Über 102 Millionen Euro an anerkannten Forderungen häuften sich beim Insolvenzverwalter der Hess-AG, Volker Grub, an. Nun konnte er die ersten Abschlagszahlungen in Höhe von rund sieben Millionen Euro überweisen. Das Geld ging beispielsweise an Kleinanleger, Lieferanten oder Banken, zählte Grub auf.
Die Summen wurden angenommen, so Grub, ein großes Echo darauf gab es nicht. Was vielleicht auch daran liegt, dass die rund 700 Gläubiger auf dem Großteil ihrer Forderungen sitzen bleiben, selbst wenn Grub sein Ziel einer Ausschüttungsquote von 15 Prozent (also weiteren acht Millionen) erreicht.
Der Wirtschaftskrimi um die Villinger Hess-AG zog weit über die Region hinaus Kreise. Die Hess-AG entließ im Januar 2013 die beiden Vorstände Christoph Hess und Peter Ziegler wegen mutmaßlicher Bilanzmanipulationen und Pflichtverletzungen beim Börsengang, so ein weiterer Vorwurf.
Höchste Forderung lag bei zehn Millionen Euro
Im Februar wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, im Oktober übernahm der Leuchtenhersteller Nordeon das operative Geschäft des Villinger Leuchtenunternehmens. Mit den Altlasten der insolventen AG befasst sich Grub seit nun bald fünf Jahren.
Die Gläubiger meldeten eine Vielzahl von Forderungen an, nicht alle erkannte Grub an: Die höchste beträgt laut Insolvenzverwalter zehn Millionen Euro. Dass Grub nun überhaupt Geld ausschütten konnte, lag vor allem am Verkauf des Villinger Maschinenparks an Nordeon oder auch daran, dass er berechtigte Forderungen der Hess-AG, zum Beispiel an Lieferanten eintrieb. Das Firmenareal in Villingen konnte er nicht veräußern – das gehörte einer Leasinggesellschaft, worauf Grub keinen Zugriff hatte.
Dem Ende des Insolvenzverfahrens stünden aktuell die laufenden Rechtsstreitigkeiten gegen die früheren Vorstände Christoph Hess und Peter Ziegler sowie dem früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Jürgen Hess entgegen, schreibt Grub außerdem den Gläubigern.
Prozesse kommen nur schleppend voran
Doch die Prozesse kämen nur sehr schleppend voran. Nach vierjähriger Prozessdauer habe das Landgericht Konstanz die zwei Ex-Vorstände zu Schadensersatz von zwei Millionen Euro plus Zinsen verurteilt. Doch sie hätten bereits Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingelegt. Doch auch dort werde mit einer Prozessdauer von mehreren Jahren gerechnet, monierte Grub, nachdem das Gericht bereits Überlastung beklagte.
Dass sich gerade Wirtschaftsstrafverfahren so lange hinziehen, stört das Gerechtigkeitsempfinden von Grub erheblich. Ob der Insolvenzverwalter, der Mitte September 80 Jahre alt geworden ist, daher das Insolvenzverfahren bis zum Ende begleitet, sei offen: "Ich mache es, solange ich es kann."
Mannheimer Verfahren
Die Staatsanwaltschaft Mannheim habe bereits im September 2015 gegen die früheren Vorstände Hess und Ziegler, den früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Jürgen Hess sowie weitere vier Angeklagte wegen Kapitalanlagebetrug, Marktmanipulation sowie Kreditbetrug zum Nachteil der Banken Anklage erhoben, erklärt Grub. Bis heute wurde das Verfahren nicht eröffnet. Wann es dazu kommt, sei offen, erklärt der Pressesprecher des Landgerichts, Joachim Bock. Haftsachen hätten Vorrang, begründete er die Verzögerung. Außerdem beklagte die Wirtschaftsstrafkammer ebenfalls die Belastung.