Der ehemalige Finanzvorstand, den die Staatsanwaltschaft als operative Hauptfigur der angeklagten Manipulationen betrachtet, ging zunächst noch mal ausführlich auf die Firma Evros GmbH ein, der ab 2011 die Aufgabe einer Entwicklungs-Gesellschaft für den Hess-Konzern zugedacht wurde.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war die Gesellschaft die Drehscheibe für Scheingeschäfte und Luftbuchungen, um die Bilanzen des Unternehmens für den geplanten Börsengang aufzuhübschen. Ziegler wiederum beteuerte, deren Kernaufgabe sei es gewesen, die Entwicklungskosten der Hess AG umfänglich zu erfassen, zu strukturieren und abzurechnen. Die Entwicklungskosten, die 2011 und 2012 zwischen drei fünf Millionen Euro im Jahr betragen hätten, seien zuvor von der Hess AG „überhaupt nicht systematisch erfasst worden“. Die Evros GmbH habe diese Lücke geschlossen. Rechnungen über Entwicklungsleistungen gingen von der Hess AG in Villingen über die Evros vor allem an die Hess Licht-Technik nach Löbau, eine reine Produktionsfirma. Aber auch mit anderen Firmen, für die in Villingen angeblich Entwicklungen für Leuchten und andere Produkte geleistet wurden, wurde abgerechnet. Darunter Gießereien wie die AGV in Villingen, die Gießerei im Fichtelgebirge (GIF), an die Firma Vulcan oder Lehner Lichtmanufaktur.
Doch waren diese Rechnungen echt oder fingiert? Peter Ziegler, bestens vorbereitet, äußerte sich hier zu mehreren konkreten Vorwürfen und hatte zu jedem Vorgang eine konkrete Erklärung parat. Allen Rechnungen liege eine entsprechende Leistung zugrunde, etwa die Entwicklung von Guss-Werkzeugen für die Produktion von Leuchten. Es habe keine Scheinrechnungen gegeben. Entsprechende Aussagen von Zeugen wies Ziegler als falsch zurück.
Anschließend fühlte das Gericht dem Angeklagten auf den Zahn. Dabei ging es um die Frage, in welchem Verhältnis die angesprochenen Firmen zur Hess AG standen. Deutlich wurde aus Zieglers Einlassungen, dass die Gießereien von ihrem Auftraggeber Hess AG, die nach einem Brand 2009 über keine eigene Gießerei mehr verfügte, in hohem Maße abhängig waren. Entweder über Aufträge oder direkte Beteiligung und Darlehen. Die Fragen der Richter hatten eine klare Stoßrichtung: Konnte Ziegler die Geldflüsse zwischen der Hess AG und den erwähnen Drittfirmen diktieren und gegebenenfalls manipulieren? Eine Frage, die im weiteren Prozess eine Rolle spielen wird.
Der Hess-Prozess
Im Strafprozess gegen die ehemaligen Führungskräfte der Hess AG, Christoph Hess und Peter Ziegler sowie eine dritte Person, wird den Angeklagten im Zusammenhang mit dem Börsengang 2012 Bilanzmanipulationen, Untreue, Verstoß gegen das Aktiengesetz, Anlegertäuschung, Kreditbetrug und anderes vorgeworfen. Nachdem Anfang Oktober die Anklage verlesen wurde, haben jetzt die Angeklagen das Wort. (est)