Manchmal stecken die interessantesten Themen in den Baugesuchen – wie kürzlich im Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt (SBU) des Singener Gemeinderats. Da ging es eigentlich nur um eine Befreiung von den Vorgaben eines Bebauungsplans, der laut den Sitzungsunterlagen immerhin aus dem Jahr 1938 stammt, für einen geplanten Neubau. Dieser sollte ein wenig näher an der Erzbergerstraße liegen, als es im Bebauungsplan zugelassen ist. Die Überschreitung betrage weniger als einen Meter, sagte Christian Denzel, Abteilungsleiter Baurecht bei der Stadtverwaltung, auf eine Frage von Ralf Knittel (CDU). Eigentlich also Routinegeschäft für den Bauausschuss.

Doch bei dem geplanten neuen Gebäude handelt es sich um einen Neubau für das Singener Amtsgericht. Und nicht alle Anlieger sind glücklich mit den Bauplänen, die das Land für seine Justizeinrichtung unterm Hohentwiel hat. Das sagte Oberbürgermeister Bernd Häusler gleich zu Beginn seiner Einführung ins Thema. Namen von Kritikern der Pläne wurden bislang nicht öffentlich. In der Ausschusssitzung wurden allerdings zwei Themen deutlich, die offenbar manche Anlieger stören, nämlich Parkplätze und Wärmepumpen.

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Was soll entstehen?

Was hat das Land Baden-Württemberg konkret geplant? Auf den Plänen, die zu den Sitzungsunterlagen gehören, ist ein dreigeschossiger Flachdachbau zuzüglich Kellergeschoss zu sehen, der zwischen dem bestehenden Amtsgericht und dem Gefängnis an der Erzbergerstraße stehen soll. Im Erdgeschoss ist ein Sitzungssaal samt Nebenräumen eingezeichnet, in den Obergeschossen Sitzungszimmer, Büros für Richterinnen und Richter und weitere Arbeitsräume.

Die Ausführung des Baus liegt beim Amt Konstanz von Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Dessen Leiterin Sieglinde Neyer-Bedenk schreibt auf Anfrage, das Gebäude sei als Holzrahmenbau mit Untergeschoss aus Stahlbeton geplant. Und der Sinn des Neubaus sei, dass alle Gerichtsstandorte auf dem Gelände an der Erzbergerstraße zusammengeführt werden. Derzeit gibt es nämlich auch eine Außenstelle in der Julius-Bührer-Straße.

Beim Gericht bleibt viel Zeit auf der Straße liegen

Für Anke Baumeister, die das Amtsgericht derzeit kommissarisch leitet, ist das eine missliche Situation: „Regelmäßig stehen Bürger am falschen Standort vor der Tür“, sagt sie. Und auch für die Arbeitsabläufe bedeuten zwei Standorte einen Ressourcenverlust. Post und Akten müssen hin- und hergefahren werden, es braucht an beiden Standorten Personal für den Betrieb: „Da bleibt buchstäblich Zeit auf der Strecke.“ Im Gericht würden daher alle einen Neubau begrüßen, so Baumeister.

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Dafür soll ein Teil des Parkplatzes, der vor dem Gericht in Richtung Erzbergerstraße liegt, überbaut werden, auch mehrere Bäume müssen dafür weichen. Doch die Kritik von Anliegern entzündet sich eher an dem, was auf dem hinteren Teil des Geländes und neben dem bestehenden Neubau geplant ist. Da sollen nämlich neue Parkplätze für Mitarbeiter angelegt werden. Die Sorge der Anwohner sei nun laut OB Häusler, dass von den an- und abfahrenden Autos störender Lärm und Scheinwerferlicht ausgehe. Die barrierefreien Parkplätze für die Öffentlichkeit sollen hingegen weiterhin zur Erzbergerstraße hin liegen, so Neyer-Bedenk. Die hinteren Plätze seien nur über eine Schranke und während der Arbeitszeiten erreichbar.

Auch die auf den Lageplänen im hinteren Teil des Geländes eingezeichneten sechs Wärmepumpen sorgen laut den Informationen in der Ausschusssitzung nicht gerade für Begeisterung. Denn Wärmepumpen geben Geräusche von sich. Diesen Punkt spießte Klaus Niederberger auf: „Warum werden die nicht in Richtung der JVA aufgestellt, sondern in Richtung der Nachbarn?“ Auch über die Zahl der Geräte wunderte er sich: „Für den Neubau käme man mit zwei Geräten aus.“

Wärmeversorgung am Ende nur noch durch Wärmepumpen

Des Rätsels Lösung ist, dass auch die anderen Gebäude des Amtsgerichts am Ende mit den Wärmepumpen versorgt werden sollen, wie Neyer-Bedenk schreibt. Schon jetzt würden die Gebäude gemeinsam versorgt. Doch nun müsse aufgrund des Klimaschutzkonzeptes des Landes auf klimaneutrale Versorgung umgestellt werden.

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Und: Der Standort der Wärmepumpen ist offenbar nicht in Stein gemeißelt. Für die Ausführungsplanung, die es noch nicht gibt, werde der Standort noch konkretisiert, so Neyer-Bedenk. Die Schallbelastung sei für den geplanten Standort allerdings mit einem Schallschutzgutachter abgestimmt worden. Auch Häusler sagte in der Ausschusssitzung, dass ein Gutachten dazu vorliege – allerdings mit den Grenzwerten, die für ein Mischgebiet gelten: „Nach unserer Auffassung ist das aber ein Wohngebiet.“ Und in einem Wohngebiet gelten niedrigere Grenzwerte.

Walafried Schrott (SPD) brachte einen Vor-Ort-Termin mit Anliegern ins Spiel. Häusler nutzte das für einen Seitenhieb gegen die Landesregierung, die als Bauherrin auftritt. Es sei einmal von einer Politik des Gehörtwerdens gesprochen worden – genau darauf hoffe er, also Häusler, nun. Er werde jedenfalls darauf hinwirken, dass es einen solchen Vor-Ort-Termin gibt. Und die Stadt sei gerne dabei, auch um die eigenen Zwänge zu erklären – was die Zustimmung von Regina Henke (Grüne) fand.

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Eberhard Röhm (Grüne) kritisierte wiederum einen Punkt in der Sitzungsvorlage, nämlich dass darin keine Klimafolgen für das Bauvorhaben gesehen werden – eine Einschätzung, die seit einigen Jahren auf jeder Vorlage getroffen werden muss. „Wenn Bäume wegkommen und Fläche versiegelt wird, hat das Auswirkungen“, so Röhm. Denzel erklärte, dass ein Ersatz für gefällte Bäume gepflanzt werden müsse. Und Häusler entgegnete, dass es bei Versiegelung natürlich eine Klimawirkung gebe. Deren Größe hänge aber auch vom Baumaterial ab.

Und die Befreiung für die Überschreitung der Baugrenze? Die hat der Ausschuss einstimmig erteilt.