Sollte eine langfristig gesicherte Schulöffnung – ohne Homeschooling und Wechselunterricht – ab sofort vom erhöhten Luftfiltereinsatz abhängig gemacht werden? Oder ist das neben Masketragen und Mindestabstand lediglich ein Helfer und kein K.O.-Kriterium? Inzwischen sei es „sehr wahrscheinlich schlicht und ergreifend zu spät für das nächste Schuljahr“, sagt Patrick Honer, Geschäftsführer der Nova Apparate GmbH, deutlich. Das Unternehmen aus Donaueschingen stellt moderne Geräte für Klima- und Raumlufttechnik her, versorgt Krankenhäuser damit.

Patrick Honer
Patrick Honer | Bild: Simon, Guy

Warum Honer beim Thema Luftfilter und Schulen derart pessimistisch ist? Geräte wie Luftreiniger für Bestandsgebäude stünden jetzt gar nicht mehr zur Verfügung, alle seien ausverkauft. „Dann gibt es eine Komponente, die man dafür braucht, das ist ein Ventilator. Diese haben aber zwischenzeitlich Lieferzeiten von einem halben Jahr. Selbst wenn wir es bauen könnten, bekomme ich den Zukaufteil Ventilator nicht“, macht der Geschäftsführer das bundesweite Problem deutlich.

Drohen also weitere Schulschließungen?

Wenn man wirklich darüber nachdenke, Schulen anhaltend zu öffnen und die Kinder vor Ort in den Klassenzimmern zu beschulen, dann brauche es möglichst Frischluft. Und ansonsten Luftreiniger, sagt Patrick Honer. „Ohne diese Maßnahmen werden die Schulen im Oktober oder November mit ziemlicher Sicherheit wieder schließen.“

„Man kann doch in einer Industrienation mit höchsten Standards, wie Deutschland es ist, nicht Schüler bei geöffneten Fenstern – mit Mütze, Schal, Decke und Teetasse – in die Klassenzimmer setzen. Oder die Schulen schließen und die Kinder zuhause unterrichten.“
Patrick Honer, Geschäftsführer Nova Apparate

Wie Präsenzunterricht trotz Corona aufrechterhalten werden kann, erklärt Honer den SÜDKURIER-Lesern gleich mit: „Wir haben den klassischen Schulneubau – so wie bei den Planungen für die Donaueschinger Realschule –, bei welchem man große, zentral angeordnete Geräte etwa auf dem Dach platzieren kann. Die versorgen dann alle Klassenzimmer mit Frischluft.“ Diese Variante sei die beste und hygienischste.

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„Aber wir haben ja nicht immer Neubauten“, ergänzt der Unternehmer und verweist auf das Fürstenberg-Gymnasium. Bei solchen Bestandsgebäuden gebe es zwei Möglichkeiten: Mithilfe von Luftreinigern werde vorhandene Luft bei nicht geöffneten Fenstern aus dem Raum durch einen hocheffizienten Hepa-Filter gezogen, hindurchgeführt und wieder in den Raum hineingeblasen. „Das ist aber nur die zweitbeste Variante, weil ich so überhaupt keinen Frischluftaustausch habe“, schildert Honer. Durch den Einsatz von regelmäßig auszutauschenden Hepa-Filtern, die sich mit Viren vollsetzen und schließlich unter Tragen eines Schutzanzuges als Sondermüll zu entsorgen sind, würden Coronaviren sozusagen automatisch abgeführt. Umluftreinigungsgeräte funktionieren laut dem Experten, sollten jedoch nur dort aufgestellt werden, wo es nicht anders geht.

Die Firma Nova, gelegen in Donaueschingen.
Die Firma Nova, gelegen in Donaueschingen. | Bild: Singler, Julian

Ist auf der anderen Seite ein Außenluftanschluss, zum Beispiel ein Fenster, vorhanden, könne in Räumen vorhandene Luft gegen Frischluft von draußen ausgetauscht werden. Eine Wärmerückgewinnung sorge dafür, dass diese Außenluft erwärmt wird – gerade während kalter Wintermonate wichtig.

Das Fazit Patrick Honers? Wenn es nicht anders gehe, seien Umluftreiniger besser als nichts. Frischluft sei generell die Lösung bei Corona- und Hygienesituationen: „Wenn man das konsequent umsetzt, bin ich der festen Überzeugung, brauchen wir auch keine Schulen schließen. Und keine Hotels, Flughäfen, Stadthallen, Einkaufszentren oder Bürogebäude, weil ich mit dieser Lüftungstechnik nichts anderes mache, als frische Außenluft nach innen zu bringen.“

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Was der Nova-Geschäftsführer scharf kritisiert, ist die nach seiner Wahrnehmung späte Reaktion der Politik auf Landes- und Bundesebene. Das Bewusstsein bei der Stadt Donaueschingen sowie die technischen Möglichkeiten bei den Unternehmen seien durchaus vorhanden, die dringend benötigten finanziellen Mittel jedoch nicht. „Es hat sehr lange gedauert, eigentlich bis jetzt und damit mehr als ein Jahr zu spät, die finanziellen Mittel seitens des Bundes für die Schulen zur Verfügung zu stellen“, führt Honer aus. Es habe zu Beginn der Pandemie eine Zeit benötigt, bis jeder gewusst habe, wie man mit der Problematik umzugehen hat – das müsse man auch anerkennen. „Aber seit Juni oder Juli 2020 ist bekannt, was man machen muss: lüften, lüften, lüften. Die Industrie kann gar nicht diese Masse an Geräten herstellen, das dauert mehrere Jahre, bis man alle Bestandsgebäude mit Technik nachgerüstet hat. Das geht gar nicht so schnell.“ Dass ein Jahr verschlafen wurde, das sei sein Hauptkritikpunkt.

Bedarf abgefragt

Die Stadt Donaueschingen lässt auf Nachfrage über Sprecherin Jennifer Schwörer verlauten, dass das Thema bereits „in der Sitzung des Hauptausschusses am 6. Juli 2021 intensiv und detailliert“ diskutiert worden sei. Die Verwaltung habe daraufhin bei den städtischen Schulen sowie Betreuungseinrichtungen den Bedarf an Luftfilteranlagen abgefragt. In enger Abstimmung mit den Verantwortlichen sei ein Vorschlag erarbeitet worden, welcher dem Gemeinderat nun vorgelegt und erläutert werden soll.

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„Entsprechend den Vorgaben der Landesregierung wird aufgrund der Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus auch in Donaueschingen der Start in das neue Schuljahr nach den Sommerferien mit regelmäßigen Tests in Schulen, Kitas, und in der Kindertagespflege begleitet werden“, führt Schwörer aus. Außerdem weisen ihr zufolge die Landesregierung wie auch die Stadt Donaueschingen darauf hin, „dass es für einen sicheren Präsenzbetrieb an Schulen und Kindergärten wichtig ist, dass Erwachsene sich impfen lassen“. Ebenso sei angekündigt, dass inzidenzunabhängig in den ersten beiden Wochen nach den Sommerferien in ganz Baden-Württemberg eine Maskenpflicht eingeführt wird, um das Risiko der Einschleppung von Infektionen zu vermeiden.

Solche Luftfilter sind an der Lucian-Reich-Schule in Hüfingen vorhanden. Maßgeblich daran beteiligt war die Firma Nova um ...
Solche Luftfilter sind an der Lucian-Reich-Schule in Hüfingen vorhanden. Maßgeblich daran beteiligt war die Firma Nova um Geschäftsführer Patrick Honer. | Bild: Singler, Julian

Und wie wird die Lage an Schulen eingeschätzt?

Ruth Schütz-Zacher, Rektorin der Lucian-Reich-Schule in Hüfingen, sagt zum 60 Millionen Euro umfassenden Förderprogramm des Landes Baden-Württemberg für die Anschaffung von Luftfiltern: „Meine Kommune hat durch die Neubauten in den vergangenen Jahren eine andere Ausgangsposition. Ich stelle es mir schwer vor, bei der großen Anzahl von Schulen im Land, alle Klassenzimmer ausstatten zu können.“ An der Hüfinger Gemeinschaftsschule „haben wir das große Glück, dass sowohl im Neubau, als auch im Grundschulgebäude und im Mensagebäude, eine moderne Lüftungsanlage verbaut ist“. Dort seien alle Räume so ausgestattet, dass sie den Anforderungen entsprächen. „Für das Lernhaus Schellenberg haben wir im März für alle Klassenzimmer Lüftungsanlagen erhalten. Somit sind wir auch dort ausgestattet“, fügt Schütz-Zacher an.

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Katja Fox, Rektorin der Donaueschinger Realschule, versuche indes, sich auf dem Laufenden zu halten, „ob diese Geräte wirklich halten, was sie versprechen“. Sie ergänzt: „Ich denke, dass sie das Lüften nicht ersetzen können. Allein für unsere Schule wäre ein Betrag von circa 100.000 Euro fällig, wenn man alle Zimmer ausstatten wollte.“ An der Realschule wolle man die Räume ausstatten, welche schlecht zu belüften seien – zum Beispiel die Computerräume oder den Bildende Kunst-Saal. Die Dachfenster schließen sich laut Fox bei Regen oder Schnee automatisch. „Wir haben in jedem Raum ein CO2-Messgerät und Desinfektionsspender an allen Eingängen und Desinfektionsmittel in allen Zimmern.“

Zum neuen Schuljahr soll der Rektorin zufolge das Pausenkonzept überdenkt sowie optimiert werden: „Denn nicht alle Klassen konnten auf den Schulhof, weil wir eine Durchmischung von Gruppen vermieden haben“, schildert Fox. Eine neue Maskenlieferung für die Schule sei angekündigt und stehe kurz vor der Lieferung, ebenfalls erhalte man noch mehr Schnelltests. „Als Schulleitung haben wir gelernt, sehr schnell Lösungen zu entwickeln“, so Katja Fox.