Der Mann, der in der Rottweiler Altstadt über Jahre seine Nachbarn tyrannisiert hat, wird aller Voraussicht nach noch mindestens anderthalb Jahre im Gefängnis bleiben. Denn sein Verteidiger hat sich mit der Staatsanwaltschaft geeinigt: Der Mann gibt seine Taten zu, dafür gibt es einen Strafrahmen zwischen zwei Jahren und zwei Monaten bis zwei Jahren und elf Monaten.
Nachbarn haben jetzt endlich Ruhe
Diese Nachricht war eine Erleichterung für die geplagten Nachbarn. Und das gleich aus zwei Gründen: Sie müssen nun nicht mehr als Zeugen aussagen und sie wissen, dass sie noch eine ganze Weile ihre Ruhe haben.
Der Mann – laut Gutachter hat er eine paranoide Persönlichkeitsstörung – sorgte bei seinen Nachbarn für unzählige schlaflose Nächte. Auch jetzt noch, obwohl er im Gefängnis sitzt, so erzählte ein Mann: Seine Schwester habe auch jetzt, vor der Zeugenaussage, kein Auge zugemacht.
Kompliziertes Verfahren
Juristisch war es am letzten Prozesstag vor dem Rottweiler Amtsgericht recht kompliziert, denn es galt, gleich drei Verfahren zu einem zusammenzufassen. Die Zeugenaussagen brauchte es dafür zwar nicht mehr, aber noch einmal wurden seitenweise Anklagepunkte verlesen.
Erneut ging es um unglaubliche Mengen an Taten: So habe der Mann Reifen zerstochen, Papiertonnen angezündet, Müll auf Terrassen geworfen.
Stalkingopfer zieht sogar weg
Eine junge Frau wurde offenbar regelrecht gestalkt. Der Mann soll über ihre Terrasse gelaufen, an ihrem Wohnzimmerfenster gestanden und sie spätabends mit unzähligen Telefonanrufen traktiert haben. Dabei hatte das Gericht bereits ein Annäherungsverbot ausgesprochen.
Das alles zermürbte die Frau wohl dermaßen, dass sie schließlich wegzog. Ihre neue Adresse, war zu hören, habe der 52-Jährige nicht erfahren.
Angeklagter wählt den Notruf und sagt „Kuckuck“
Aber auch die Polizei erhielt abendliche Anrufe im Sekundentakt. So habe der 52-Jährige zunächst per Notruf gemeldet, mehrere Jugendliche befänden sich auf seinem Grundstück.
Als die Polizei nicht gleich anrückte, beschwerte er sich wieder und wieder. Auch darüber, dass ihn ein genervter Beamter irgendwann wegdrückte. Und dann hat er laut Protokoll fast sekündlich die Notrufnummer gewählt, um „Kuckuck“ zu sagen.
Feuerwehrleute und Polizisten bespuckt
Feuerwehrleute und Polizisten soll der Angeklagte bei Löscheinsätzen nicht nur beschimpft, sondern auch bespuckt haben. Die Brände in seiner Nachbarschaft habe er mutmaßlich selbst gelegt, so lautete ein Teil der ersten Anklage. Das wurde nun aus der langen Liste herausgenommen.
Es blieb bei Punkten wie „Störung der Totenruhe“: Offenbar hat er immer wieder die Hecke des Friedhofs gegenüber seinem Wohnhaus angezündet und Blumen und Grabschmuck zerstört und sogar Grabsteine umgeworfen.
Der Friedhof wird ein Hochsicherheitstrakt
Dass die Stadt Rottweil daraufhin Kameras auf dem Friedhof aufstellen ließ, schien ihn nicht abzuhalten. Die Anwohner entsetzt das nach wie vor. Einer meinte: „Unser Friedhof ist ein Hochsicherheitstrakt.“
Und dann ist da die Frage, die sich viele stellen: Was passiert, wenn der 52-Jährige wieder aus dem Gefängnis kommt? Oder wird er doch – nach seinem eigenen Wunsch – in die Psychiatrie eingeliefert? Dass er krank ist, ist allen klar, auch ihm selbst.
Welche Rolle spielen Medikamente?
Zu Beginn der Berufungsverhandlung versuchte er gar dem Gericht zu verdeutlichen, dass er die Taten unter Medikamenteneinfluss begangen habe. Doch das nahm man ihm nicht ab. Alkohol hat er wohl manchmal intus gehabt, das belegen zumindest die entsprechenden Tests.
Doch darüber hinaus scheint er recht klar im Kopf gewesen zu sein, die Beschimpfungen, die teils auf Videos festgehalten sind, zeigen, dass er oft genug die Leute direkt mit Namen ansprach, auch die Beamten und Feuerwehrleute. Und sie dann im Wechsel als „Wichser“, „Depp“, „Bleede Sau“ oder „Arschloch“ bezeichnete.
Auch Todesdrohungen gab es anscheinend, so war von Jungs aus der Nachbarschaft zu hören, die wohl an seiner Tür klingelten und dann verschwanden. „Ich schlag‘ Euch tot“, habe der 52-Jährige daraufhin gerufen.
Der Psychiater steht vor einem Problem
Wie genau der psychische Zustand des Angeklagten ist, darüber befindet der Psychiater Henner Giedke. Doch dem macht es der 52-Jährige auch nicht leicht, da er sich nicht untersuchen lassen will.
In der geplagten Nachbarschaft wünscht man sich, dass es auch nach einer Entlassung des 52-Jährigen so ruhig bleibt, wie es derzeit ist. Dennoch wird vorgesorgt: „Ich werde überall Kameras aufstellen“, verkündet einer der Nachbarn.
Hier lesen Sie, wie es in Rottweil mit dem geplanten Bau der Hängebrücke weitergeht.