Kurz nach 12 Uhr ist es amtlich: Die großzügige Villa in einer Schwarzwaldgemeinde, wie eine Festung mit einem hohen Zaun aus Metallplatten umsäumt, hat einen neuen Eigentümer. 540 000 Euro lautet das höchste Gebot, das bei der Zwangsversteigerung an diesem Vormittag den Zuschlag erhält. Mit dem Erlös sollen – bestenfalls – die Forderungen beglichen werden, die zahlreiche Eigentümergemeinschaften, Banken und Behörden geltend gemacht haben.

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Was hier versteigert wird, war bislang der Wohnsitz eines Finanzbeamten des Finanzamts Villingen, der nebenberuflich als Hausverwalter rund 1000 Wohnungen in der Region verwaltet hat. Die Immobilien befinden sich unter anderem in Villingen-Schwenningen, Triberg und Furtwangen.

Büroräume versteigert

Eine halbe Stunde später haben auch seine ehemaligen Büroräume am Villinger Riettor den Eigentümer gewechselt: Sie werden – Tiefgaragenstellplatz inklusive – für 192 000 Euro zwangsversteigert.

Gefängnisstrafe droht

Dem Hausverwalter droht indes eine Gefängnisstrafe. Jahrelang, so der Vorwurf der Konstanzer Staatsanwaltschaft, soll er sich an Konten von Wohneigentümergemeinschaften (WEG) bedient haben. Der Schaden liege bei mindestens 600 000 Euro.

Ab Mai vor Gericht

Im Mai muss sich der Mann vor dem Villinger Schöffengericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gewerbsmäßige Untreue in 94 Fällen, falsche Versicherung an Eides Statt und Subventionsbetrug vor.

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Als der Rechtspfleger im Bekanntmachungsteil der Versteigerung die Grundbucheinträge verliest, wird deutlich, dass dem Verwalter seine Verpflichtungen offenbar längst über den Kopf gewachsen waren: Da ist von Säumnisgebühren wegen nicht bezahlter Grundsteuer die Rede, von nicht ans Landratsamt bezahlte Abfallgebühren in Höhe von 250 Euro, Gewerbesteuerschulden bei der Stadt Triberg in Höhe von rund 27 000 Euro, bei der Sparkasse Schwarzwald-Baar sind es 76 000 Euro.

Viele Forderungen offen

Hinzu kommen die Forderungen, die von den Eigentümergemeinschaften vor der Zwangsversteigerung angemeldet wurden: 25 000 Euro hier, 33 000 Euro da, 22 000 Euro dort. Harriet Stefani vertritt mehrere Eigentümergemeinschaften vom Villinger Warenberg. Sie schätzt, dass der Schaden alleine in diesen Häusern 140 000 Euro beträgt.

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Ob überhaupt und wenn ja, wie viel die betroffenen Eigentümer von ihrem Geld wiedersehen, könne man derzeit nicht abschätzen, sagt Harriet Stefani. „Das ist mit dem Risiko der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens behaftet“, sagt die Juristin.

Insolvenzverfahren angestrebt

Denn: Nach Informationen des SÜDKURIER hat das für ihn zuständige Finanzamt Rottweil ein Insolvenzverfahren gegen den Verwalter beantragt, da offenbar Steuerschulden aus seiner Nebentätigkeit aufgelaufen waren. Sollte ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, könnten mögliche, bis dahin an die Eigentümergemeinschaften vorgenommenen Zahlungen in die Insolvenzmasse fließen.

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Der Hausverwalter hatte sich in zahlreichen von ihm betreuten Eigentümergemeinschaften unbeliebt gemacht: Teils hatte er schon vor Jahren den Verdacht erweckt, es könne etwas im Argen liegen. Nachweisen ließ sich zunächst in vielen Fällen nichts. Ins Rollen kam der Fall, nachdem mehrere Häuser am Villinger Warenberg sich von ihm trennten und die neue Verwaltung akribisch die Unterlagen aufarbeitete.

Unbequeme Fragen

Kritische Nachfragen waren offenbar nicht erwünscht. „Mich hat er gehasst wie die Pest“, berichtet eine ehemalige Verwaltungsbeirätin einer Eigentümergemeinschaft aus einer Kreisgemeinde im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Einmal, erinnert sie sich, sei sie mit ihren Beiratskollegen zur Abrechnung in sein Haus geladen worden. Weil sie offenbar unbequeme Fragen stellte, habe er sie hinauswerfen wollen. Das wiederum hätten die anderen Beiräte verhindert.

Auch habe er immer wieder gedroht, die Eigentümergemeinschaft zu verklagen, sollte diese den Verwaltervertrag vorzeitig kündigen. Die Zusammenarbeit endete schließlich mit dem Auslaufen des Vertrages vor einigen Jahren. „Wir waren so froh, ihn endlich los zu sein“, sagt die Beirätin.