Eigentlich hat Derya Türk-Nachbaur keine Zeit zum Telefonieren. Als sie in der Nacht auf Montag ins Bett fiel, war der Sitz im Bundestag ungewiss, als sie wenige Stunden später aufwachte, erhielt sie die erlösende Nachricht: Sie ist drin. Also schlagartig Bundestagsabgeordnete, daran muss auch sie sich erst einmal gewöhnen. Sie ist bereits in Berlin, in ihrer kurzen Mittagspause meldet sie sich. Ihre Arbeit im Bundestag wird herausfordernd und sicher auch stressig sein. Was macht sie daher mit ihrem Mandat in der Heimat? Wir haben nachgefragt.

Derya Türk-Nachbaur ist SPD-Stadträtin in Bad Dürrheim, dort arbeitet sie zudem im Verwaltungs- sowie im Stadtentwicklungs- und Umweltausschuss mit. „Die politischen Ämter in Bad Dürrheim will ich weiterführen“, betont sie. Ihr sei es wichtig, die Sorgen und Nöte der Menschen auch nach Berlin zu transportieren. Daher brauche sie den Kontakt zur Basis. Sie ist allerdings zuversichtlich, dass bestimmte Sitzungen, beispielsweise die der Fraktionssprecher auch weiterhin online übertragen werden, so wie es während der Corona-Pandemie der Fall war. So könne sie sich auch digital von Berlin aus zuschalten. Ortsvereinsvorsitzende der SPD in Bad Dürrheim wolle sie bleiben.
Noch nicht so klar ist, wie sie künftig die Strecken zwischen der Baar und Berlin bewältigt. Am Montagabend hat sie den Zug genommen, Abfahrt 19 Uhr, Ankunft an der Spree sechs Uhr. An Schlaf war nicht zu denken, den brauche sie aber. Für die erste Nacht nahm sie ein Hotel, die nächste Zeit kann sie die Wohnung, die dem Freund ihres Ehemannes gehört, nutzen. Die Kinder des Freundes, die dort bisher lebten, seien ausgezogen. Nun hat sie etwas Zeit gewonnen, selbst nach einer Unterkunft zu suchen.
Türk-Nachbaur hat zwei Töchter, eine 20- und eine Siebenjährige und einen 22-jährigen Sohn. Wenn die SPD-Bundestagsabgeordnete in Berlin gebraucht wird, kümmert sich Ehemann Andreas, er ist Professor an der Hochschule für Polizei, um die Siebenjährige. „Das hat er schon während des Wahlkampfs blendend gemacht, das will er auch weiterhin tun“, freut sie sich.
Nur ihren Job als pädagogische Fachkraft an der Villinger Warenbergschule wird sie aufgeben müssen. Doch das sei ohnehin klar gewesen, falls sie gewählt werden würde. Doch das Fachamt in Villingen-Schwenningen, bei dem sie angestellt ist, das Amt für Jugend, Bildung, Integration und Sport, habe sie „super begleitet“ und sie schon während des Wahlkampfs freigestellt, wann immer es notwendig gewesen sei.
Erste Gratulationen
Und was sagen die Bad Dürrheimer zu ihrem politischen Erfolg? Einige hätten ihr angerufen und ihr gratuliert, unter anderem Bürgermeister Jonathan Berggötz und auch der Freie Wähler-Stadtrat Gottfried Schacherer. Das habe sie sehr gefreut, antwortet sie noch, bevor sie zur nächsten Sitzung weitereilen muss.