Die Impfpflicht kommt – oder doch nicht? Noch ist die allgemeine Pflicht für alle Menschen in Deutschland, sich gegen Corona impfen zu lassen nicht da. Für die Pflege gilt das allerdings nicht. Die Impfpflicht für diese Branche ist jüngst vom Bundestag und Bundesrat beschlossen worden, sie tritt am 15. März in Kraft.

Jobs für Ungeimpfte

Krankenpfleger, Ärztin oder Altenpflegerin können Ungeimpfte dann also nicht mehr werden. Was aber sonst? Diese Informationen finden Interessierte auf einer Seite im Internet. Dort heißt es bei „Über die Jobbörse“: „Das Projekt (...) ist entstanden, um nicht nur der Ausgrenzung und Diffamierung von Arbeitnehmern entgegenzuwirken, sondern möchte auch den freien Willen und die Selbstbestimmung fördern und dabei helfen, Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer vor dem wirtschaftlichen Totalschaden zu bewahren.“

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Auch Patrik Seemann, Geschäftsführer der Seemann Gestellbau GmbH aus VS-Schwenningen mit rund 70 Mitarbeitern hat über die Seite einen neuen Mitarbeiter gesucht: „Ich bin über eine andere mir bekannte Firma auf die Seite aufmerksam geworden. Wir suchen immer Fachkräfte, über viele Kanäle.“

„Kann relativ sicheres Umfeld gewährleisten“

Seemann selbst ist geimpft und versucht eigenen Angaben zufolge alles für den Schutz seiner Mitarbeiter gegen Corona zu tun: „Wir haben ein eigenes Testzentrum aufgebaut und eigens dafür drei Mitarbeiter ausbilden lassen. Außerdem haben wir überall Lüftungsanlagen eingebaut und jedem, für den das möglich ist, die Chance auf Home Office eingerichtet.“

Ungeimpfte Mitarbeiter werden einmal täglich getestet und auch geimpfte Kollegen, versichert Seemann, haben keinen Kundenkontakt, ohne vorher einen Coronatest gemacht zu haben. „Durch unsere Struktur kann ich ein relativ sicheres Umfeld gewährleisten“, sagt der Chef.

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Das Inserat auf der Jobbörse für Ungeimpfte habe Seemann selbst eingestellt und bewusst bespielt: „Ich bin nicht gegen die Impfung. Aber ich möchte denen, die sich zur Impfung von ihrem Arbeitgeber unter Druck gesetzt fühlen, eine Chance geben. Es ist meine Aufgabe als Chef, den Arbeitsplatz für die Mitarbeiter so sicher wie möglich zu gestalten.“ Und die Suche über das alternative Jobportal war erfolgreich: „Wir haben einen Mitarbeiter gefunden und sind sehr zufrieden mit ihm.“

Seemann hat Konto gelöscht

Dennoch wird es künftig keine Inserate mehr von Seemann auf der Seite geben. Als Seemann im Gespräch mit dem SÜDKURIER auf die Blog-Einträge zum Thema Corona und Impfung aufmerksam gemacht wurde, versichert er glaubhaft, diese Einträge zuvor nicht gesehen zu haben: „Mir sind die gar nicht aufgefallen. Jetzt habe ich mir den Blog der Seite angesehen.

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Was dort geschrieben wird, ist fernab jeglicher wissenschaftlicher Realität“, sagt der Firmenchef und fährt fort: „Am bedenklichsten finde ich aber, dass die Betreiber sich im Impressum nicht zu erkennen geben. Ich möchte mich und mein Unternehmen nicht in der Nähe der dortigen unwissenschaftlichen Behauptungen positioniert wissen, deshalb haben wir unsere Anzeige und unser Konto gelöscht. Eigentlich sehr schade, dass sich die Seite in diese unseriöse Richtung entwickelt hat, weil ich den Grundgedanken eines solchen Jobportals auf sachlicher Ebene durchaus gut finde.“ Im Blog-Bereich wird von „Gentherapie“, der „Viruslüge“ oder vom „Coronamärchen“ gesprochen.

Auch Patrick Winderlich, kaufmännischer Leiter von Güntzel Objektservice aus VS-Villingen, hatte Inserate auf der Jobbörse eingestellt: „Wir sehen uns als neutralen Arbeitgeber und möchten unsere aktiven und künftigen Mitarbeiter aufgrund ihrer für sich getroffenen Entscheidungen nicht be- oder verurteilen und dahingehend auch nicht beraten. Das ist nicht unsere Kernaufgabe und auch nicht unsere Kernkompetenz.“, sagt er gegenüber dem SÜDKURIER.

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Grundsätzlich verfolge man mit den Stellenausschreibungen das Ziel, Mitarbeiter für das Unternehmen zu finden – und das auf möglichst vielen Kanälen. Eine Prüfung sämtlicher Inhalte lasse sich bei der Vielzahl an Stellenportalen aber kaum umsetzen.

Blog-Einträge waren nicht bekannt

Den Grundgedanken des Jobportals, wie das Villinger Unternehmen ihn für sich interpretiert hat, könne man vertreten. Jedoch: „Uns waren die Inhalte, wie beispielsweise der Blog, zum Zeitpunkt unserer Stellenausschreibung nicht bekannt. Diese Inhalte vertreten und unterstützen wir nicht“, sagt Winderlich weiter. Auch er sei erst nach dem Hinweis des SÜDKURIER auf die pseudowissenschaftlichen Einträge der Seite überhaupt auf diese aufmerksam geworden.

Winderlich: „Bedauerlicherweise ist keine Kontaktaufnahme mit dem offensichtlich unbekannten Betreiber des Portals möglich. Somit lassen sich auch unsere Stellenausschreibungen derzeit nicht entfernen. Wir nehmen die Hinweise zu den Blogeinträgen aber zum Anlass, künftige Anbieter auch hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen intensiver zu prüfen.“ Im Übrigen seien die ausgeschriebenen Stellen bereits besetzt.

Auch eine Anfrage des SÜDKURIER über eine Möglichkeit, Kontakt zu den unbekannten Betreibern der Seite aufzunehmen, ist übrigens ins Leere gelaufen. Eine Antwort gab es jedenfalls nicht.