Schwerer Schlag für die ehemaligen Vorstände der Villinger Hess AG, Christoph Hess und Peter Ziegler. Sie wurden jetzt von der 2. Zivilkammer des Landgericht Konstanz verurteilt, zwei Millionen Euro Schadenersatz zuzüglich fünf Prozent Zinsen an den holländischen Finanzinvestor HPE (Holland Private Equity) zu leisten. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der damalige Vorstandsvorsitzende Christoph Hess und sein Finanzvorstand Peter Ziegler die Bilanz 2011 in betrügerischer Weise zum Schaden des holländischen Investors manipuliert hatten.

Bei diesem Prozess handelt es sich nicht um einen Strafprozess, sondern um ein Zivilprozess. Der holländische Finanzinvestor, der in den Jahren 2011 und 2012 in drei Tranchen Hess-Anteile im Wert von 17,7 Millionen Euro erworben hatte, forderte vor dem Landgericht Konstanz drei Millionen Euro Schadenersatz von den damals verantwortlichen Geschäftsführern. Das Unternehmen machte geltend, dass es durch die Finanzmanipulationen der Vorstände über die wahre wirtschaftliche Lage des Unternehmens getäuscht worden sei und daduch schwere wirtschaftliche Verluste erlitten habe. Im Zuge der Turbulenzen und der Insolvenz der Hess AG im Jahr 2013 als Folge der Vorwürfe der Bilanzmanipulation hatte HPE seine gesamte Investition von 17,7 Millionen Euro verloren.

In seiner Klage am Landgericht Konstanz forderte HPE für jeden der drei Aktionerwerbe eine Million Euro Schadenersatz. Am 3. November 2011 hatten die Holländer Hess-Anteile im Volumen von 12,5 Millionen Euro erworben, am 15. Februar 2012 Anteile für rund 1,5 Millionen und am 26. Oktober und 6. November 2012 weitere Aktien im Volumen von knapp 3,7 Millionen Euro.

Das Landgericht Konstanz prüfte die fraglichen Zeiträume und kam zum Ergebnis, dass die Vorwürfe einer betrügerischen Manipulation für die erste Tranche vom November 2011 nicht nachgewiesen seien. Zwar gab es auch zwischen 2007 bis 2010 einige Ungereimtheiten in den Bilanzen des Unternehmens. Das Gericht zeigte sich in seinem Urteil, das dem SÜDKURIER vorliegt, nicht überzeugt, dass HPE aufgrund einer vorsätzlichen Täuschung der Firmen-Vostände bei Hess mit 12,5 Millionen Euro eingestiegen sei. Deshalb wurde der Schadenersatz von drei auf zwei Millionen gekürzt.

Ganz anders stellte sich die Sachlage für die 2. Zivilkammer unter Vorsitz von Richter Hans Sterzbach für die beiden weiteren Aktienkäufe der HPE im Jahr 2012 dar. Hier sahen es die Richter als erwiesen an, dass die Beklagten Hess und Ziegler einen Betrug zum Nachteil der HPE begingen, weil sie den Jahresabschluss der Hess AG zum 31.12. 2011 manipuliert hätten. Dieser Betrug sei ursächlich für die Entscheidung des holländischen Investors gewesen, mit weiteren Aktienkäufen bei Hess einzusteigen.

Detailliert werden im Urteil 15 Rechnungen aufgelistet, die von Finanzvorstand Ziegler in Auftrag gegeben wurden. Nach Auffassung des Gerichts handelte es sich hier allesamt um Scheinrechnungen an wirtschaftlich von Hess abhängige Unternehmen. Mit diesen Scheinrechnungen seien die Umsätze der Hess AG um 4,76 Millionen Euro nach oben manipuliert worden, mit dem Ziel, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens positiver darzustellen.

Die Behauptung der Beklagten, bei diesen Rechnungen seien Entwicklungskosten des Unternehmens aktiviert wurde, schenkte das Gericht keinen Glauben. Gelenkt und gesteuert wurde dieser Betrug nach Überzeugung des Gerichts von Peter Ziegler, der Vorsandsvorsitzende Christoph Hess sei aber informiert gewesen. Abgewickelt wurden die Rechnungen nach Feststellung des Gerichts über die Firma Evros, die nach außen hin als eigenständige Entwicklungsfirma deklariert wurde.

Nach Feststellung des Gerichts war sie aber zum Zeitpunkt der Rechnungsstellungen eine reine Abrechnungsfirma, die dazu gedient habe, Scheinumsätze der Hess AG zu erzeugen. Das Gericht äußerte sich überzeugt, dass die Beklagten vorsätzlich handelten, um das Vermögen der Hess AG durch den Einstieg von HPE zu vermehren. Christoph Hess habe als Mitgesellschafter der Hess Verwaltungs GmbH und C. KG auch direkt profitiert.

Beobachter gehen davon aus, dass die Beklagten in Berufung gehen. Für diesen Fall dürften bis zu einem Urteil weitere zwei Jahre ins Land gehen.

Weitere Verfahren

Auch der Insolvenzverwalter der Hess AG, Volker Grub, klagt vor dem Zivilgericht gegen Hess und Ziegler und fordert von ihnen Schadenersatz über zwei Millionen Euro. Nach dem Urteil des Landgerichts Konstanz im Falle der HPE sind Klagen weiterer Aktionäre nicht auszuschließen, zumal das Gericht feststellte, dass der manipulierte Jahresabschluss 2011 maßgebliches Kriterium für die Aktienkäufe war. Der Strafprozess vor dem Landgericht Mannheim lässt weiter auf sich warten, weil die zuständige Wirtschaftsstrafkammer stark überlastet ist. (est)