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Villingen-Schwenningen (est) Gegen ihre Verurteilung durch das Landgerichts Konstanz wollen die ehemaligen Unternehmensvorstände der Hess AG, Christoph Hess und Peter Ziegler, beim Oberlandesgericht Karlsruhe in Berufung gehen. Das erklärte in einer Stellungnahme ihr Steuerberater Lutz Büttner aus Bad Aleksandersbad.

Wie berichtet, hatte die 2. Zivilkammer des Landgerichts die ehemaligen Vorstände der Villinger Hess AG zur Zahlung von zwei Millionen Euro Schadenersatz an den holländischen Finanazinvestor HPE verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass HPE zwei seiner drei Aktienkäufe von Hess-Anteilen nur deshalb getätigt habe, weil die beiden Beklagten die Bilanz der Hess AG von 2011 betrügerisch manipuliert hätten.

Nach Aussage von Steuerberater Lutz Büttner werden die Beklagten gegen dieses Urteil "natürlich in Berufung gehen, da die zugrunde gelegten Interpretationen unzutreffend sind und wesentliche Dokumente und Ergebnisse der Zeugenbefragung überhaupt nicht berücksichtigt wurden." Zwischenzeitlich liege sogar ein Wirtschaftsprüfergutachten zur Richtigkeit der umstrittenen Bilanzierungsmaßnahmen vor. Dieses Gutachten sei vom Gericht nicht bewertet worden, da es erst nach der Verhandlung vorgelegt wurde. Diese Dokumente könnten aber in der Berufungsverhandlung eingebracht werden.

Nach Feststellung von Büttner decke sich das Urteil nicht mit den Aussagen der einwöchigen Zeugenbefragung in Konstanz, die allesamt die Beklagten "massiv entlastet hätten". Die Kritik zielt vor allem auf die beiden Untersuchungsberichte der Kanzlei Ebner & Stolz, welche nach Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe im Jahr 2013 die Tatbestände untersuchte. Ein von den Beklagten vorgelegtes Gutachten eines Wirtschaftsprüfers, das zu dem Schluss kommt, dass die Vorwürfe aus den "Untersuchungsberichten" unzutreffend seien, sei unberücksichtigt geblieben, weil es nach Ansicht des Gerichts zu spät vorgelegt wurde, so Büttner.

Kritisiert wird ferner, dass die Ergebnisse beider Berichte von Ebner Stolz auf ungültigen Prüfungsstandards fußten und damit zu falschen Ergebnissen geführt hätten. Zurückgewiesen wird auch der Vorwurf, dass die in Rechnung gestellten Entwicklungsleistungen der Hess AG über rund 4,7 Millionen Euro manipuliert worden seien. Auch hier gehen die Beklagten von falschen Tests der Sonderprüfer aus. Daher sei bis heute kein Nachweis vorhanden, "dass bei der Hess AG überhöhte Werte in den Bilanzen ausgewiesen waren", schreibt Büttner. Außerdem stellt er fest: Dies sei das erste Urteil, das sich gegen die Beklagten Hess und Ziegler richte und stehe auch im Widerspruch zu den vorherigen Urteilen in Prozessen, die der Insolvenzverwalter der Hess AG, Volker Grub, geführt und verloren habe.

Erfreut über das Urteil äußerte sich indes der Insolvenzverwalter der Hess AG, Volker Grub. Die Aussage des Gerichts, dass der Börsengang im Oktober 2012 mit betrügerischer Absicht erfolgt ist, sei eine wichtige Aussage. Denn wann ein Strafgericht über diese Vorgänge entscheiden wird, stehe noch in den Sternen. Er fürchte, dies werde ein langwieriger Fall. Deshalb sei es erfreulich, dass endlich eine eindeutige Aussage des Zivilgerichts vorliege.