Strengeres Tempolimit auf vielen Straßen und vielleicht sogar die Komplettsperrung für Lastwagen auf manchen Durchgangsstraßen: Die Stadt Singen kämpft weiter gegen Verkehrslärm. Das Instrument dazu ist ein Lärmaktionsplan, der in Singen nun weiterentwickelt werden soll. Der Gemeinderat hat dem in seiner jüngsten Sitzung zugestimmt – allerdings erst nach einer intensiven Diskussion.

Das kommt auf Autofahrer zu

Der neue Lärmaktionsplan für Singen sieht auf zahlreichen Straßen strengere Tempolimits vor als bisher. Besonders aufhorchen lässt dabei der Vorschlag, auf Freiheitstraße und Ekkehardstraße ganztägig nur noch 30 Kilometer pro Stunde zuzulassen. Beide gehören zur Bundesstraße 34, die an dieser Stelle durch dicht bebautes Innenstadtgebiet mit vielen Anwohnern führt. Nachts gilt schon Tempo 30. Da es sich um eine Bundesstraße handelt, seien Tempolimits dort jedoch nur in Abstimmung mit dem Landratsamt möglich, heißt es in der Sitzungsvorlage.

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Auch an der Georg-Fischer-Straße soll Tempo 30 auf dem Abschnitt vom Gaisenrain bis zur Aachbrücke in der Hombergerstraße von 20 Uhr bis 6 Uhr gelten – also auf dem Abschnitt, an dem Wohnbebauung steht. Derzeit gibt es auf der zentralen Straße des Industriegebiets in der Südstadt ein solches Limit für die Nacht von Freitag auf Samstag, das wegen Treffen der Tuner- und Autoposer-Szene eingeführt wurde.

Wo überall Tempo 30 gelten soll

Doch auch in weiteren Straßen sollen laut dem Plan künftig strengere Tempolimits gelten. Tempo 30 ganztags ist hier vorgesehen: Bruderhofstraße, im gesamten Straßenzug Remishof-, Anton-Bruckner- und Erzbergerstraße, Hohenhewenstraße, Am Posthalterswäldle und in der Friedinger Straße sowie auf den Ortsdurchfahrten von Bohlingen, Überlingen am Ried, Friedingen, Schlatt unter Krähen und Hausen.

Tempo 30 nachts von 20 Uhr bis 6 Uhr soll zudem eingeführt werden im Straßenzug Rielasinger- und Hohenkrähenstraße, in der Schaffhauser Straße, die allerdings ebenfalls ein Teil der Bundesstraße 34 ist, in der Steißlinger Straße, dem Straßenzug Worblinger- und Überlinger Straße sowie im Straßenzug Zolltafel und Berliner Straße.

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Zu dem Paket, das die Verwaltung vorschlägt, gehört auch, eine Lärmschutzwand an der Georg-Fischer-Straße, Ecke Steißlinger Straße, zu prüfen.

Einschränkungen auch für Lastwagen

Auf Lastwagen könnten ebenfalls Einschränkungen zukommen. So soll geprüft werden, ob der Straßenzug Freiheitstraße/Radolfzeller Straße für Laster über 7,5 Tonnen im Durchgangsverkehr gesperrt und nur für Anlieger und Anlieferer zugelassen wird. Ein solches Verbot könnte von 20 bis 6 Uhr auch in der Hohenkrähenstraße gelten, wobei laut der Sitzungsvorlage noch zu klären ist, ob das rechtlich möglich ist, weil die Hohenkrähenstraße Teil einer Umleitungsstrecke für die Autobahn 81 ist.

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Grundlage dieser Vorschläge ist ein Gutachten der Firma Fichtner aus Freiburg, das auf der aktuellen Lärmkartierung beruht. Ein Zeitplan steht nicht in der Vorlage.

Pressesprecher Stefan Mohr betont, dass die Stadt Singen wie alle anderen Städte in Baden-Württemberg zu einem Lärmaktionsplan verpflichtet ist. „Bei entsprechenden Daten wie der Höhe des errechneten Lärmpegels ist eine verkehrsrechtliche Anordnung oder eine entsprechende bauliche Veränderung, zum Beispiel ein Lärmschutzwall, umzusetzen.“

Bürger kritisieren Lärmschutzwall und Parksuchverkehr

Während der Offenlage Ende 2021 sind 14 Stellungnahmen von Bürgern eingegangen, die der Ratsvorlage anonymisiert beigefügt sind. Darin gab es einige Zustimmung dazu, den Verkehrslärm weiter zu reduzieren. Mehrfach kam der Lärmschutzwall am Twielfeld zur Sprache. Die Bürger bemängelten, dass dort an mehreren Stellen die Erde abgerutscht sei und der Wall daher nicht mehr richtig vor Lärm schütze. Seitens Stadtverwaltung heißt es dazu, der Wall werde kontrolliert und gegebenenfalls ausgebessert.

Auch Parksuchverkehr wurde kritisiert. Dieser soll sich laut der Stellungnahme der Stadt aber verringern, weil die Parkgebühren an den Straßen gestiegen seien. Davon erhofft man sich, dass Autofahrer mehr die Tiefgaragen nutzen.

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Ein Bürger kritisierte allerdings auch, dass er als Pendler durch eine Ausweitung von Tempo 30 in der ganzen Region ohnehin schon deutlich länger unterwegs sei. Man sollte beide Seiten sehen. In der Reaktion der Verwaltung heißt es dazu, dass eine Geschwindigkeitsreduzierung über Nacht die Interessen des Autoverkehrs angemessen berücksichtige.

Darüber hat der Gemeinderat diskutiert

Mehr Schutz für lärmgeplagte Anwohner oder mehr schnelles Fortkommen des Durchgangsverkehrs? Auf diese Leitfrage kann man die intensive Diskussion zuspitzen, die sich die Gemeinderäte lieferten.

Zu Abstimmung stand ein Antrag der SPD-Fraktion, auf mehreren Durchgangsstraßen wie der Rielasinger- und Hohenkrähenstraße oder der Schaffhauser Straße ganztags Tempo 30 einzuführen, nicht nur nachts. Dies hätten auch die Berater der Firma Fichtner so vorgesehen, heißt es darin. Dagegen regte sich Widerstand. So wiesen Kirsten Brößke (FDP) und Markus Weber (Neue Linie) auf Risiken für den Busfahrplan hin.

Schikane für Arbeiter oder Entlastung für Anwohner?

Und Brößke und Franz Hirschle (CDU) sahen Probleme auf Feuerwehrleute auf dem Weg zum Einsatz zukommen – von der Privatwohnung zum Feuerwehrhaus müssen diese sich nämlich an alle Verkehrsregeln halten. Klaus Bach (CDU) platze schließlich der Kragen. Was die SPD fordere, sei eine „Schikane“ für alle, die etwas erwirtschaften und auf die Zeit achten müssen.

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SPD und Grüne wehrten sich ihrerseits. Durch ein funktionierendes Ampelsystem könne man den Zeitverlust durch Tempo 30 ausgleichen, sagte etwa Eberhard Röhm (Grüne). Und die Feuerwehr selbst habe nicht auf Probleme mit Tempo 30 hingewiesen. Walafried Schrott (SPD) mahnte, man mache eine Lärmaktionsplan für die Anwohner. In der Diskussion komme aber nur die Betroffenheit der Autofahrer heraus.

Entsprechend verlief die Abstimmung. Der SPD-Antrag fiel mit 17 Nein- und zwölf Ja-Stimmen bei einer Enthaltung durch. 18 Gemeinderäte stimmten für den Verwaltungsvorschlag zum Lärmaktionsplan, zwölf dagegen.