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Kurz vor Jahresende gibt es doch noch eine Nachricht im Wirtschaftskrimi um die ehemalige Hess AG in Villingen. Die beiden ehemaligen Unternehmensvorstände Christoph Hess (Vorstandsvorsitzender) und Peter Ziegler (Finanzvorstand), die im Zuge des Börsenskandals von 2013 gefeuert wurden, sind Ende November vor einer Zivilkammer des Landgerichts Konstanz wegen eines dubiosen Grundstücksgeschäfts zu einer gemeinschaftlichen Schadenersatzzahlung von 500 000 Euro verurteilt worden.

"Die Mühlen der Justiz mahlen langsam aber stetig", berichtete Martin Mucha, einer der Insolvenzverwalter der Hess AG, vom Anwaltsbüro Brugger und Grub in Stuttgart. In diesem Falle war es die 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Konstanz unter dem Vorsitz von Richter am Landgericht Dr. Brinkmann, der urteilte, dass die beiden Vorstände der Hess AG, Christoph Hess und Peter Ziegler, die zugleich auch Geschäftsführer der Hess Lichttechnik GmbH in Löbau waren, zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von 500 000 Euro wegen eines pflichtwidrigen Immobiliengeschäftes verpflichtet sind. Das Urteil liegt dem SÜDKURIER vor (Aktenzeichen: 9 0 67/13 KfH). Die beiden Verurteilten können noch innerhalb eines Monates in Berufung gegen das Urteil gehen. Die Frist läuft Ende Dezember ab.

Es ist bereits die zweite Schadenersatzklage, den die ehemaligen Vorstände in den vergangenen Monaten gegen die Insolvenzverwalter der Hess AG verloren haben. Muchas Kollege Volker Grub hatte bereits am 29. Juni bei der 2. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz ein Urteil erwirkt, mit dem Christoph Hess und Peter Ziegler zur Zahlung einer Schadenersatzsumme von zwei Millionen Euro wegen des Kaufes von Geschäftsanteilen der Tochtergesellschaft Emdeoled GmbH zu völlig überhöhten Kaufpreisen verurteilt wurden. Hier sind die beiden Beschuldigten beim Oberlandesgericht Karlsruhe in Berufung gegangen. Bis es zu einem Urteil in dieser Berufungssache kommt, kann es allerdings noch Jahre dauern. Auch dieses Gericht klagt über eine vollständige Überlastung.

Im anderen, jetzt aktuell entschiedenen Fall, hatte Anwalt Martin Mucha, der verantwortliche Insolvenzverwalter der Tochtergesellschaft Hess Lichttechnik GmbH in Löbau, beim Landgericht Konstanz am 7. Juni 2013 eine Schadensersatzklage über 500 000 gegen Christoph Hess, Peter Ziegler und eine nicht zum Hess-Konzern gehörende Gesellschaft, die K&K Objekt GmbH mit damaligen Sitz in Essen eingereicht.

Um was ging es dabei? Vor Gericht wurde folgender Sachverhalt festgestellt: Der Firmenvorstand Peter Ziegler hat im Jahre 2011 Verhandlungen mit einem Eigentümer eines Nachbargrundstückes geführt, mit dem das Betriebsanwesen der Hess Lichttechnik GmbH in Löbau arrondiert werden sollte. Ziegler konnte sich mit den Grundstückseigentümern aus Essen auf einen Kaufpreis von 580 000 Euro einigen. Der Kaufvertrag wurde dann jedoch nicht mit der Hess Lichttechnik GmbH abgeschlossen, sondern der Vorstand der Hess AG veranlasste, dass zu diesem Zweck extra eine neue Gesellschaft gegründet wird. Hiermit beauftragte er eine Beraterin, die Geschäftsfrau Kirsten Bohr, aus der Schweiz, die die K&K Objekt GmbH mit Sitz in Essen gründete und auch die Geschäftsführung dieser Gesellschaft übernahm. Die K&K Objekt GmbH, die 2015 Insolvenz anmeldete, gehörte nicht zum Hess-Konzern, sondern stand ausschließlich unter dem wirtschaftlichen Einfluss der beiden Vorstände Hess und Ziegler. Nach dem Abschluss des Kaufvertrages durch die K&K Objekt GmbH zu einem Kaufpreis von 580 000 verkaufte diese Gesellschaft nach wenigen Tagen das Grundstück an die Hess Lichttechnik GmbH zu einem Kaufpreis von 1 080 000 Euro weiter, so dass diese Gesellschaft auf die Möglichkeit verzichtete, das Grundstück direkt von den ehemaligen Grundstückseigentümern zum Preis von 580 000 Euro zu erwerben.

Das Landgericht Konstanz urteilte jetzt, dass die Geschäftsführer Christoph Hess und Peter Ziegler pflichtwidrig gehandelt hätten, als sie auf die Möglichkeit verzichteten, das Grundstück zu einem um 500 000 Euro niedrigeren Kaufpreis direkt zu erwerben.

Nichts Neues gibt es auch beim seit 2013 anhängigen Strafverfahren gegen Hess und Ziegler. Hier ist von der großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mannheim noch nicht einmal über die Zulassung der Anklage entschieden worden, weil die Kammer nach eigenem Bekunden ebenfalls völlig überlastet ist. "Das sind unerträgliche Zustände", kritisierte Rechtsanwalt Martin Mucha. Die Kanzlei habe sich bereits beim Justizminister des Landes, Guido Wolf beschwert. "Im nächsten Jahr muss im Strafverfahren gegen Hess und Ziegler etwas passieren", fordert Mucha mit Blick auf die fünfjährige Verjährungsfrist. "Sonst kann es geschehen, dass die ersten Tatbestände zu verjähren drohen."

Die Vorwürfe

Im Falle des Börsengang Hess AG im Jahr 2012 und der Insolvenz 2013 wirft die Staatsanwaltschaft den damaligen Geschäftsführerin Hess und Ziegler Untreue im besonders schweren Fall, Verdacht der unrichtigen Darstellung nach dem Handelsgesetzbuch und Aktiengesetz, Verletzung der Buchführungspflicht, Kapitalanlagebetrug mit vorsätzlicher Marktmanipulation und Kreditbetrug vor. Außerdem werden fünf weitere Beteiligte beschuldigt, darunter auch Seniorchef Jürgen G. Hess. Das zuständige Gericht hat noch nicht über die Zulassung der Anklage entschieden. Die Gläubiger-Forderungen liegen bei über 100 Millionen Euro.