Das Firmengebäude von Wieländer und Schill im Tuninger Gewerbegebiet „Neue Wiesen“ liegt ideal: über Wiesen geht der Blick auf die Gemeinde Tuningen und auf die nahe gelegene Autobahn 81 von Stuttgart nach Singen. Die Räume sind großzügig dimensioniert, das beginnt beim Empfang mit einem geräumigen Kaffeebereich und setzt sich in den Abteilungen fort, alles wirkt freundlich, freundlich sind auch die Beschäftigten. In einem Großraumbüro arbeiten rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abteilungsübergreifend. Es herrscht eine ruhige Arbeitsatmosphäre, alle sind konzentriert. Hier werden neue Werkzeugprodukte für die Autoindustrie entwickelt und konstruiert, die Beschäftigten im Vertrieb schauen, wie sie die mehr als 110 Partner und Kunden in der ganzen Welt über die Produkte und neuen Entwicklungen informieren und die Produkte vertreiben können.
Das 1974 gegründete Unternehmen stellt Spezialwerkzeuge her, um bei den Fahrzeugen die Karosserie reparieren zu können. Dazu zählen zum Beispiel Fügetechnik (Schweißgeräte, Niettechnik), Trennen (Sägen und Bohrmaschinen). Das Tüfteln und ständige Optimieren liegt den Beschäftigten im Blut. Ihre Produkte sind weltweit gefragt und werden von den Automobilherstellern ausdrücklich empfohlen. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Automobilherstellern, die die Reparaturleitfäden erstellen.
Das Unternehmen Wieländer + Schill ist mit seinen 63 Beschäftigten ein Beispiel, weshalb Baden-Württemberg so auf seinen Mittelstand bauen kann. Es hat fast eine exklusive Stellung, macht Norbert Lay, einer der beiden Geschäftsführer mit Manfred Bäurer, deutlich. In ganz Deutschland gebe es keine Handvoll Betriebe, die Karosseriespezialwerkzeuge indem Umfang herstellten wie sie. Das Wort Stillstand kennt hier niemand, wer hier arbeitet, bringt sich jeden Tag voll ein.
In der Produktion werden Einzelteile, die andere Firmen anfertigen, zu den Karosseriespezialwerkzeugen von Wieländer + Schill zusammen montiert. Unter den Beschäftigten ist seit 1. März auch Buba Jaiteh, ein 21-jähriger Flüchtling aus Gambia. Seine Arbeitsbewilligung erhielt er erst, nachdem das Unternehmen ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag ohne Probezeit ausstellte. Er habe sich schnell eingearbeitet, schildert Geschäftsführer Manfred Bäurer. So ist er zum Beispiel in der Lage, ein Werkzeug mit 200 Einzelteilen weitgehend zusammenzubauen. X-Press ist ein handgeführtes Nietwerkzeug, das mit sechs Bar Eingangsdruck eine Press- oder Stanzkraft von neun Tonnen erzeugen könne.
Für die Beschäftigten ist klar: „Buba gehört zu uns“. Sein Kollege, der gelernte Kfz-Mechatroniker Manuel Martin, der die Produktionsleitung unterstützt, kickt mit Buba auch bei der SG Riedöschingen-Hondingen. Er nenne sie im Fußballverein „seine Familie“, schildert Martin. Dass Buba jetzt wieder zurück nach Italien soll, kann er nicht verstehen. „Dass ein Mensch, der wirklich gute Arbeit leistet, abgeschoben werden soll, finde ich vom deutschen Staat eine Frechheit.“ Denn: „Er kostet den Staat ja nichts mehr.“
Unterdessen nimmt die Unterstützung für Buba in der ganzen Region zu. Mit den Buchstaben „Er gehört zu uns“ bekundeten am Sonntag nach bisherigem Stand allein neun Mannschaften ihre Solidarität mit ihm. Und Thomas Schmidt, Präsident des Südbadischen Fußballverbands, will sich „im Rahmen unserer Möglichkeiten“ für einen Verbleib von Buba Jaiteh einsetzen. Deshalb habe er am Wochenende auch den Integrationsbeauftragten Horst Kienzler als Beobachter zur SG Riedöschingen-Hondingen gesandt.
Manfred Bäurer und Norbert Lay führen das Unternehmen von Wieländer + Schill gemeinsam. Sie haben Verantwortung für 63 Beschäftigte, sie sind beide Familienväter und sie haben Anregungen für die Politik.
Manfred Bäurer
- Im Raum Blumberg ist er bestens bekannt, als Sportler, namentlich lange Jahre aktiver Fußballer des SV Hondingen sowie viele Jahre auch als Vorsitzender des SV Hondingen. Er ist ein Mann, der nach Lösungen sucht, der aus jedem negativen Erlebnis wieder etwas Positives zieht. Und er ist bekannt als Geschäftsführer, der seine Beschäftigten wertschätzt und fördert. So arbeiten auch mehrere Hondinger in dem Unternehmen der Metallbranche.
Kritik
- Die gesellschaftliche und die politische Entwicklung in Deutschland sieht Manfred Bäurer, der sich stets für andere einsetzt, kritisch. Als Arbgeitgeber wie auch lange Verantwortlicher beim SV Hondingen, wo Buba Jaiteh sich im Traineteam der F-Jugend engagiert und bei den Aktiven mitkickt, kennt er ihn als Mensch und sein Potenzial. Der Gambier ist für ihn ein fester Bestandteilt der Belegschaft, und Bäurer kann nicht vestehen, weshalb die Politik ihnen diesen guten und fest integrierten Mitarbeiter wieder wegnehmen will. Zumal die Politik doch sonst immer darauf so bedacht sei, die Wirtschaft zu unterstützen. Manfred Bäurer sieht die Gesellschaftsform in Deutschland in Gefahr. Demokratie bedeute, dass das Volk das Sagen habe: „Wenn wir nicht mehr für etwas kämpfen dürfen und man uns die Hoffnung nimmt, wäre dies das Ende der Demokratie.“ Dann fügt er noch dazu: „Ich habe so unglaublich viel positive Resonanz erfahren, die Leute sagen, das ist toll, wie ihr kämpft.“
Norbert Lay
- Als ihn sein Kollege Manfred Bäurer im Frühjahr fragte, ob sie einen Gambier, den Bäurer schon vom SV Hondingen her kannte, beschäftigen sollten, willigte er gerne ein. Er war sogar bereit, einen unbefristeten Arbeitsvertrag ohne Probezeit zu unterschreiben, was das Landratsamt im Schwarzwald-Baar-Kreis für eine Arbeitsbewilligung gefordert hatte. Und der neue Kollege lernte sich schnell ein, wurde schnell Teil des Mannschaft. Norbert Lay spricht von ihm mit Respekt: „Buba Jaiteh ist eine Persönlichkeit, er engagiert sich und hat noch keinen Tag gefehlt.“ Ein Mitarbeiter, wie er sich ihn nur wünschen könne, macht Lay deutlich.
Sorge vor Überfremdung
- Die Sorgen vieler vor einer Überfremdung kann Norbert Lay gut nachvollziehen und er nimmt sie auch ernst. Er ist überzeugt, „dass wir erst am Anfang einer Völkerwanderung sind“. Er sieht die Gefahr, dass das Auseinanderdriften die Gesellschaft spalten kann und fordert zur Diskussion auf: „Wenn wir nicht in der Lage sind, gesellschaftliche Entwicklungen zu diskutieren, sehe ich unser Gesellschaftssystem in Gefahr.“ Er fügt hinzu: „Jetzt brauchen wir Zeit, wir müssen Demokratie zulassen“, sagt er im persönlichen Gespräch. Letzlich könne das System hier funktionieren, wenn jede seinen Anteil leiste. Buba Jaiteh habe sich angestrengt, für das, was er in Deutschland erhalten habe, etwas zu geben. In so einem Fall sollte man „die menschliche Komponente sehen.“ (blu)