Das Thema Homeoffice gewinnt spätestens seit der Corona-Krise immer mehr an Bedeutung. Im Kampf gegen das Virus arbeiteten viele Menschen von zuhause aus, um Kontakte zu reduzieren und so die Infektionsgefahr zu verkleinern. An sich eine gute Idee – allerdings ist dafür ein schneller oder zumindest beständiger Internetanschluss zwingend notwendig, ansonsten kann die Arbeit schnell frustrieren. Doch den hat nicht jeder – und das führt auch in Stockach zu Problemen.

Einer, der diese Erfahrung gemacht hat, ist Daniel Weiss. Der Softwareentwickler wohnt in der Conradin-Kreutzer-Straße und befindet sich seit dem Frühjahr im Homeoffice. „Der erste Lockdown war die Hölle“, fasst er seine Eindrücke zusammen. Von den 16 Megabit (Mbit) pro Sekunde, die er bei der Telekom gebucht habe, seien effektiv nur neun bis zehn angekommen. Große Up- oder Downloads etwa hätten darum ewig gedauert. „Das ist so viel verlorene Zeit“, beklagt Weiss. Er habe darum schon versucht, derartige Aufgaben auf Randzeiten zu ziehen, also den Abend oder während des Mittagessens, allerdings mache die Arbeit so „relativ wenig Spaß“. Und wenn auch noch seine Kinder im Fernunterricht Internetzugriff brauchten, „kommt so eine beschränkte Verbindung recht schnell ans Limit“.

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Für Unternehmer kann das peinlich werden

Ebenfalls seit dem Frühjahr von zuhause aus arbeitet Nicholas Stanforth, der nicht weit entfernt von Daniel Weiss in der Beethovenstraße wohnt und auch Telekom-Kunde ist. Er arbeitet für internationale Kunden als Unternehmensberater und hat sogar schon ein Buch über seine Methoden geschrieben. An sich findet er gut, durch das Homeoffice Kosten und Zeit zu sparen, die sonst für seine Geschäftsreisen angefallen wären – wenn da nicht das schlechte Internet wäre. „Wir waren es immer schon gewohnt, im Wechsel mit Vor-Ort-Terminen Online-Termine zu machen“, berichtet er von sich und seiner Firma.

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Doch von seinem Haus aus funktionieren diese nicht immer ganz reibungslos: Es komme immer wieder vor, dass bei Videokonferenzen zum Beispiel die Akustik nicht richtig funktioniere oder es eine halbe bis eine Minute dauere, bis er seinen Bildschirm mit seinen Gesprächspartnern teilen kann. „Das ist eine frustrierende Sache“, sagt Stanforth. „Wenn ich eine große Veranstaltung habe, dann darf niemand sonst ins Internet“ – damit die Leistung nicht noch weiter sinkt.

Der Unternehmensberater Nicholas Stanforth ist derzeit ebenfalls nicht unterwegs, sondern arbeitet auch von zuhause aus
Der Unternehmensberater Nicholas Stanforth ist derzeit ebenfalls nicht unterwegs, sondern arbeitet auch von zuhause aus | Bild: Progress Factors

Dabei gebe es gerade jetzt viele Themen mit seinen Kunden zu besprechen. „Es ist ein bisschen peinlich, Firmen zu beraten, wie sie digitaler werden können, wenn das eigene Internet dauernd abbricht“, klagt Nicholas Stanforth. Zusätzlich arbeite seine Firma an einem neuen Beratungssystem, das über das Internet funktioniert – und da brauche er gutes und schnelles Internet. „Wenn das nicht da ist, dann können wir unseren Kunden wesentlich weniger Dinge anbieten“, erklärt er.

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Alle Kabelverzweiger sind mit Glasfaser erschlossen

Aber woran liegt es, dass die Verbindungen derart schlecht sind? Laut Rechnungsamtsleiter Bernhard Keßler, der bei der Verwaltung für den Breitbandausbau zuständig ist, sind in Stockach inklusive der Stadtteile alle Kabelverzweiger mit Glasfaser erschlossen. Von dort erfolge die Übertragung meist über Kupferleitungen bis zu den Haushalten. „Dadurch haben etwas mehr als 98 Prozent aller Einwohner einen Anschluss größer als 25 Mbit.“ Bei den fehlenden Prozent handle es sich weitgehend um Häuser in Ortsrandlage, Weiler oder Höfe, die sehr weit von den Verzweigerkästen entfernt stehen und deren Versorgung darum schlechter ist. In den Orten selbst könne es auch zu Ausnahmefällen kommen, bei denen die Verkabelung zum Haus über eine größere Strecke geht.

Vectoring als Problem

Das Hauptproblem sei, dass durch das sogenannte Vectoring, eine Technologie, die für eine schnellere Datenübertragung über die Kupferkabel sorge, es jeweils nur einem Grundanbieter ermöglicht werde, einen Kabelverzweiger über Glasfaser zu erschließen und damit die optimale Internetgeschwindigkeit anzubieten. Andere Anbieter seien langsamer oder müssten sich alternativ bei den Leitungen des am jeweiligen Kabelverzweiger vorherrschenden Anbieters einmieten. In dem Gebiet, in dem Daniel Weiss und Nicholas Stanforth wohnen, habe Teledata den Kabelverzweiger erschlossen – kein Wunder also, dass die Geschwindigkeit über das Netz der Telekom nicht so schnell läuft.

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Bernhard Keßler rät Internetnutzern, zu überprüfen, welcher Anbieter in ihrem Wohngebiet das schnellere Internet anbieten kann, und bei Bedarf den Vertrag zu wechseln. Daniel Weiss hat das getan. Seit August ist er Teledata-Kunde – und bemerkt einen Unterschied: „Jetzt ist es durchaus angenehmer“, bestätigt er. „Effektiv kommen hier jetzt knapp 100 Mbit an.“

Wird die Versorgung noch besser?

Der Durchschnittsnutzer komme damit gut zurecht, aber er selbst benötige vermutlich auch etwas mehr. „Ein bisschen mehr Leistung wäre immer gut“, sagt Weiss darum. Und auch Nicholas Stanforth wünscht sich generell schnelleres Internet in Stockach. „Es wäre nett, wenn es 200 Mbit sein könnten“, sagt er. Aus anderen Städten, etwa New York, sei er sogar 1000 Mbit gewohnt. „Das ist wirklich ein Potenzial, das Stockach ausbauen kann“, sagt er.

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Der Stadt selbst seien in dieser Hinsicht aber in Wohngebieten die Hände gebunden, so Bernhard Keßler. Eine Versorgung mit 25 Mbit sei „die Schwelle, ab der die Stadt mit Steuergeldern nichts mehr machen darf.“ Ausbauten seien dann zumindest zum aktuellen Stand nicht mehr möglich. Eine Ausnahme bilden dagegen Gewerbegebiete. Dort werden Betriebe aber laut Keßler schon heute direkt mit Glasfaseranschlüssen zu den Gebäuden versorgt.

Stadtwerke haben Verbesserungspläne

Anders sieht es bei den Stadtwerken, deren Netzes von der Teledata betrieben werden und die zum 31. Dezember das städtische Breitbandnetz kaufen, aus: Wie Steffanie Hornstein von den Stadtwerken mitteilt, verlege man auch in allen Neubau- und Sanierungsgebieten in Stockach Glasfaser-Leerrohre mit dem Ziel, das Glasfasernetz mit Anschluss direkt in die Haushalte zu verdichten. „Für 2021 sind im Rahmen der Erneuerung von Strom- und Gasleitungen beispielsweise Abschnitte in der Conradin-Kreutzer-Straße, Höhenstraße, Im Bildstock und in der Heinrich-Bettinger-Straße geplant.“

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Das bedeute nicht, dass automatisch vom Kabelverzewiger bis zu jedem Kunden ein Glasfaserkabel verlegt werde. Aber für einen Glasfaseranschluss bis in die Wohnung kontaktiere man die Anwohner vor der Bauphase „mit dem Angebot, Glasfaser bis ins Haus einzuziehen. Das ist also immer eine individuelle, mit Kosten verbundene, Entscheidung des Hauseigentümers.“

Vodafone teilt mit, bereits 1284 Haushalte in Stockach via Glasfaser an sein Breitband-Netz angeschlossen zu haben, weitere Ausbaupläne habe man nicht. Ob es diese bei der Telekom gibt, ist nicht bekannt – eine SÜDKURIER-Nachfrage blieb unbeantwortet.