Erneuerbare Energie wird gerade mehr denn je gebraucht – zumindest lassen die Nachrichten derzeit kaum einen anderen Schluss zu. Denn gleichzeitig rückt der Atomausstieg im Kalender immer näher, der Brennstoff für Kraftwerke fließt aus Richtung Russland immer spärlicher und die Elektrowelle rollt zum Beispiel beim Verkehr mit E-Mobilität oder beim Heizen mit Wärmepumpen. Doch wenn es konkret wird, dauert die Energiewende mitunter ziemlich lange. Das wird nun wieder sichtbar bei einem Freiflächensolarpark, der beim Singener Ortsteil Bohlingen entstehen soll.
Die Thüga Energie und der Bohlinger Bürger und Pflanzenzucht-Unternehmer Elmar Weißmann wollen den Solarpark auf einem Grundstück an der Landesstraße 222 errichten. Im Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt (SBU) des Singener Gemeinderats berichtete Weißmann nun über die Pläne. Er schilderte beispielsweise, dass die Solarmodule auf Stahlstäben ohne Fundamente im Boden verankert werden sollen – ein schonendes Verfahren ohne Beton und schwere Maschinen. So kann man die Module auch relativ leicht wieder entfernen, wenn sie ausgedient haben. Das klingt nach einem überschaubaren Eingriff für die eigentlichen Bauarbeiten.
So richtig schnell geht es trotzdem nicht. Weißmann rechnet mit einer Inbetriebnahme im Herbst 2024, also in zwei Jahren. Der Zeitplan sei konservativ gerechnet und als Pflanzenzüchter sei er ohnehin gewohnt, dass Projekte zehn Jahre dauern, sagte er dazu auf Nachfrage von Walafried Schrott (SPD).
Die lange Dauer löste trotzdem Kritik bei Ausschussmitgliedern aus. „Es ist schockierend, dass wir zwei Jahre für so ein Projekt brauchen, egal welche Farbe die Regierung hat“, sagte etwa Klaus Niederberger (CDU). Und: „Wir blockieren uns selbst.“ Auch Schrott plädierte dafür, das Projekt zu beschleunigen, wenn das möglich ist. Die lange Dauer sah er vor allem in übergeordneten Vorgaben begründet.
Bürokratie kostet viel Zeit
Das unterstützte Adam Rosol, Abteilungsleiter Stadtplanung bei der Singener Stadtverwaltung, im Prinzip schon in seiner Einführung. Für eine Fotovoltaik-Anlage im Außenbereich sei nämlich ein volles Bebauungsplanverfahren notwendig: „Es gibt keine andere Möglichkeit.“ Die Sitzungsvorlage zählt unter anderem Untersuchungen zu „Artenschutz, zur Eingriffs- / Ausgleichsbilanzierung und den einzelnen Umweltbelangen“ auf, die notwendig würden.
„Mögliche Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter, wie zum Beispiel auf den Boden, auf das Landschaftsbild oder Blendwirkungen, werden untersucht und mögliche Beeinträchtigungen durch Festsetzungen, wie zum Beispiel Eingrünungen, minimiert werden“, heißt es in der Vorlage weiter. Auch der Flächennutzungsplan, der regelt, auf welcher Fläche beispielsweise Grünland oder Wald liegen soll, muss demnach geändert werden.
Erste Vorgespräche mit übergeordneten Behörden würden bereits laufen, sagt Rosol, dabei sei auf den Schutz des Landschaftsbildes hingewiesen worden. Elmar Weißmann rechnet entsprechend damit, dass die Baugenehmigung im März 2024 vorliegen kann. Schneller wäre aber auch ihm lieber.
Auch Bürgerbeteiligung ist geplant
Auch der Wunsch nach Bürgerbeteiligung kam im Ausschuss zur Sprache. Das mache er gerne, sagte Weißmann. Was den Betrieb durch ein Unternehmen angehe, solle das Ergebnis allerdings nicht sein, dass es am Ende viele kleine Gesellschafter gebe. Er wünsche sich eine große Gesellschaft, die auch viel Wissen um die Umsetzung hat. Doch wie der Betrieb wirtschaftlich organisiert wird, werde noch festgelegt.
Teller oder Tank? Diese Frage stelle sich hier nicht
Agri-Fotovoltaik, bei der die Solarmodule oberhalb von einer Agrarkultur liegen, komme für ihn übrigens nicht in Frage, sagte Weißmann auf Anfrage von Dietrich Bubeck (Grüne). Das Getreide, mit dem er arbeite, brauche die volle Sonneneinstrahlung, und die wäre durch Solarmodule nicht mehr gegeben. Unter den Modulen soll daher nun Dauergrünland entstehen, das man zweimal pro Jahr mähen werde – laut Weißmann eine Lösung mit großer Biodiversität.
Und auch wenn das Grundstück derzeit für Ackerbau genutzt wird, ergebe eine Teller-oder-Tank-Diskussion keinen Sinn, sagte der Projektpartner dem Gremium. Denn in den zurückliegenden 20 Jahren habe er dort Saatgut entwickelt, keine Nahrungsmittel. Der Ausschuss hat die Aufstellung des notwendigen Bebauungsplans einstimmig beschlossen.