Christoph Hess, der ehemalige Geschäftsführer der Hess AG, soll sich im Januar auf der Anklagebank des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen verantworten. Während das Hauptverfahren im Wirtschaftskrimi um den Börsengang der ehemaligen Hess AG vor dem Landgericht Mannheim weiter auf sich warten lässt, wurde vom Amtsgericht VS jetzt ein Prozess wegen des Vorwurfs der Untreue auf 12. Januar terminiert. Entsprechende Informationen des SÜDKURIER wurden jetzt vom Amtsgericht bestätigt.

  • Die Vorwürfe: Nähere Informationen zum Tatvorwurf waren gestern vom Gericht nicht zu erfahren. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft Mannheim den Vorwurf der Untreue bereits 2014 im Fall Hess formuliert. Dabei geht es um einen "Randkomplex" des eigentlichen Strafverfahrens. Dem ehemaligen Geschäftsführer Hess wird vorgeworfen, er soll private Ausgaben widerrechtlich über die Firma abgerechnet haben. Die Staatsanwaltschaft hatte damals 16 Fälle aufgelistet, in der sich der Geschäftsführer der "Untreue" gegenüber dem Unternehmen schuldig gemacht haben soll: Es geht um Umbaumaßnahmen an seinem Privathaus, um private Flüge und Reinigungskosten. Der angebliche Schaden für das Unternehmen wurde damals von der Staatsanwaltschaft auf 85 000 Euro beziffert.
  • Strafbefehl abgelehnt: Ob das Gericht alle aufgelisteten 16 Fälle für den Prozess anerkennt, ist derzeit nicht bekannt. Bekannt ist allerdings, dass bereits mehrere örtliche Handwerker verurteilt worden sind.
    Sie bekamen einen Strafbefehl wegen "Beihilfe zur Untreue", weil sie sich ihre Handwerker-Rechnungen wider besseres Wissen von der Firma Hess hatten erstatten lassen. Christoph Hess hatte von der Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der Untreue 2014 ebenfalls einen Strafbefehl über eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung, bekommen. Hätte er diesen akzeptiert, wäre er rechtskräftig verurteilt gewesen. Hess hatte aber seinerzeit Widerspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, sich damit aber einen öffentlichen Strafprozess eingehandelt, der nun am 12. Januar stattfinden soll.
  • "Verhandlungsfähig": Dass der Prozessbeginn so lange auf sich warten ließ, hängt offenbar auch damit zusammen, dass die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten geklärt werden musste. Wie 2015 berichtet, steht der ehemalige Geschäftsführer seit geraumer Zeit wegen psychischer Erkrankung unter Betreuung, mehrfach legte er schon ärztliche Atteste vor, die ihm Vernehmungs- und Verhandlungsunfähigkeit bescheinigten. Dazu sagte der Pressesprecher des Amtsgerichts, Richter David Böhm, kurz und knapp: "Nach derzeitigem Stand ist der Angeklagte verhandlungsfähig. Diese Frage wurde durch Gutachten geklärt."
  • Hauptverfahren stockt: Man darf nun also gespannt sein, ob der "Randkomplex" Untreue im Januar mit einem Richterspruch zum Abschluss kommen wird. Ganz anders sieht es dagegen im Hauptverfahren aus. Über ein Jahr nach Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft ist mit einem Prozessbeginn in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.
    Das verdeutlichte der Sprecher der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Manheim, Richter Joachim Bock. Demnach erscheint es auch unwahrscheinlich, dass ein Strafverfahren im Jahr 2017 in die Gänge kommt.
  • Gericht überlastet: Ursache ist die Überlastung des zuständigen Gerichts. Richter Bock wies darauf hin, dass die Wirtschaftsstrafkammer des Mannheimer Landgerichts im Moment mit zwei "großen Haftsachen", also Wirtschaftsprozessen, bei denen Angeklagte in Untersuchungshaft sitzen, stark belastet sei. Diese werden noch längere Zeit verhandelt werden, ein Ende sei nicht absehbar. Außerdem wurde der Kammer bereits in Aussicht gestellt, berichtet Bock, dass 2017 noch weitere Verfahren zu bearbeiten sind, die Vorrang vor dem Fall Hess haben. "Und dann müssen wir damit rechnen, dass im nächsten Jahr noch weitere Haftsachen auf uns zukommen." Das hätte zur Folge, dass der Fall Hess erneut hinten angestellt wird. Das heißt: Nach wie vor, seit Oktober 2015, befindet sich der Fall Hess juristisch im "Zwischenverfahren" und ist noch keinen Schritt vorangekommen. Die Staatsanwaltschaft hat zwar Anklage erhoben, aber das Gericht muss noch prüfen, ob tatsächlich ein "hinreichender Tatverdacht" vorliegt.
  • Die Hauptvorwürfe: Im Oktober 2015 hatte die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die ehemalige Führungsriege der Hess AG erhoben. Im Fokus stehen die ehemaligen Vorstände des Leuchtenherstellers, Christoph Hess und Peter Ziegler, denen schwere Wirtschaftsstraftaten vorgeworfen werden. Sie haben die Vorwürfe bisher immer bestritten. Ihnen wird im Kern vorgeworfen, die Bilanzen frisiert zu haben, um über einen Börsengang 2013 frisches Geld für die Firma beschaffen zu können. Weiterhin angeklagt wurden Seniorchef Jürgen Hess sowie vier weitere Personen. Als die Vorwürfe gegen die Vorstände 2013 publik wurden und die Gläubiger ihr Geld zurückforderten, ging das Unternehmen in Insolvenz. Die Forderungen der Gläubiger stapeln sich auf 100 Millionen Euro.