Seinen 100. Geburtstag feierte am 26. Januar Erich Albrecht mit Familie und Freunden. Er ist der älteste Bürger von Birkendorf und der Gesamtgemeinde. Es ist ein Meilenstein, den er selbst nie erwartet hätte.
Als junger Soldat im Zweiten Weltkrieg schwer verwundet, verlor er seinen linken Unterschenkel. Damals wurde ihm prophezeit, dass ihn die Amputation zehn Jahre seines Lebens kosten würde.
Trotz dieser düsteren Prognose hat Erich Albrecht ein erfülltes und aktives Leben geführt.

Kindheit und Jugend
Am 26. Januar 1925 als achtes von neun Kindern geboren, wuchs Erich Albrecht auf dem elterlichen Bauernhof auf. Die Feldarbeit mit Pferden liebte er besonders. Er wollte Bauer werden und besuchte nach der Volksschule die Winterschule für Landwirtschaft in Stühlingen. Im Gasthaus Rebstock bekam er gegen tägliches Melken der Kühe ein Zimmer.
Im Jungvolk und später in der „Hitlerjugend“ fand er mit Altersgenossen Abwechslung bei Geländespielen, Singen und er war leidenschaftlicher Fußballspieler.
Als junger Soldat im Krieg verwundet
Vier Tage nach der Trauerfeier für den gefallenen Bruder Ernst kam für den noch 17-Jährigen die Einberufung zum Reichsarbeitsdienst. Der ältere Bruder Wilhelm war bereits in Russland krank geworden und lag in Freiburg im Krankenhaus. Versuche, ihn als dritten Sohn der Familie vom Kriegseinsatz freizustellen, blieben erfolglos.
Nach der Rekrutenausbildung kam er an die russische Südfront und Ende Januar 1944 als Soldat mitten in die Kesselschlacht bei Tscherkassy südöstlich von Kiew. Zwei Tage nach seinem 19. Geburtstag wurde er durch einen Granatsplitter am linken Unterschenkel verwundet. Weder Bauer werden noch Fußball spielen zu können war sein erster Gedanke, bis er merkte, dass es um Leben oder Tod ging.
Ein Sanitäter rettete ihn mit Abbinden des Beins vor dem Verbluten. Nach dem Transport zum Verbandsplatz wurde er mit vielen Verwundeten in der „Ju 52“ ins Lazarett bei Lemberg geflogen. Nach der Erstversorgung ging es nach Titisee, wo er nachamputiert werden musste.
Die spannende Geschichte mit vielen glücklichen Zufällen ist im Buch „Birkendorfer Soldatenschicksale“ von Josef Kaiser dokumentiert. Dass die Verwundung sein Leben gerettet hat, wurde ihm später klar. Trotz Verwundung musste er wieder Kriegsdienst leisten, war aber nicht mehr an vorderster Front.
Bei Kriegsende machte er sich auf einem alten Fahrrad, mit vielen platten Reifen, in Bad Aibling auf den Heimweg. Dort ging es bis Birkendorf zu Fuß weiter. Die Heimkehr sei mit so viel Glücksfällen verbunden gewesen, die Freude der Eltern unbeschreiblich.
Familie
1953 heiratete er Hedwig, geborene Rebmann. Das Ehepaar führte in der Ortsmitte ein Gemischtwarengeschäft, das 1973 aufgegeben wurde. Die Geschäftsräume wurden an die Sparkasse vermietet. Ehefrau Hedwig starb 64-jährig 1991. Seit 1996 ist Gertrud Wiench aus Heidenheim treue Lebenspartnerin an seiner Seite. Trotz gesundheitlicher Probleme 2024, lässt sich der Jubilar nicht unterkriegen.
Sein 100. Geburtstag ist nicht nur ein Anlass zum Feiern, sondern auch eine Gelegenheit, auf ein bewegtes und erfülltes Leben zurückzublicken. Erich Albrecht hat durch seinen unermüdlichen Einsatz und seine positive Lebenseinstellung nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das Leben vieler Menschen in seiner Gemeinschaft und der großen Verwandtschaft bereichert.
Vereine und Kirche
1966 wurde der Jubilar aktives Mitglied des DRK Birkendorf, später Bereitschaftsleiter und danach bis 1997 Vorsitzender. 16 Jahre bekleidete er das Amt des Vorsitzenden des damals umtriebigen Pfarrgemeinderats, der den Förderverein St. Margareta als Ersatz für die aufgegebene Krankenpflegestelle der katholischen Schwestern ins Leben rief. 60 Jahre gehörte er dem VdK an und war stellvertretender Vorsitzender.
Unter den Gratulanten zu diesem außergewöhnlichen Jubiläum waren die Trachtenkapelle mit einem Geburtstagsständchen, die Vorsitzenden Sergius Moor vom FC Birkendorf, wo er Ehrenmitglied ist, und Norbert Schwarz der DRK-Bereitschaft Schlüchttal, Bereitschaftsleiter Dieter Probst und sein Vorgänger Hugo Krieger.

Bürgermeister Tobias Gantert und Ortsvorsteherin Marianne Buchmüller gratulierten mit einem Präsent und Urkunde des Ministerpräsidenten Kretschmann.
Ratschreiber im Rathaus Birkendorf und Ühlingen
Erich Albrecht war ab 1946 die Ratschreiber der selbständigen Gemeinde Birkendorf. Nach der Eingemeindung wurde er 1975 Leiter des Grundbuchamts in Ühlingen, wo er kurz vor der Rente sein 40-jähriges Dienstjubiläum mit Bürgermeister Hans-Gerd Hoffmann, Rathauskollegium und Notar Wamhoff feierte.
Nach dem Eintritt in den Ruhestand, hielt er bis 1990 weiterhin Verwaltungsstunden im alten Rathaus Birkendorf ab und stand als Standesbeamter für Eheschließungen zur Verfügung.
Erich Albrecht blickt in geistig guter Verfassung auf ein erfülltes Leben zurück. Umsorgt von seiner Lebenspartnerin Gertrud lebt er in seinem Haus und hat – wo notwendig – Hilfe von Nichten und Großneffen.