Wer bin ich und wo wachse ich?
Von Europa bis zum Kaukasus ist die Eberesche zu finden, vom Flachland bis ins Hochgebirge. Sie gehört zur Familie der Rosengewächse und gilt neben Birke, Espe und Weide als Pionierpflanze nach einem Waldbrand, Hangabrutsch oder Sturm. Pionierpflanzen sind stark genug, um auf lichtem, kargem Boden zu gedeihen und die Vegetation zu unterstützen. Von den Rosengewächsen wissen wir, dass diese ganz unterschiedlich in Aussehen und Wirkung sein können. Man findet sie überall: in Parks, auf Spielplätzen, in Alleen und Heckenlandschaften. Noch lange nach dem Laubfall leuchten die roten Beeren, die gerne von Vögeln gefressen werden. Daher wird die Eberesche auch Vogelbeere genannt.
Die Eberesche wächst als sommergrüner Baum oder auch als Strauch mit 10-15 Meter Höhe. Sie kann bis 120 Jahre alt werden. Die Äste wachsen in der locker verzweigten Krone schräg nach oben gerichtet und gehen in sogenannte unpaarig gefiederte Blätter über. Die einzelnen Fiederblättchen sind gezähnt. Die Eberesche blüht Mai bis Juni doldenartig weiß. Die Früchte sind etwa erbsengroß und in der Reife ab August orange-rot gefärbt. Gepflückt werden Sie am besten nach dem ersten Frost, dann sind sie süßer.
Wo kommt der Name „Eberesche„ her?
Es gibt viele Erklärungen. Einmal heißt es „Eberesche„ steht wegen seiner eschenartigen Blätter für unechte Esche. Die Vorsilbe „Eber-“ bedeutet „aber“ im Sinne von unecht. Sie wird auch wegen der ähnlich roten Früchte der Eibe als Eiben-Esche bezeichnet. Schaut man sich den botanischen Namen „Sorbus aucuparia“ an, erkennt man den Gattungsnamen „Sorbus“, abgeleitet aus dem keltischen „sorb“ für herb, oder „sor“ für Mehl. „Aucuparia“ deutet auf einen Vogelfänger hin, lateinisch „avis“ für Vogel und „capere“ für fangen. Aus Überlieferungen heißt es, dass die langen Zweige für den Vogelfang benutzt wurden. Heute ist die Eberesche, neben Vogelbeere auch als Spatzenkirsche, Teufelskirsche, Stinkbeere – wegen des aufdringlichen Geruchs der Blüten – oder Moosbeerbaum bekannt.
Eine andere Geschichte beschreibt die Eberesche als Baum der germanischen Mythologie. Demnach war sie dem Gewittergott Donar geweiht. Daher hängte man im ländlichen Raum Zweige und Früchte über die Türen, um sich vor Blitzschlag zu schützen.
Wofür bin ich hilfreich und was ist zu beachten?
Die Früchte enthalten neben Vitamin C, Pektin, Sorbit, Fruchtsäuren, Blausäure (im Kern), Gerbstoff, Bitterstoffe und Carotinoide auch Parasorbinsäure. Das macht sie roh ungenießbar. Roh führen die Früchte im Übermaß zu Durchfall und Erbrechen und sind sehr bitter. Wir wissen, dass die Natur einen Fraßschutz einsetzt, um sich fortzupflanzen. Da sollte man lieber die Finger davon lassen. Setzt man sie jedoch gezielt ein, wirken die frischen Beeren abführend, harntreibend und lymphanregend. Getrocknet wirken sie eher durchfallhemmend.
Die Blätter und Blüten enthalten unter anderem ätherische Öle und Gerbstoffe. Wenn man an den jungen Blätter reibt, verströmen sie einen Marzipanduft. Das Bittermandelaroma, das wir dann riechen, stammt von der Blausäure, die durch einen biochemischen Prozess beim Reiben gasförmig wird und entweicht.
Früher wurde aus den Beeren der Zuckeraustauschstoff Sorbit gewonnen, der für Diabetiker geeignet ist. Die in den Beeren enthaltene Sorbinsäure hat eine konservierende Wirkung, insbesondere gegen Pilze und Bakterien. Die Vogelbeere ist heutzutage keine typische Heilpflanze. Die Wirksamkeit ist wissenschaftlich nicht erwiesen. Jedoch wurde sie seit etwa Beginn der Zeitrechnung immer wieder durch Gelehrte eingesetzt.
In der Volksheilkunde kennt man die Verwendung bei Lungenentzündung, Nierenerkrankungen, Rheuma oder als Abführmittel. Der gepresste Saft wurde zum Gurgeln bei Heiserkeit eingesetzt. Werden die Beeren als Mus eingekocht, wird die Parasorbinsäure unschädlich gemacht. Die Beeren wirken dann nicht abführend, sondern stopfend. Getrocknet und gemahlen wurden sie auch als Mehlbeigabe verwendet.
Vorsicht ist geboten
Die Eberesche ist mit Bedacht zu sehen. Vor allem Kinder können aufgrund ihrer Körpergröße trotzdem Vergiftungserscheinungen haben. Deshalb ist die Warnung aus Kindertagen richtig. Und für alle anderen möchte ich an dieser Stelle betonen, dass die Heilkräuter keine ärztliche Behandlung ersetzen, sondern eher unterstützend wirken können. Allergiker sollten vorher ihren Arzt fragen, welche Pflanzen unbedenklich sind. Die Natur hält zwar vieles für uns bereit, allerdings sollten wir alles mit Bedacht angehen.
Wie werde ich verarbeitet?
Beim Erhitzen oder durch Frost wird die Parasorbinsäure in bekömmliche Sorbinsäure umgewandelt. Dadurch wird der bittere Geschmack gemildert. Der hohe Säuregehalt stabilisiert das Vitamin C. Dadurch wird es beim Erhitzen nicht zerstört und die Konzentration bleibt sehr hoch. Es heißt auch, dass die Beeren, nach dem Frost geerntet, noch liegen gelassen werden sollen. Sie werden dabei teigig und lassen sich besser verarbeiten. Die Beeren sind beliebt als Marmelade, im alpinen Raum auch als Schnaps. Dieser muss jedoch aufwendig durch Destillation hergestellt werden. Wer es süßer mag, sollte auf die „Mährische Eberesche„, eine kultivierte Art, zurückgreifen. Sie gilt als bitterstofffrei. Bitterstoffe sind seit langem nicht mehr in Mode. Sie helfen jedoch der Verdauung und wirken als Appetitzügler.
Wichtiger Hinweis
Bitte sammeln Sie nur so viele Pflanzenteile, wie Sie gerade benötigen. Das sichert einerseits noch eine spätere Ernte, das Weiterbestehen der Pflanze und auch Nahrung für Wildtiere. Da alle Pflanzen auch Arzneimittel sind, sollte man sich auskennen, bevor man beherzt zugreift. Von einer unbedachten Selbstmedikation ist abzuraten. Im Zweifelsfall konsultieren Sie immer erst einen Arzt.
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