Was sich bereits angedeutet hat, wird nun durch ein Urteil des Landgerichts Konstanz bestätigt: Zeynal Agir (46), Besitzer des Brigach-Kiosks in der Nähe des Villinger Bahnhofs, muss das Gebäude auf eigene Kosten abreißen. Damit erlitt der Kleinunternehmer vor Gericht eine vorhersehbare Schlappe. Seinen Lebenstraum, direkt an der Brigach einen Imbiss mit Glasanbau zu realisieren, ist vorerst gescheitert. Nun bleibt ihm nur eine Möglichkeit: in Berufung zu gehen.

Kein Paradies mehr: Der Unternehmer wollte zunächst ein neues Gebäude errichten, später einen Glasanbau. Beide Pläne scheiterten.
Kein Paradies mehr: Der Unternehmer wollte zunächst ein neues Gebäude errichten, später einen Glasanbau. Beide Pläne scheiterten. | Bild: Hauser, Gerhard

Bereits im Zivilprozess deutete sich an, welches Urteil Richterin Sabine Summ sprechen würde. So ist es nun auch gekommen, wie ein Sprecher des Landgerichts bestätigte: „Der Klage der Stadt VS wurde stattgegeben und der Beklagte wurde zur Herausgabe und Räumung des streitgegenständlichen Grundstückes im Stadtgebiet VS sowie zur Beseitigung des darauf befindlichen Kiosks verurteilt“, heißt es im schönsten Juristendeutsch. Für Agir persönlich ist dies allerdings eine Katastrophe, machte er doch in vielen Gesprächen mit der SÜDKURIER-Redaktion klar, dass sein ganzes Geld in dem Brigach-Kiosk steckt.

Zeynal Agir – hier bei einer Begehung vor 1,5 Jahren – kämpfte lange für die Zukunft des Gebäudes, das er selbst oder seine ...
Zeynal Agir – hier bei einer Begehung vor 1,5 Jahren – kämpfte lange für die Zukunft des Gebäudes, das er selbst oder seine Pächter nach 2004 als Imbiss nutzten. | Bild: Hauser, Gerhard

Den erwarb er 2004 vom Vorbesitzer für rund 95 000 Euro, außerdem schloss er einen auf 15 Jahre befristeten Pachtvertrag mit der Stadt VS ab, der an dieser Stelle der Grund und Boden gehört. Nach eigenem Bekunden ging er immer davon aus, dass es sich bei einer Verlängerung des Pachtvertrags, der am 31. Dezember 2018 endete, um eine Formalie handelt, so wie es bei den Vorbesitzern seit den fünfziger Jahren auch der Fall war.

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Zwischen den Parteien fanden zwar Verhandlungen über eine Verlängerung des bestehenden Vertrages oder über die Einräumung eines Erbbaupachtvertrages statt, wie das Landgericht Konstanz feststellte. Zu einem neuen Vertragsschluss ist es jedoch nicht gekommen, sodass „der Pächter das Grundstück nach Ende der Pachtzeit an die Stadt herauszugeben und den darauf befindlichen Kiosk abzureißen hat“, wie ein Sprecher des Landgerichts weiter feststellte. Dies sei auch schon in dem abgeschlossenen Vertrag vereinbart worden.

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Ein Vergleichsangebot der Stadt, das Gebäude auf eigene Kosten abzureißen, wenn Agir auf sämtliche Ansprüche verzichtet, hat er in der mündlichen Verhandlung nicht angenommen. Daher wurde das Verfahren durch ein Urteil entschieden, berichtete der Gerichtssprecher.

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Das Vergleichsangebot „steht jetzt nicht mehr“, erläuterte auf Anfrage die Sprecherin der Stadtverwaltung, Oxana Brunner. Wie es nun weitergeht, wollte Brunner nicht kommentieren. „Wir müssen zunächst die Rechtskräftigkeit des Urteils abwarten.“ Immerhin stehen dem Kläger noch Rechtsmittel zur Verfügung, er könnte also in Berufung gehen. Ob er das tut ist noch offen, sein Anwalt äußerte sich zunächst dazu nicht.

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Allerdings machte Agir in einzelnen Gesprächen immer wieder deutlich, dass er ohnehin nicht über die finanziellen Mittel – in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts war von über 40 000 Euro die Rede – verfüge, um das Gebäude abbrechen zu lassen. Sollte das Urteil rechtswirksam werden, müsste die Stadt wohl in Vorleistung treten, würde dann aber möglicherweise auf den Kosten sitzen bleiben, erläuterte Brunner.

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Agir fühlt sich von der Stadtverwaltung getäuscht, weil man ihm jahrelang Hoffnung gemacht habe, dass er seine Ideen umsetzen könne. Zunächst wollte er den Kiosk ganz abreißen lassen, dann habe er sich, so seine eigene Aussage – mit einem Anbau aus Glas begnügt. Er musste zwei Bauanträge einreichen. Die Stadtverwaltung wiederum pochte auf eine Bankzusage für die Finanzierung, die Agir aber erst erhalten hätte, wenn der Bauantrag genehmigt worden wäre. Derzeit ist er nach eigener Aussage „verzweifelt“. Um seine Gefühle kümmere sich niemand, die Stadtverwaltung habe ihm einen Vergleich angeboten und er solle nicht mehr hinter sich schauen. Doch das sei für ihn nicht möglich. Ob er in Berufung geht, darüber ist er sich derzeit noch unschlüssig.

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Über kurz oder lang will die Stadtverwaltung den prominenten Platz an der Brigach wieder als Grünbereich nutzen. So sieht es auch ein Bebauungsplan aus dem Jahr 1995 vor. Im Zuge der Landesgartenschau wurde bereits das Umfeld neu gestaltet. Inzwischen ist das Gebäude, das seit einigen Zeit zu ist und seit Agirs Engagement als Imbiss genutzt wird verschlossen, es wirkt heruntergekommen, Graffiti-Sprayer nutzen die Außenwand.