Tür auf, der Nächste, bitte. Im Villinger Amtsgericht herrscht an diesem Vormittag ein Kommen und Gehen. Es ist Tag zwei im Strafprozess gegen einen Hausverwalter. 17 Zeugen sind geladen. Einer von ihnen liegt im Krankenhaus. 16 geben sich die Klinke in die Hand, darunter eine Gerichtsvollzieherin, Hausverwalter, mehrere Beiräte aus Eigentümergemeinschaften und der Mitarbeiter einer regionalen Bank.

Weißes Hemd, dunkles Sakko

Während draußen die Frühsommersonne scheint, versucht das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Christian Bäumler im herrschaftlichen Saal 1 zu klären, was in den vergangenen Jahren passiert ist. Auf der Anklagebank: Der Finanzbeamte und Verwalter, Anfang 60. Weißes Hemd, dunkles Sakko, neben sich einen großen Alukoffer, vor sich Aktenordner voller farbiger Klebemarkierungen, neben ihm sein Verteidiger.

Das könnte Sie auch interessieren

Von den Konten verschiedener Wohneigentümergemeinschaften (WEG) von Villingen über Triberg bis nach Hausach soll er – so die Anklage – insgesamt mindestens 600 000 Euro abgezweigt haben.

3000 Euro in Teilzeit

Was auch heute nicht zur Sprache kommt: Warum ein gut verdienender Finanzbeamter – er selbst spricht von netto 3000 Euro in Teilzeit – überhaupt im Nebenerwerb Immobilien verwaltet. Oder warum er augenscheinlich so dringend Geld in großen Mengen benötigte, dass er sich an fremden Konten bedienen musste, wie ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft.

Das könnte Sie auch interessieren

Mehrere Verwaltungsbeiräte verschiedener Eigentümergemeinschaften sagen an diesem Tag aus. Immer wieder geben die Zeugen an: Ja, es gab Barentnahmen von WEG-Konten. Nein, diese seien niemals gebilligt worden. Ebenso wenig wie Überweisungen auf andere Konten.

Untreue und Subventionsbetrug

Da geht es einmal um 16 000 Euro, einmal um 9000 Euro, ein andermal um 25 000 Euro. Die Anklage lautet auf Untreue in 94 Fällen vor, hinzu kommen falsche Versicherung an Eides statt und Subventionsbetrug. Der Angeklagte ist an diesem zweiten Verhandlungstag nicht mehr so gesprächig wie noch vor einer Woche. Da referierte er ausschweifend und wollte der Staatsanwältin schulmeisterlich „Hausaufgaben“ mit auf den Weg geben.

Das könnte Sie auch interessieren

Davon ist heute nicht die Rede. Stattdessen spricht er davon, dass er eigentlich kreditwürdig gewesen sei, ihm seine Hausbank aber im August 2019 keinen Kredit gewähren wollte, um den Schaden zu begleichen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich juristische Folgen für den Mann bereits abgezeichnet. Zwei Eigentümergemeinschaften hatten ihm bereits Zahlungsverbote erteilt, weil Geld fehlte.

Lösungssuche bei der Bank

Am zweiten Prozesstag kommt nun ein weiterer Mitarbeiter der Bank zu Wort. Er ist nach eigener Aussage für Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten zuständig. Gemeinsam mit einem Kollegen habe er mit dem Verwalter in jenem Sommer 2019 ein Gespräch geführt, bei dem es um die Suche nach Lösungen gegangen sei. Auch dieser Zeuge gibt an – ebenso wie sein Kollege am ersten Prozesstag – dass der Verwalter die Unterschlagung von 450 000 Euro eingeräumt habe.

Das könnte Sie auch interessieren

„Nach meiner Auffassung sollten wir ihm dabei helfen, das finanziell zu bereinigen“, sagt der 39-jährige Bank-Betriebswirt. Einen gewünschten Kredit habe man ihm nicht gewährt. Mit Hilfe eines solchen hätte er alle Ansprüche befriedigen können, sagt der Angeklagte. Er habe damals noch über Geld aus einer Erbschaft und eine Immobilie verfügt.

80 000 Euro bar entnommen

Gegen das Kreditinstitut selbst erhebt einer der Zeugen schwere Vorwürfe. Er habe als Privatmann Anzeige gegen die Bank erstattet, gibt der 71-Jährige zu Protokoll. „Kumpanei“, sei da im Spiel, zumal einer der Bankangestellten ein Fußballkollege des Verwalters gewesen sei. Der Zeuge selbst wohnt in einem der ehemals von dem Verwalter betreuten Häuser. Im Dezember 2017 habe der Hausverwalter von dem WEG-Konto 80 000 Euro in bar abgehoben und auf ein anderes Konto einbezahlt. „Das geht doch nicht einfach so am Schalter. Da müssen doch alle Alarmglocken klingeln“, so der Zeuge.

Das könnte Sie auch interessieren

Dass bei der Bank offenbar niemand stutzig wurde, kritisiert auch die Beirätin einer weiteren Eigentümergemeinschaft in ihrer Aussage. Das Gemeinschaftskonto sei bis auf 10 000 Euro abgeräumt gewesen, nachdem es Barentnahmen in Höhe von 45 000 und 50 000 Euro vom Verwalter getätigt habe. „Wir haben der Bank vorgeworfen, dass man uns nicht informiert hat, als so große Summen weggingen“, sagt sie. Die Antwort habe gelautet: Das Konto sei auf den Verwalter gelaufen und er sei verfügungsberechtigt – über große Kontobewegungen müsse man daher nicht informieren.

Grundstück als Wiedergutmachung

In diesem Fall hatte der Verwalter offenbar versucht, Schadensbegrenzung zu betreiben: Nach Aussage der Zeugin bot er schriftlich an, der Eigentümergemeinschaft ein Grundstück zu überschreiben. Dazu sollte es jedoch nicht kommen. Das, klagt der Beschuldigte, habe die Anwältin der Eigentümergemeinschaft am Warenberg verhindert, die zivil- und strafrechtliche Schritte gegen ihn eingeleitet hatte.

Das könnte Sie auch interessieren

Am Mittwoch, 23. Juni, wird weiter verhandelt. Dann wird auch der ermittelnde Kriminalbeamte aussagen.