Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991, „Homo Faber“) notierte einst Fragen, die auch den klügsten Kopf in Verlegenheit bringen. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlags, in dem der Fragebogen erschienen ist, lassen wir regelmäßig prominente Persönlichkeiten auf einige der Fragen antworten. Heute ist Erzbischof Georg Gänswein an der Reihe, Präfekt des Päpstlichen Hauses und Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI.
Was gefällt Ihnen am Neuen Testament?
Alles, ohne Ausnahme. Die Schriften des Neuen Testaments sind, hoffentlich nicht nur für mich, die wichtigsten Schriften aller Zeiten; zeitlos und an keine Zeit gebunden.
Was können Sie sich nicht verzeihen?
Wer zu rigoros sich selbst gegenüber ist, der wird für sich und vor allem für andere unappetitlich. Verzeihen ist eine Haltung, die Milde und Strenge in ein gesundes Gleichgewicht bringt und so das eigene Leben auf guten Pfaden hält. Deshalb ist es wichtig, ja notwendig, auch und gerade sich selbst gegenüber Verzeihung zu üben.
Braucht die Moral eine Polizei oder umgekehrt?
Die Moral braucht keine Polizei, sondern ein gut geformtes und ständig geprüftes Gewissen, das wie ein Navigationssystem, wie ein Kompass den Weg richtigen weist. Eine Polizei ohne Moral verkommt zu einer Räuberbande.
Können Sie ohne Hoffnung denken?
Weder denken noch leben. Ich könnte ohne Hoffnung nicht leben, keinen Tag. Die Hoffnung öffnet Türen, Fenster, Zukunft, macht Mut, befreit, hilft, schenkt Freude. Ansonsten würde ich im und am Alltagskram geistig und menschlich ersticken.
Wann haben Sie aufgehört zu meinen, dass Sie klüger werden oder meinen Sie es noch?
Der Volksmund hat da eine schöne Weisheit parat, die auf diese Frage gemünzt ist: Alter schützt vor Torheit nicht. Auch und gerade große Klugheit wird diese Erfahrung bestätigen.
Was ertragen Sie nur mit Humor?
Manchmal mich selbst und oft bestimmte Personen, deren Flausen und Stimmungen die Nerven gewaltig strapazieren. Mit dem richtigen Quäntchen Humor lassen sich Quälgeister leichter ertragen.
Wie alt möchten Sie werden?
Diese Frage entscheidet der liebe Gott für mich.
Hoffen Sie auf ein Jenseits?
Ja, felsenfest. Ich hoffe und glaube an das ewige Leben, an den Himmel. Der Himmel ist das letzte Ziel und die Erfüllung der tiefsten Sehnsüchte des Menschen, der Zustand höchsten, endgültigen Glücks. Darauf hoffe ich, daran glaube ich felsenfest.
Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr?
Ich habe keine Angst vor dem Tod, wohl aber überfällt mich immer wieder leichte Furcht vor dem Sterben.
Wen, der tot ist, möchten Sie wiedersehen?
Alle meine Lieben und alle die, die mich mögen. Darüber hinaus eine Reihe von Geistesgrößen, deren Leben und Schriften mein eigenes Leben beeinflusst haben.