Die Corona-Krise beeinflusst zwangsläufig nicht nur das Freizeitverhalten der Menschen, sie hat auch auf andere Bereiche Auswirkungen, die auf den ersten Blick nicht so ins Auge fallen. So etwa bei der Polizeiarbeit. Nun haben die Beamten derzeit viel mit den Corona-Verordnungen zu tun. Allerdings schlägt sich die Kriminalität in der Region etwas anders nieder, als noch in den Jahren zuvor. Das ist auch der Pandemie geschuldet.
Aber wie sieht das genau aus?
„Die Zahlen sind grundsätzlich rückläufig“, erklärt Thomas Knörr, der Leiter des Donaueschinger Polizeireviers. Mit den Zahlen meint er jene Kennziffern, die erfassen, wie viele Straftaten in der Region begangen werden: „Wo sich keine Massen an Menschen aufhalten, ist es für viele Verbrecher schwierig, etwas zu machen.“ Man denke dabei etwa an Taschendiebe. Damit diese erfolgreich agieren können, ist ein Szenario, wie etwa ein mit Menschen vollgepackter Platz von Vorteil. Derzeit gibt es so etwas jedoch nicht. Das Gebot der Stunde: Abstand halten.
Verlagerung ins Digitale
Wie in vielen Lebensbereichen findet jedoch auch in der Kriminalität eine Verlagerung statt – und zwar in den digitalen Bereich: „Wir stellen fest, dass die Online-Anzeigen sehr zugenommen haben. Wir kommunizieren der Bevölkerung, nur bei zwingenden Anliegen zu uns zu kommen. 2020 wurde daher sehr vieles per E-Mail abgewickelt. Das ging deutlich hoch“, so Knörr. Cyberkriminalität habe zugenommen: „Wenn die Läden zu sind, dann passiert eben mehr bei Ebay oder anderen entsprechenden Seiten. Dort hat es einen deutlichen Zuwachs an Betrug gegeben.“
Genug zu tun
Auch wenn die Zahlen in anderen Bereichen rückläufig seien, „wir können nicht über zu wenig Arbeit klagen“, so der Revierleiter. Die Corona-Verordnungen und deren Einhaltung seien ein Punkt, der inzwischen weitaus mehr Raum eingenommen habe. Und: „Die Akzeptanz der Verordnungen sinkt im Laufe der Zeit“, erklärt Knörr. Und dabei spreche er nicht ausschließlich über extreme Corona-Leugner: „Es sind auch immer mehr ganz normale Bürger, die sagen: ‚Mir reicht es‘ und die den Überblick über die Verordnungen verloren haben.“
Feindbild-Projektion
Das habe natürlich auch Auswirkungen auf die Polizisten, die auf der Baar darauf achten müssen, dass die Verordnungen eingehalten werden: „Es ist nicht beim Großteil so, aber bei entsprechenden Personengruppen wird die Polizei als Feind gesehen, der die Einhaltung der Verordnungen kontrolliert. Da wird dann alles auf uns projiziert.“ Bei Verstößen habe die Polizei einen bestimmten Spielraum, der auch genutzt werde, sagt Knörr: „Wenn mitten in der Stadt vier Leute zusammenstehen, dann gibt es eben den Hinweis, bitte auseinanderzugehen. Meistens reicht das und es ist gut. Inzwischen sind es aber immer mehr, die dann sagen: ‚Ne, erklären sie mir das jetzt!‘“
Kundgebungen vor dem Rathaus
Und wie verhält es sich mit den Querdenker-Veranstaltungen, die vor dem Rathaus oder beim Hengstler-Platz stattgefunden haben? „Die haben uns keine Probleme bereitet“, sagt Knörr. Der Zuspruch habe im Laufe der Zeit abgenommen. „Außerdem hat der Veranstalter die Pflicht, die Auflagen vorher kund zu tun.“ Dennoch sei es auch zu Vorfällen gekommen: „Einzelne Unbelehrbare gibt es natürlich immer. Aber es gibt hier keine gravierenden Missstände.“ Laut Knörr liege bei der Stadt aktuell ein neuer Antrag auf entsprechende Veranstaltungen „mit der gleichen Zielrichtung, aber einem anderen zeitlichen Rahmen.“ Mit Blick nach Villingen-Schwenningen sei die Situation in Donaueschingen verhältnismäßig ruhig: „Wenn man da etwa an die Autokorsos denkt. In dieser Hinsicht hat sich bei uns nichts getan.“
Mehr Unzufriedene
Dennoch steige die Zahl der Unzufriedenen. Das lasse sich nicht unbedingt in Zahlen belegen, sei aber über die Kollegen festzustellen: „Es gibt Kollegen, die ermahnen dann schon zwei bis dreimal, andere eben nicht so oft.“ Die Bereitschaft, dem folge zu leisten, sinke: „Mit den steigenden Temperaturen treibt es die Leute ins Freie und es kommt dann zwangsläufig zu Gruppenbildungen. Wer ohnehin schon extremer unterwegs ist, stellt sich völlig quer.“ Es seien meist auch immer die gleichen, die vor Gericht ziehen: „Da gibt es dann den Fall, dass ein Kollege als Zeuge vor Gericht erscheinen muss. Nach dem Prozess bleibt die Gruppe der Angeklagten lustig und launig vor dem Gericht stehen und unterhält sich. Der Kollege schaut sich das eine Weile an, schreitet dann allerdings ein – besonders wenn es provokativ wird. Und es kam erneut zu einer Anzeige.“ Jedoch sei es immer noch ein Großteil, der sich und andere schütze.
Wärmere Tage
„Wir laufen auf wärmere Zeiten zu, und die Bürger können nur bedingt verreisen. Wo sollen sie denn hin?“ Dass das Verständnis bröckele, habe mit vielen Aspekten zu tun: „Natürlich gibt es jene, die von Anfang an fest hinter den Maßnahmen stehen, und jene, die es absolut nicht tun.“
Neue Vorschriften
Werden neue Corona-Verordnungen erlassen, dann sind es die Polizisten, die sich um die Einhaltung kümmern müssen. Dabei natürlich unerlässlich ist es, diese dann auch zu kennen. Wie sieht das in der täglichen Arbeit aus, wenn sich regelmäßig bei den Vorgaben etwas ändert? „Es ist sehr kompliziert“, erklärt Knörr. „Die Vorschriften sind sehr umfangreich. Und die Kollegen müssen oft auch mal nachlesen, wie genau etwas geregelt wird.“ Dabei handle es sich nicht um die gängigen Regelungen, „es gibt aber vieles, das darüber hinausgeht“. Wenn Bund oder Land etwas beschließen, dann dauere das immer eine Weile, bis es auch rechtssicher sei: „Jedoch gibt es auch Not-Verordnungen, die sehr schnell gelten.“