„Die dritte Welle ist auch im Klinikum gebrochen.“ Matthias Geiser zog am Freitag als Geschäftsführer eine von Erleichterung geprägte Bilanz nach Monaten schwerster Herausforderungen für das Schwarzwald-Baar-Klinikum. Er bezog sich dabei auf die stetig rückläufigen Zahlen bei den Covid-Patienten sowie auf die Lage bei den Neuinfektionen im Kreis und in Südbaden.
Die Finanz-Überraschung
Vor einem Jahr hatte Geiser gegenüber der Öffentlichkeit den Alarmknopf gedrückt. Nach dem ersten Corona-Patienten Anfang März 2020 im Klinikum drohte das Szenario der Pandemie mit unklaren Virus-Entwicklungen, einer angespannten Personallage und betriebswirtschaftlichen Herausforderungen. Diesen Freitag sagte Geiser unter Vorgriff auf den noch unfertigen Geschäftsbericht, es dürfe dank der monetären Unterstützung von Bund und Land „wohl mit einem ausgeglichenen Jahresergebnis gerechnet werden“.
Ob das für 2021 auch gelingt, hängt von vielen Faktoren ab. Das Klinikum räumte jetzt ein, einen gewissen Stau an planbaren Operationen vor sich her zu schieben. Sobald die Einrichtung sich wieder Richtung Normalität entwickeln kann, derzeit herrschen noch Zugangsbeschränkungen und ein auf dringende Fälle konzentrierter Betrieb, will Geiser das abarbeiten lassen.
14,8 Prozent der bislang 1203 Corona-Patienten im Haus sind verstorben, genau 178 Menschen. Diese hohe Zahl sei, so der Ärztliche Direktor Matthias Henschen, auch dem hohen Durchschnittsalter von 68 Jahren und oft zahlreichen Vorerkrankungen der Covid-Patienten geschuldet.

In der dritten Welle, so Henschen, sei der Altersschnitt der schwer mit Corona Infizierten mit 31 Prozent von unter Fünfzigjährigen deutlich höher gewesen als in Welle zwei und eins mit jeweils 14 Prozent. In der zweiten Welle sei die Zahl der Menschen, die aus einem Pflege- oder Rehahaus übernommen werden mussten, am höchsten gewesen. Zum 21. Mai seien noch 30 Patienten auf der normalen Coronastation behandelt worden, 13 Patienten auf Intensiv und fünf mit voller Beatmung.
Sebastian Russo, Chefarzt für Änästesiologie, Notfall- und Schmerzmedizin, sagte jetzt, es sei dank der engen Zusammenarbeit aller relevanten Abteilungen vielfach gelungen, die schwerwiegende Vollbeatmung den Patienten zu ersparen und mit einer sanften Atemunterstützung über eine Gesichtsmaske plus einer austarierten Detailbehandlung stabilisierend und lindernd einzuwirken. Russo betonte, dass sich zuletzt vor allem bei Jüngeren schwierige Lagen herausgebildet hätten: „Fünf bis sechs Wochen auf Intensiv“, beschrieb er dazu ein Detail. Matthias Henschen ergänzte: „Infizierte Jugendliche sind oft auch nach Monaten immer noch nicht auf dem Damm.“ In Welle eins ab März 2020 lag die Sterblichkeit bei 15 Prozent der Corona-Patienten im Klinikum, in Welle zwei bei 20 Prozent und in Welle drei bei sieben Prozent aufgrund der vielen und weniger mit Krankheiten vorbelasteten Jüngeren.

Laut Geschäftsführer Geiser werde das Haus auch künftig Corona-Patienten behandeln müssen, aber in weitaus geringerer Zahl wie zuletzt. Das Klinikum nennt für seine Beschäftigten aktuell eine Impfquote von 56 Prozent. Teilweise verhindere auch der immer noch knappe Impfstoff eine bessere Durchimpfung des Teams. Die Weiterentwicklung des Hauses wird indessen vorangetrieben. Die Strahlentherapie steht vor einem Ausbau. Offenbar wird das Haus aus dem weiten Umkreis dabei in Anspruch genommen, Geiser sprach am Freitag von einem „großen Einzugsgebiet“. Die Onkologie sei „auch aufgrund der vielen älteren Menschen in der Region stark nachgefragt und am Anschlag. Da wird nun zum Jahresende nach Bezug des Neubaus vor neun Jahren wieder ein Kran am Gebäude stehen“, so Geiser zu dem geplanten Fünf-Millionen-Investment für die Gesundheitsversorgung der Bürger.
Großer Dank ans Team
Matthias Geiser dankt dem 3100 Mitarbeiter starken Team explizit. „Professionell, konzentriert und hoch engagiert“ habe man sich der Viruskrise entgegenstellen können. Dass nicht alle Stellen besetzt sind, liege am fehlenden Personalangebot, sagt Matthias Henschen. Viele Pfleger und Ärzte hätten sich an die Covid-Front umplatzieren lassen, dabei viel dazugelernt. Matthias Geiser: „Mich als Geschäftsführer macht das stolz.“
Er vergaß nicht zu erwähnen, dass die Hochbelastung in den Schichten auf der Corona-Intensivstation Spuren hinterlassen habe. Corona habe das Haus insgesamt maximal herausgefordert. „Wir haben bis heute allein 75.000 Schnelltests gemacht“, nennt er als Beleg. Etliche Mitarbeiter hätten sich trotz aller Schutzversuche selbst infiziert, Zahlen hat das Klinikum dazu keine. Geiser erinnert aber ans Frühjahr 2020,als es „vorrangig darum ging“, irgendwoher rasch hochwertige Masken zu bekommen“.