Nachdem sich der Fröhnder Bürgermeister deutlich für weitere Windräder in seiner Gemeinde ausgesprochen hat, ist nun auch die Diskussion um die geplanten Windräder am Zeller Blauen neu entfacht. Und auch die Windkraftgegner wurden wieder auf den Plan gerufen: Sie unterstellen den Bürgermeistern rund um den Zeller Blauen fehlende Transparenz, in Fröhnd würden nun die gleichen Fehler begangen, wie bereits zuvor etwa in Zell und im Kleinen Wiesental.
Durch den Vorstoß des Fröhnder Bürgermeisters Michael Engesser in Sachen Windkraft hat nun auch Zells Bürgermeister Peter Palme mit einigen Amtskollegen Druck gemacht, dass es endlich Klarheit beim geplanten Windpark am Zeller Blauen geben soll, wo die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) bis zu neun Windkraftanlagen errichten wollen. Wie auf Nachfrage bekannt wurde, hatte sich Bürgermeister Palme vor wenigen Wochen mit den Bürgermeistern der ebenfalls von dem Vorhaben betroffenen Gemeinden Kleines Wiesental, Böllen und auch Fröhnd – Gerd Schönbett, Bruno Kiefer und Michael Engesser – getroffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
Kritik: Keine Informationen über Treffen
Die Bürgerinitiative (BI) Südschwarzwald Vernunftkraft – die kürzlich aus der Initiative Schwarzwald Gegenwind (Kleines Wiesental) und der Gersbacher Windkraftgegner-BI hervorging – moniert, dass keiner der Bürgermeister etwa in einer Gemeinderatssitzung über dieses Treffen informiert habe. Selbst bei direkter Nachfrage vonseiten der BI hätten sie nicht mit der Sprache rausgerückt. „Herr Engesser hat sich dumm gestellt“, sagt Beirat Daniel Senn, Schönbett habe nur etwas von einem Telefonat erzählt, ergänzt BI-Sprecher Bernd Fischbeck. „Wir wollen Offenheit und Transparenz, stattdessen wird nur gelogen.“
Die BI, die seit Ende 2017 gegen Windkraftanlagen am Zeller Blauen kämpft, wundert sich über das Vorgehen von Fröhnds Bürgermeister Engesser. „Warum sich Bürgermeister für Windkraft einsetzen müssen, ist mir ein Rätsel“, sagt Fischbeck. Dass es Engesser um die finanziellen Einnahmen geht – die Kassen der Gemeinde Fröhnd sind leer, die meisten Einnahmequellen ausgeschöpft –, könne er nicht ganz glauben.
Vorwurf: „Augenwischerei“
Dazu seien die tatsächlichen Einnahmen, die ein weiteres Windrad in Fröhnd bringen würde, zu gering. Die von Engesser öffentlich genannten 50.000 Euro Einnahmen jährlich seien nicht realistisch und „Augenwischerei“, ergänzt Daniel Senn. In der jüngsten Gemeinderatssitzung in Fröhnd habe er Engesser mit dieser Zahl konfrontiert. Engesser hatte entgegnet, dass seiner Vermutung nach die Zahl sogar noch höher liegen werde.
„Da werden Fakten verbogen und ein Lügengebilde gestrickt“, so Fischbecks Vorwurf an alle beteiligten Bürgermeister. Indes könne man noch gar keine Angaben zur Einnahmenshöhe machen, solange der Verteilerschlüssel nicht feststehe. „Über einen genauen Verteilschlüssel mache ich mir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Gedanken. Sicherlich wird die räumliche Distanz zur Gemarkungsgrenze eine Rolle spielen“, teilt Engesser im kürzlich eingerichteten Fragen-/Antworten-Katalog auf der Homepage der Gemeinde Fröhnd mit.
„Windkraft auf dem Zeller Blauen lohnt sich nicht“, so die klare Haltung der BI. Die Bürgermeister würden sich lediglich auf die Windmessungen und Aussagen der EWS verlassen. Dem gegenüber stünden aber zahlreiche Aussagen von Experten sowie die Ergebnisse des Regionalplans und des Windatlas, die eine ganz andere Sprache sprächen. „Die Bürgermeister sind überfordert mit dem Thema. Sie sollten sich von unabhängigen Leuten beraten lassen“, so Fischbeck.
Das sagen die Bürgermeister
Die Redaktion hat die vier Bürgermeister mit den Vorwürfen der BI konfrontiert und um eine gemeinsame Stellungnahme gebeten. Die Bürgermeister verwiesen allerdings lediglich auf ein mit der EWS anberaumtes Treffen: „Wir betroffenen Bürgermeister haben uns – nach dem Pressebericht von Kollege Engesser – getroffen, um uns intern auf den aktuellen Stand zu bringen.
Dort haben wir beschlossen, mit der Firma EWS einen Termin zu vereinbaren. Dieser Termin findet Ende März statt. Nach diesem Termin wird es sicher möglich sein, gemeinsam mit der Firma EWS die Presse zu informieren und auch Ihre Fragen zu beantworten“, so die Mitteilung.
Das sagt die EWS
Diesen Gesprächstermin bestätigt Tobias Tusch, Geschäftsführer der EWS Energie GmbH, auf Nachfrage. „Es ist völlig klar, dass wir dieser Bitte der Bürgermeister nachkommen“, so Tusch. „Wir werden versuchen, eine möglichst konkrete Aussage treffen zu können, wie es am Zeller Blauen weitergeht.“ Denn dass es weitergehen soll, sei für die EWS nach wie vor ein Thema: Zwar lässt Tusch die Zahlen, die im Fröhnder Gemeinderat kursierten, unkommentiert.
Ganz grundsätzlich sei er aber überzeugt, „dass Windkraft am Zeller Blauen wirtschaftlich sein kann“, so Tusch. „Wir haben 2018 gesagt, dass wir davon ausgehen, dass es sich rechnet. Die gleiche Aussage würde ich wieder tätigen.“ Wie viel Geld für die jeweiligen Gemeinden beim Betrieb abfalle, hänge von der Zahl der Windkraftanlagen und den vereinbarten Vertragsinhalten ab – das Erneuerbare-Energien-Gesetz regle klar, dass die Kommunen beteiligt werden können.
Es gehe dabei in diesem Stadium der Planungen nicht um konkrete Zahlen, sondern um Information: „Eine Windenergieanlage kann einer Gemeinde monetär Gutes tun“, so Tusch. Der Geschäftsführer richtet den Blick allerdings vom wirtschaftlichen Aspekt weg auf den politischen: „Wir brauchen erneuerbare Energien, und seit zwei Wochen brauchen wir diese noch viel mehr“, so Tusch mit Blick auf den Krieg in der Ukraine, der die Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Energieträgern auf drastische Weise sichtbar mache. (trin/nka)