In seinem Büro hängt die Fahrradkluft, auf dem Regal steht ein Foto von einer Pseudo-Königin Elisabeth II. – hinter der sich übrigens ein Mann verbirgt. Wenn man sich in Andreas Grimms Arbeitszimmer in der Robert-Gerwig-Schule umschaut, bemerkt man schon zwei seiner Leidenschaften. Denn er fährt gerne mit dem Rad, auch von seinem Wohnsitz im Hegau zur Schule. Und: „Ich liebe britischen Humor.“ Dabei unterrichtet er selbst gar nicht Englisch, sondern Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde.

Und seit diesem Schuljahr ist Andreas Grimm der Leiter der größten beruflichen Schule im Landkreis – als Nachfolger von Karin Schoch-Kugler, die laut Grimm Mathematik und Wirtschaftsgeografie unterrichtet hat. Die kaufmännische Schule im Singener Norden will er natürlich nicht in einen geisteswissenschaftlichen Schwerpunkt verwandeln.

Er will am WG für Deutsch begeistern

Aber wenn man mit ihm über seine Arbeit spricht, erfährt man auch noch von seiner größten Leidenschaft: „Ich liebe mein Lehrerdasein und ich liebe mein Deutschlehrer-Dasein.“ Dabei dürfte Deutsch im Wirtschaftsgymnasium oder bei der Ausbildung von Kaufleuten eher nicht die absolute Hauptrolle spielen. Dennoch werde der Unterricht nach seiner Erfahrung sehr geschätzt, erzählt Grimm. Und das nicht nur, wenn es darum geht, wie man einen Geschäftsbrief korrekt aufbaut. Sondern auch wenn es um Spaß an Literatur geht: „Begeisterung ist ein Weg, Schüler zu motivieren.“

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Vier Stunden Deutsch pro Woche gebe er derzeit in der Berufsfachschule Wirtschaft und führe die Schüler damit zur Mittleren Reife. Für Grimm eine schöne Abwechslung, denn als Schulleiter hat er derzeit vor allem viele Termine und Büroarbeit. Bis zum Ruhestand von Karin Schoch-Kugler war er stellvertretender Leiter der Schule und besetzte damit eine Position, die derzeit frei ist.

Grimm ist damit Schulleiter und Vizechef in einer Person – ein harter Job, auch wenn er viel Unterstützung aus dem Kollegium, von den Abteilungsleitungen und den Sekretärinnen bekomme. Doch das Verfahren zur Nachbesetzung der Stellvertreter-Stelle laufe und er sei zuversichtlich, dass es relativ rasch gehen werde, sagt Grimm.

Schulleiter ist zufrieden mit Lehrerversorgung

Überhaupt fühle sich seine Schule gut unterstützt vom Regierungspräsidium Freiburg und dem Landkreis. Das Regierungspräsidium ist für die Versorgung mit Lehrpersonal verantwortlich, der Landkreis für alles weitere Personal und das Gebäude. Im Hinblick auf die Lehrerversorgung sei die Robert-Gerwig-Schule sehr gut ins neue Schuljahr gestartet, berichtet Grimm.

Auch Spezialisten, die nicht ursprünglich Lehrer sind, habe man. Der Schulleiter berichtet von einer Ärztin, die angehende medizinische Fachangestellte (MFA) unterrichtet, oder einer MFA, die den Azubis die ärztliche Abrechnung beibringen könne.

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Auch bei der Sachebene zeigt sich Grimm zufrieden. Der Landkreis halte das Gebäude in Schuss, nach dem Brand im März 2021 habe der Kreis die Schule gut begleitet. Es habe Container als Ausweichräume gegeben und nun kann der Schulleiter an der Stelle, wo der Brandherd lag, durch moderne Räume führen, die energetisch auf dem neuesten Stand seien. Auch mit Mitteln aus dem Digitalpakt Schule von Bund und Ländern sei die Schule sehr gut ausgestattet worden, so Grimm. Jedes Klassenzimmer habe nun digitale Displays und Leihtablets für die Schüler gebe es auch.

Kreis investiert viel in berufliche Schulen

Der Landkreis investiert derzeit spürbar in seine beruflichen Schulen. Das Berufsschulzentrum in Radolfzell wurde erst vor ein paar Jahren kräftig umgekrempelt, nach sechs Jahren Bauzeit wurde 2017 der dritte und letzte Bauabschnitt eröffnet. 48,3 Millionen Euro hat der Neubau insgesamt gekostet, berichtete der SÜDKURIER damals.

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Nun, einige Jahre und eine Corona-Pandemie später und nicht zuletzt nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine, geht es um andere Beträge. Für den Neubau des Konstanzer Berufsschulzentrums, in das die Konstanzer Berufsschulen Zeppelin-Gewerbeschule und die kaufmännische Wessenbergschule einziehen sollen, waren zunächst 123 Millionen Euro vorgesehen – ein Budget, das auf 137 Millionen Euro erhöht werden musste, so der jüngste Stand der Berichterstattung im Mai dieses Jahres.

Schule pflege Umgang auf Augenhöhe

Für Andreas Grimm liegen die Baustellen der Zukunft nicht am Gebäude. Sein Augenmerk liegt unter anderem auf der Ausbildungsvorbereitung (AV), die das Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf (VAB) abgelöst hat. Die AV laufe nun im dritten Jahr, erzählt Grimm: „Und das soll weiterentwickelt werden.“ Die Schüler würden Niveau-differenziert unterrichtet und sollen für eine Ausbildung fitgemacht werden, wenn sie noch keinen Schulabschluss haben. „Das ist derzeit ein laufender Prozess und wir lernen jeden Tag dazu“, sagt Grimm.

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Als generelle pädagogische Linie gibt er aus, einen Umgang auf Augenhöhe zu pflegen – durch flache Hierarchien in der Schule, aber auch im Umgang zwischen Lehrern und Schülern. „Das ist eher ein Verhältnis wie zwischen Vorgesetztem und Mitarbeitern“, sagt er – auch vor dem Hintergrund, dass auch erwachsene Azubis mit mehr als 40 Jahren an der RGS unterrichtet werden. Er sieze auch seine 15 Jahre alten Schüler. Als Zeichen des Respekts, der auch zurückgefordert wird.