Die Schneemassen der vergangenen Tage waren eine wahre Freude für Kinder und Wintersport-Begeisterte. Aber es war auch Stöhnen und Ächzen zu hören: Schließlich musste der Schnee von den Straßen und von den vielen Einfahrten geräumt werden. Jetzt dürfte er für weiteren Unmut sorgen. Über das Wochenende sind Regenschauer angesagt. In Kombination mit milderen Temperaturen sorgen diese dafür, dass der Schnee schmilzt. Und wenn solche Massen schmelzen, dann gibt es viel Wasser. Sehr viel.
Temperatur-Anstieg und Tauwetter
„Wir rechnen in der Tat in den nächsten Tagen mit Hochwasser“, erklärt Oliver Stenzel. Er ist Bauingenieur beim Landesbetrieb Gewässer und hat das Hochwasserrückhaltebecken in Wolterdingen geplant.
Der Damm am Eingang des Bregtales sei ein wichtiges Element im Hochwasserschutz, erklärt Stenzel. Aber kommt es jetzt durch die Schneeschmelze wieder dazu, dass der große Damm seinen Nutzen unter Beweise stellen muss? „Wir erwarten einen deutlichen Temperatur-Anstieg und Tauwetter. In den Wetterwarnungen vom Deutschen Wetterdienst wird Warnstufe drei ausgegeben.“ Es herrsche also extreme Unwetter-Gefahr.
Auf die Pegel achten
„Von der Hochwasserzentrale in Karlsruhe erhalten wir regelmäßig Lageberichte und Prognosen“, erklärt Stenzel. Darin enthalten sind auch die verschiedenen Pegelstände: „Im aktuellen Lagebericht ist ein Großteil der 110 Pegel enthalten. Er wird alle drei Stunden aktualisiert.“ In der Gegend sind das jene bei Wolterdingen, Hammereisenbach, Allmendshofen, der Birgachpegel und jener am Donau-Zusammenfluss. „Gerechnet wird dabei immer in Jährlichkeiten. Und aktuell gehen wir von zwei- bis zehnjährlichen Ereignissen aus, die bevorstehen.“ Zehnjährig bedeutet etwa, ein Hochwasser von diesem Ausmaß kommt nur einmal in zehn Jahren vor. „Wir planen jedoch immer mit dem Schutz vor einem 100-Jährigen“, erklärt der Ingenieur.

Womit gerechnet wird
Für den Damm bei Wolterdingen wird es über das Wochenende höchstwahrscheinlich einen Vor-Alarm geben: „Wir kratzen gerade so eine Marke, ob wir sie erreichen, ist fraglich. Das hängt auch von der besonderen Situation ab“, sagt Stenzel. Die Prognosen seien zwar sehr genau, wie dann aber der tatsächliche Niederschlag aussieht, und wo genau sich das Regenzentrum dann befinde, sei noch nicht klar: „Es spielt natürlich eine Rolle, ob es sich direkt darüber befindet, oder woanders.“ Bei der Erstellung der Prognosen gehe es sehr detailliert zur Sache und etliche Parameter fließen in das Modell mit hinein: „Berücksichtigt wird etwa die Schnee-Situation, der Niederschlag, aber auch die Bodenfeuchte“, sagt Stenzel.
Das anstehende Hochwasser werde „kein hochgefährliches“, dennoch dürfe man es nicht ignorieren, da es viele Punkte gebe, die es zu beachten gelte. Etwa auch, dass die Technik so funktioniere, wie im Ernstfall geplant.
Wie ist sieht der Ablauf am Damm aus, wenn der Pegel ein bestimmtes Level erreicht?
„Der Steuerpegel zeigt uns an, wie viel Wasser an dieser Stelle abfließt. Ab einem gewissen Pegel bekommen wir eine entsprechende Meldung. Ab dann ist auch unser Personal vor Ort beim Rückhaltebecken.“ Betriebsbeauftragter und Stauwärter seien dann in Schichten rund um die Uhr im Einsatz: „Solange der Einsatz nicht abgeschlossen ist, ist immer jemand draußen.“ Die Pegel werden beobachtet und wenn notwendig, Folgeschritte eingeleitet: „Wenn es notwendig wird, benachrichtigen wir die Kommunen und die Einsatzkräfte, etwa die Feuerwehr“, erklärt Stenzel.
Was, wenn der Damm überzulaufen droht?
Das könne nicht passieren, er sei entsprechend konstruiert. „Einen entsprechenden Alarm bekommen wir schon vom Pegel in Hammereisenbach.“ Der Vor-Alarm komme, wenn der Pegel bei 45 Kubikmeter Wasser pro Sekunde liege. „Wir kontrollieren dann, ob wir uns bereits im Einstaubereich befinden.“ Dann müssen weitere Schritte eingeleitet werden: Die Straße müsse gesperrt werden, weil sie durch die Einstauung geflutet werden können, die Busverbindungen müssen anders organisiert werden, die bereits vorhandenen Warnschilder müssen aufgeklappt werden, es werde kontrolliert, ob sich im Stauraum noch Personen befinden. Werde groß eingestaut, reiche der Bereich für das Wasser bis zum Gasthaus „Schwarzer Bube“.
„Wir wollen vorbereitet sein“
„Es ist eine typische Situation. Die Leute haben eigentlich eher den Schnee präsent, gehen Langlaufen oder spazieren, wir beschäftigen uns mit dem Hochwasser.“ Aber, so sagt Stenzel, „wir wollen auf diese Situation vorbereitet sein und schauen, ob alles so funktioniert, wie wir es geplant haben.“ Das Rückhaltebecken bei Wolterdingen sei eines der modernsten und besten im Land: „Viele sind nicht so durchgeplant. Das ist ein guter Schutz.“