Der Strafprozess gegen die ehemaligen Führungskräfte der Hess AG, Christoph Hess und Peter Ziegler sowie einen weiteren Mitarbeiter des Unternehmens startet am Mittwoch, 7. Oktober, vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts Mannheim. Was den drei Angeklagten, denen schwere Wirtschaftsstraftaten im Zusammenhang mit dem Börsengang des Villinger Unternehmens im Jahr 2012, im Detail zur Last gelegt wird, geht aus einer Kurzfassung der Anklageschrift hervor, die das Gericht jetzt veröffentlicht hat.

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In dieser Zusammenfassung heißt es unter anderem: Den Angeklagten Christoph H. und Peter Z. wird in ihrer Eigenschaft als ehemalige Vorstände der Hess AG mit Sitz in Villingen-Schwenningen zur Last gelegt, sie hätten in den Jahren 2011 und 2012 im Hinblick auf den für 2012 geplanten Börsengang den Jahresabschluss zum 31.12.2011 sowie die Konzernzwischenabschlüsse zum 30.06. sowie 30.09.2012 manipuliert, um die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage bewusst der Wahrheit zuwider als zu positiv darzustellen. Tatsächlich wären die Umsätze und Ergebnisse bei wahrheitsgemäßen Angaben jeweils deutlich geringer ausgefallen.

Vorwurf fiktiver Erlöse und Kosten

So seien unter anderem nicht bestehende Umsatzerlöse beziehungsweise fiktive Entwicklungskosten in die Finanzberichte eingestellt worden. Zum Nachweis der der nicht bestehenden Umsätze seien unter anderem Scheinrechnungen beziehungsweise Scheinzahlungen erfolgt, wobei die Einflussnahmen auf die rechnungsstellenden Unternehmen unter anderem durch eine entsprechende Beteiligung der Hess AG beziehungsweise ihrer 100-prozentigen Tochtergesellschaft Hess Lichttechnik GmbH (kurz HLT) erfolgt seien.

„Die Ausführung der Manipulationen soll im Wesentlichen durch den Angeklagten Peter Z. erfolgt sein; der Angeklagte Christoph H. soll über dieses Vorgehen informiert gewesen sein und es zudem gebilligt haben“, heißt es wörtlich.
Dem dritten Angeklagten Ulrich W. werde zur Last gelegt, er sei in seiner Eigenschaft als Alleingeschäftsführer einer GmbH, an der auch die Hess AG Anteile gehalten habe, in das System der Erstellung und Begleichung von Scheinrechnungen zur wahrheitswidrig positiven Darstellung der Finanz-, Vermögens- und Ertragslage der Hess AG „in einem Einzelfall“ eingebunden gewesen.
Außerdem wird den beiden Hauptangeklagten Fälschung des Börsenprospekts der Hess AG vorgeworfen. So heißt des in der Anklage: „Der im Rahmen des Börsengangs ausgegebene und von den Angeklagten Christoph H. und Peter Z. in ihrer Eigenschaft als Vorstände der Hess AG gezeichnete Emissionsprospekt soll unter anderem die wissentlich überhöht dargestellten Umsätze und Ergebnisse enthalten haben. Diese Angaben seien nicht nur im Rahmen des Börsengangs einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht worden, sondern sollen auch Einfluss auf die Bewertung der Aktien gehabt haben.“ Der Emissionspreis der Aktie sei Ende Oktober auf EUR 15,50 festgelegt worden. „Bei Kenntnis der wahren Umsatz- und Ergebniszahlen wäre der Emissionspreis deutlich geringer ausgefallen“, so die Anklage.

Außerdem sollen die beiden Angeklagten Christoph Hess und Peter Ziegler in den Jahren 2011 und 2012 drei Banken durch wahrheitswidrige Angaben, unter anderem durch Vorlage der bei den oben genannten Manipulationen verwendeten Scheinrechnungen dazu gebracht haben, Darlehen in Höhe von 1,5 Millionen, drei Millionen und vier Millionen Euro zu gewähren, mit denen unter anderem Scheinrechnungen beglichen worden seien, um Finanzflüsse vorzutäuschen.

Nachfrage angeblich vorgetäuscht

Des Weiteren sollen die Angeklagten Christoph H. und Peter Z., nachdem die allgemeine Nachfrage nach Aktien im Rahmen des Börsengangs niedriger ausgefallen sei als erhofft und die Absage des Börsenganges gedroht habe, dafür gesorgt haben, dass verbundene Unternehmen mit Geldern der Hess AG Aktien gekauft und damit eine nicht vorhandene Nachfrage vorgespiegelt haben. Dazu seien an zwei Gesellschaften Zahlungen in Höhe von rund zwei Millionen Euro erfolgt.

Die Angeklagten Christoph H. und Peter Z. sollen darüber hinaus im Jahr 2011 den Plan entwickelt haben, eine Gesellschaft zu gründen und diese mit Eigenkapital auszustatten, um diese Gesellschaft anschließend zur Erzeugung von Scheinrechnungen zu verwenden. In ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der HLT (Hess Lichttechnik GmbH) sollen sie veranlasst haben, dass diese neue Gesellschaft im Jahr 2011 ein Grundstück zum Preis von 580.000 Euro erwirbt, wobei die Finanzierung über die Hess KG erfolgt sei. Um dieser Gesellschaft Eigenkapital zuzuführen, soll die HLT von dieser Gesellschaft das Grundstück im Jahr 2012 zum Preis von rund 1,08 Millionen erworben haben. Der HLT sei dadurch ein Schaden in Höhe von 500 000 Euro entstanden.