Engagement geehrt. Bei Flügler zählt das Bundespräsidialamt auf, dass er sich um die Anerkennung der Jenischen als Minderheit bemühe, für die Erforschung der jenischen Kultur und gegen die Diskriminierung von Jenischen einsetze. Dem 65-jährigen Flügler ist es aber auch wichtig, dass sich manch einer für die jenische Sache eingesetzt hat. Namentlich nennt er die Partei der Grünen und die Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger, aber auch der jetzige Singener OB Bernd Häusler habe ihm Anlass zur Hoffnung gegeben.

Doch Flügler wäre nicht Flügler, wenn er in Berlin einfach nur eine Ehrung entgegennehmen würde. Er wolle die Gelegenheit nutzen, dem Staatsoberhaupt die Geschichte des jenischen Volkes zu übergeben, erzählt er im Büro seines Hauses in der Singener Südstadt. Dafür soll es einen Gegenstand mit einer Aufschrift auf Glas geben, „damit auch etwas dort bleiben kann“, so Flügler. Und auf jeden Fall wolle er einen Brief an den Bundespräsidenten und vielleicht ein Buch über die jenische Sprache mitbringen – um das Anliegen, die Anerkennung der Jenischen als Minderheit, zu platzieren.