Wenn es in einem Rechenzentrum zu heiß wird, sorgen sie für Abkühlung. Doch jetzt könnten die Mitarbeiter des Kühlturmherstellers Gohl-KTK in Singen selbst ein wenig Abkühlung gebrauchen, denn die Gemüter sind erhitzt: Für 20 Menschen ändert sich die Arbeitsstelle und die Geschäftsführung schlägt laut der Gewerkschaft IG Metall eine Abfindung von höchstens 5000 Euro vor. Das ist nicht nur laut IG Metall eine „riesen Sauerei“, sondern auch für Joachim Graf untragbar. Der Betriebsratsvorsitzende rechnet vor, dass ein Kollege seit 43 Jahren im Betrieb arbeitet und laut einem 2017 beschlossenen Sozialplan auf bis zu 120 000 Euro Anspruch hätte. Aktuelle Verhandlungen zu einem neuen Sozialplan sind gescheitert, jetzt muss eine Einigungsstelle vermitteln. Wann es ein Ergebnis gibt, ist unklar, doch die Restrukturierung soll im Juli abgeschlossen sein.

Unternehmen ist "natürlich angespannt unterwegs"

"Wir befinden uns inmitten einer Restrukturierung und da ist das Unternehmen natürlich angespannt unterwegs", sagt Geschäftsführer Christoph Korinth. Die Restrukturierung begründet er so: „Wir müssen uns stabiler aufbauen, um zukunftsfähig zu werden. Sonst holt uns der Markt ein." Zu Zahlen möchten sich er, Interims-Manager Andreas von Bandemer sowie Personalleiterin Corinna Werries nicht äußern. Sie versichern aber: "Ziel ist es, so vielen Mitarbeitern wie möglich Arbeitsplätze anzubieten und Änderungskündigungen zu vermeiden." Dabei waren die ersten beiden Änderungskündigungen bereits Thema am Radolfzeller Arbeitsgericht – in einem Fall haben sich die Parteien auf einen Vergleich verständigt, im anderen ist eine gütliche Einigung gescheitert.

Betrieb soll sich verändern und verkleinern

Klar ist, dass es für den Kühlturmproduzenten im Gewerbegebiet der Südstadt so nicht weiter geht. Vor ziemlich genau einem Jahr verkündete das Unternehmen die Fusion von der E.W. Gohl GmbH mit dem einstigen Konkurrenten KTK Kühlturm Karlsruhe GmbH zu Gohl-KTK. "Aufgrund der Fusion zweier selbstständiger Betriebe haben wir alle Abteilungen innerhalb des Unternehmens doppelt besetzt. Hier müssen jetzt Prozesse und Kapazitäten aufeinander abgestimmt werden", sagt Personalleiterin Werries. Die Produktion soll im Zuge einer Restrukturierung größtenteils nach Durmersheim bei Karlsruhe an den Stammsitz von KTK verlagert werden, in Singen sollen nur noch Einzelteile gefertigt werden. Dafür solle in Singen der Service-Bereich aufgebaut werden. Die Geschäftsleitung begründet das auch mit der baulichen Situation vor Ort: Die aktuelle Produktionshalle sei für immer höher werdende Kühltürme nicht geeignet, das Gelände ohnehin nur gemietet. Der Betrieb soll umziehen, der neue Standort in Singen oder Umgebung stehe aber noch nicht ganz fest. Korinth verspricht: „Der Standort Singen wird nicht zugemacht.“

Arbeit für Franzosen war "Anfang vom Ende"

Für den Betriebsrat sowie die IG Metall ist das ein fauler Kompromiss, während in Durmersheim investiert werde. "Für einen neuen Hallenbau ist offensichtlich Geld da und für die Menschen, die das ermöglichen, nicht", kritisiert der Zweite Bevollmächtige Raoul Ulbrich. "Wir waren der Türöffner für den deutschen Markt", sagt Joachim Graf: 2012 wurde die E.W. Gohl GmbH von der französischen Cofinair-Gruppe übernommen. "Die ersten zwei Jahre konnte man eigentlich unbeschwert weiter arbeiten", sagt Graf, doch dann hätten sie französische Modelle für den deutschen Markt umarbeiten müssen. "Das war der Anfang vom Ende für Gohl", befürchtet der Betriebsratsvorsitzende. "Wir können nicht genau sagen, wann der Einbruch kam." Damals hätten noch 90 Menschen für Gohl gearbeitet, 2018 waren es 56 und künftig sollen es 40 sein. Die IG Metall befürchtet, dass noch mehr Stellen wegfallen.

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Laut Leitung sind 20 Personen betroffen

Die ersten Änderungskündigungen sind bereits ausgesprochen, weitere werden folgen. „Insgesamt sind 20 Personen betroffen, denen allen ein anderer Arbeitsplatz angeboten wird", sagt Personalleiterin Corinna Werries. Wer in Singen nicht mehr arbeiten kann, soll eine vergleichbare Stelle in Durmersheim antreten können. Einige Beschäftigte haben Gohl-KTK bereits ohne Änderungskündigung verlassen, wie die Geschäftsleitung bestätigt. Wenn ein Umzug für den Arbeitnehmer nicht in Frage komme, sei das laut Interims-Manager Andreas von Bandemer eine persönliche Entscheidung. Laut Joachim Graf ist es für viele aber unrealistisch, ins über 200 Kilometer entfernte Durmersheim umzuziehen.

Sozialplan von 2017 gilt nicht und für neuen fehlt die Einigung

Der Betriebsratsvorsitzende kritisiert auch die Umstände: Noch ist kein Sozialplan festgelegt. Das heißt die Mitarbeiter wissen nicht, ob sie eine Abfindung erhalten oder ob sie im Zuge einer Transfergesellschaft in der Übergangszeit zur nächsten Anstellung unterstützt werden. Der vorherige Sozialplan, der 2016 beraten und 2017 beschlossen wurde, habe vorgesehen, dass Mitarbeiter bei einer Kündigung eine Abfindung von 80 Prozent eines Monatsgehalts pro Beschäftigungsjahr erhalten. "Jetzt sagt die gleiche Geschäftsführung, dass das eine unverschämt hohe Forderung ist und dass wir die Firma damit in die Insolvenz treiben", sagt Graf über jüngste Verhandlungen. Das Verhältnis der beiden Parteien ist nachweislich getrübt: Im Sommer 2017 wollte die Geschäftsleitung den Betriebsrat auflösen, was vom Arbeitsgericht abgelehnt wurde.

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Leitung nennt keine Zahlen zu Abfindung oder Transfergesellschaft

Zu Zahlen möchten sich Korinth, von Bandemer und Werries nicht äußern. Sie bestätigen auf Nachfrage lediglich: „Gespräche scheitern, wenn Interessen zu weit auseinander liegen", sagt Personalleiterin Corinna Werries. Laut Gewerkschaft hat die Geschäftsleitung eine Abfindung von maximal 5000 Euro angeboten. "Das ist ein Schlag ins Gesicht für jeden Mitarbeiter, der gehen muss", findet Joachim Graf. Auch beim Thema Transfergesellschaft sind Fragen offen: „Der Betriebsrat hat uns mit einer Transfergesellschaft einen guten Vorschlag gemacht. Das wollen wir unbedingt umsetzen“, sagt Werries. Doch die Bedingungen und Mittel für diesen Vorschlag sind bisher unklar.

Wie es weitergeht? "Gut", sagt Geschäftsführer Christian Korinth. Betriebsratsvorsitzender Joachim Graf ist sich da nicht so sicher. Und im Frühjahr endet die Beschäftigungsgarantie für einige Mitarbeiter, die im Zuge des Sozialplans von 2017 geschützt sind. Dann sind weitere Änderungskündigungen möglich.