„Vier Jahre lief ihr kleines Reisebusunternehmen gut, 2020 sollte das bislang erfolgreichste in der Unternehmensgeschichte werden, die Auftragsbücher waren so viel wie noch nie. Dann kam die Coronakrise – und für Sabine Claßen die Insolvenz.

Bild 1: 210.000 Euro Schulden: Busunternehmerin Sabine Claßen aus Triberg muss wegen Corona Privatinsolvenz anmelden
Bild: Claßen

„Wir haben überwiegend Schülerfahrten etwa nach Spanien, Italien oder Frankreich gemacht. An öffentliche Linien waren wir nicht angeschlossen“, erzählt die 46-Jährige im Gespräch mit dem SÜDKURIER. In den vergangenen vier Jahren, 2015 wurde Claßen Tours gegründet, sei der Reiseverkehr im Februar losgegangen.

Ab dann bis etwa Oktober war eine Saisonkraft angestellt, den Winter über habe die Tribergerin immer mehr kämpfen müssen. „In diesem Jahr wäre das aber anders gewesen. Wir hatten so viele Aufträge wie noch nie. Wir wären gut über den Winter gekommen und hätten unsere Saisonkraft auch das ganze Jahr über beschäftigen können“, sagt Claßen. Dann kam alles anders

Die 46-Jährige fährt fort: „Schon im Februar gingen die ersten Fastnachts-Fahrten flöten.“ Anschließend sei es so weitergegangen, Aufträge gab es keine mehr. Bis Mai hätten sie und ihr Mann, der als 450-Euro-Kraft angestellt war, noch durchgehalten, dann mussten sie die Reißleine ziehen. Zwar habe Claßen 9000 Euro Soforthilfe beantragt und bekommen. Die laufenden Kosten beliefen sich im Monat aber auf 6500 Euro. Die 9000 Euro habe die Tribergerin genutzt, um Nachzahlungen – damals war sie bereits mit 10.000 Euro in den Schulden – vorzunehmen. „Wir haben uns dazu entschlossen, lieber mit einem ganz dicken blauen Auge davon zu kommen, als am Ende gar nichts mehr zu haben“, sagt Claßen.

Der Schuldenstand momentan liege bei 35.000 Euro, so die 46-Jährige: „Die Betriebskosten die Raten, die Versicherungen, all das läuft aber weiter.“ Hinzu kämen noch die Kosten für den Bus. Claßen: „Der hat noch einen Wert von 110.000 Euro – plus die Restkilometer. Alles in allem sind wir derzeit mit 210.000 Euro in den Miesen.“

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Ihre Hoffnung ist daher, dass die Bank den geleasten Bus im Dezember zurücknimmt. Die Leasing-Laufzeit betrage eigentlich noch eineinhalb Jahre. Seit April habe Claßen keine Rate mehr für den Bus zahlen können. Zum Glück, sagt sie, habe sie im September 2019 den zweiten Bus abgestoßen. Eigentlich sollte 2020 ein neuer her. „Erst, wenn wir wissen, ob die Bank den Bus vorzeitig zurücknimmt, können wir auch wissen, mit wie viel Geld wir in die Privatinsolvenz gehen“, sagt die 46-Jährige. Die muss sie beantragen, weil sie ein Einzelunternehmen besitzt. „Es ist ein wirklich doofes Gefühl, nicht mehr solvent zu sein und keine Kredite mehr zu erhalten“, fährt sie fort, „ich habe Existenzangst. Und mir ist das auch ein bisschen peinlich.“

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Hilfe bei der Abwicklung des Unternehmens und der Vorbereitung der Privatinsolvenz hat Claßen von ihrem Steuerberater: „Auch den kann ich eigentlich nicht zahlen. Er berät mich aber dennoch weiter.“ Von Landratsamt, das sie Anfang April nach eigener Aussage kontaktiert hatte, bekamt sie nur zu hören, dass „Großen gerade wichtiger sind, als die Kleinen“. Das habe sie geschockt – und ernüchtert zugleich.

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Derzeit ist Claßen bei der Deutschen Bahn in Pforzheim angestellt, wo sie sich eine kleine Wohnung mieten musste. Ihren Mann, der bei einer Reisefirma in Bad Dürrheim angestellt ist, sieht sie nur am Wochenende. Sie sagt: „Uns bleiben im Monat weniger als 300 Euro für Essen, Mobilfunk und andere notwendige Dinge übrig.“ Wie es langfristig weitergeht, weiß sie nicht: „Ich bin nach der Arbeit und am Wochenende erst einmal mit der Abwicklung von Claßen Tours beschäftigt.“