Am 19. August war es dann endgültig besiegelt: Das wirtschaftliche Schicksal von Zeynal Agir und seinem kleinen Kiosk an der Brigach, in der Nähe des Villinger Bahnhofes. Das Gebäude muss abgerissen werden. Auf Kosten von Zeynal Agir. Für den Kleinunternehmer endet damit auch der mehrere Jahre andauernde Kampf, den Imbiss zu retten, in den er im Lauf der Zeit sein ganzes Geld gesteckt hatte.

In einem mündlichen Verhandlungstermin beim Oberlandesgericht Karlsruhe hat Agir die Berufung zurückgenommen, die er gegen das Urteil des Landgerichtes Konstanz vom 19. Januar eingereicht hatte. Das bestätigt David Stuhlmann, Richter am Oberlandesgericht und Pressesprecher für die Außensenate Freiburg auf Nachfrage des SÜDKURIER. „Das Urteil des Landgerichts vom 19. Januar 2021 ist damit rechtskräftig und das Berufungsverfahren beendet“, so Stuhlmann.

Am 19. Januar dieses Jahres hatte das Landgericht Konstanz in einem Zivilverfahren zwischen der Stadt Villingen-Schwenningen und Zeynal Agir folgendes Urteil gefällt: Zeynal Agir muss das von der Stadt gepachtete Grundstück räumen, herausgeben und das darauf errichtete Gebäude samt Keller beseitigen. Außerdem sei die nach Beseitigung entstandene Baugrube wieder zu verfüllen.

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„Das Gericht begründete diesen Anspruch damit, dass der Pachtvertrag ausgelaufen und nicht mehr verlängert worden sei“, so erklärt es Christoph Reichert, Präsident des Landgerichts, als Pressesprecher auf Nachfrage des SÜDKURIER. „Der Pächter habe auch keinen Anspruch auf eine Verlängerung oder den Abschluss eines neuen Pachtvertrages. Die Pflicht zur Rückgabe der Pachtsache in ihrem früheren, unbebauten Zustand führe auch zur Verpflichtung, das Gebäude zu beseitigen.“

So geht es jetzt weiter

An der Stelle kommt die Stadt ins Spiel. Was nun passiert, sei ein „normales rechtliches Vorgehen“, sagt Oxana Brunner, Pressesprecherin der Stadt auf Nachfrage. Zusammenfassen ließe sich das vereinfacht mit „räumen und abbrechen.“ Konkret sieht das wie folgt aus:

„Was in Zukunft mit dem Gelände passiert, da gibt es von Seiten der Stadt noch keinen Plan.“
Oxana Brunner, Pressesprecherin der Stadt VS

In einem ersten Schritt wird über den Anwalt der Stadt das Gebäude geräumt werden. „Der Besitzer muss den Schlüssel abgeben und der Anwalt wird die Räumung beauftragen“, sagt Brunner. Anschließend versuche man, den Abbruch zu organisieren.

Für die Stadt die erste Option wäre, dass sich Zeynal Agir selbst darum kümmert. Wenn das nicht klappt, so Brunner, hole sich der Anwalt einen Titel, also die Voraussetzung für eine Zwangsvollstreckung. Die Stadt müsste dann mit den Kosten in Vorleistung gehen, hätte aber 30 Jahre Zeit, diese wieder einzufordern von Zeynal Agir. „Es läuft nicht zwangsläufig auf die Kosten der Stadt. 30 Jahre sind eine lange Zeit“, sagt Brunner. Agir hatte bereits in einzelnen Gesprächen, auch gegenüber dem SÜDKURIER, immer wieder deutlich gemacht, dass er nicht über ausreichend Mittel verfüge.

Wie hoch die Kosten am Ende sein werden, ist noch unklar. In der Verhandlung am Landgericht war von über 40 000 Euro die Rede, um das Gebäude abbrechen zu lassen. Am Ende könnten die Kosten wohl noch ein wenig höher liegen. „Es gibt einen Keller, das macht es aufwändiger“, sagt Oxana Brunner. Außerdem sei ein großer Kostenfaktor am Ende auch immer die Entsorgung des Materials.

Noch ohne Plan

Auch einen genauen Zeitplan gibt es für den Abbruch und die Räumung noch nicht. Klar ist nur, dass die Stadt es „nicht auf die lange Bank schieben will“, sagt Brunner. Unklar ist ebenfalls, was künftig auf dem Gelände passieren wird.

Einige Ideen waren bereits in der Öffentlichkeit im Umlauf, beispielsweise wurde über eine Cocktailbar an dieser Stelle diskutiert. Auch gab es den Vorstoß, dass der Investor des Tonhallengeländes diesen Bereich eventuell mit nutzen könne. Spruchreif ist davon jedenfalls noch nichts.

Oder, wie Oxana Brunner es ausdrückt: „Das ist alles reine Zukunftsmusik.“ Was in Zukunft mit dem Gelände passieren soll, dazu gebe es von Seiten der Stadt aktuell noch keinen Plan.