Diese Begegnung wird Eckhard Günter vermutlich nie vergessen. Wann genau es war, weiß er nicht mehr genau. Der Tennenbronner sitzt in der Gaststätte des Freiburger Möslestadions. Sein Sohn, der heutige SC-Freiburg-Profi und -Kapitän Christian Günter trainiert gerade in der Fußballschule des SCF. Da kommt Eckhard Günter mit einem älteren Mann ins Gespräch. „Er hat mich auf einmal gefragt: Woher kommst du? Aus Tennenbronn?“, erinnert sich Günter. Der Mann, der ihn da anspricht, war in den 80er-Jahren Spielausschuss beim damaligen Oberligisten Freiburger FC und beginnt aufgeregt zu erzählen: „Da war mal ein Spieler aus Tennenbronn, mit dem ich verhandeln wollte. Der wollte nicht einmal mit mir sprechen!“

Der Spieler, von dem der Mann da erzählt? „Das war ich!“, sagt Günter. Das Kuriose: Wäre der junge Eckhard Günter zum Freiburger FC gewechselt, hätte er eine kurze Zeit mit einem gewissen Christian Streich zusammengespielt.

Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt sitzt Eckhard Günter an einem Donnerstagnachmittag zu Hause an seinem Küchentisch in, klar, Tennenbronn. Drei große Ordner hat er neben sich liegen. Darin alle Zeitungsartikel aus seiner Zeit beim FV Tennenbronn. Es gibt Kaffee und Kuchen, während er von seiner aktiven Fußballzeit erzählt. Die kurze Anekdote aus dem Freiburger Möslestadion fasst Eckhard Günters Fußballleben gut zusammen. Egal welche Angebote kamen: Günter blieb dem FVT immer treu – um genau zu sein, ist er es bis heute. „Mich bringt niemand aus Tennenbronn weg“, sagt er.

Eckhard Günter (r.) und sein Bruder Michael Günter in der Aufstiegssaison.
Eckhard Günter (r.) und sein Bruder Michael Günter in der Aufstiegssaison. | Bild: Günter/privat

Zurück zur Anekdote im Möslestadion: Die Zeit, von der der Mann sprach, dürfte etwa Günters erste Landesligasaison gewesen sein. Als junger Spieler steigt er mit den Tennenbronnern auf. Es ist die Saison, an die sich der 59-Jährige am liebsten erinnert. „Die Überlinger sind damals nach Tennenbronn gekommen und waren geschockt, dass wir als Landesligist auf einem Hartplatz spielen“, erzählt Günter und lacht, während er durch die alten Artikel blättert. Zu sehen auch ein Bild von ihm und seinem Bruder Michael aus der Aufstiegssaison. Die beiden spielten gemeinsam bis ins Fußballer-Rentenalter. Heute besuchen sie jedes Heimspiel des SCF.

Das könnte Sie auch interessieren

Das erste Jahr in der Landesliga war eine erfolgreiche Saison, vor allem für den heute 58-Jährigen persönlich: „In meinem ersten Landesligajahr habe ich in 21 Spielen 23 Tore geschossen und habe beispielsweise Angebote vom Freiburger FC und dem Offenburger FV bekommen. Aber mir war bewusst, dass ich es woanders niemals schaffen würde, weil ich Familie und Kameradschaft gebraucht habe.“ Damals habe er von den Angeboten niemandem erzählt. Es gab nie Verhandlungen, wie der Mann aus dem Möslestadion weiß. Denn Ellbogen und Ehrgeiz – davon wollte der junge Günter nichts wissen.

Er bereut seine Entscheidung nicht

Günter hatte aber definitiv Potenzial, um höher zu spielen. Die Oberliga war damals die dritthöchste deutsche Spielklasse und die Klubs wollten ihn haben. Ober es bereut, nicht gewechselt zu haben? „Nein“, antwortet er, ohne zu zögern. „Das haben mich die Leute immer gefragt, aber mir hat nie was gefehlt.“ Auch in die Südbadenauswahl hatte er es geschafft, doch es bestätigte sein Gefühl, lieber in Tennenbronn bleiben zu wollen: „Sechs davon sind Profis geworden, aber ich habe mich da nie wohlgefühlt.“ Eine Erkenntnis, die er heute an seinem Küchentisch noch klarer formulieren kann. Immer wieder erzählt er an diesem Nachmittag, dass ihm das familiäre Umfeld bis heute wichtig ist. Und Familie, das wird im Gespräch immer wieder klar, das ist auch der FVT.

Familie Günter und Tennenbronn: Das gehört zusammen. Schon Eckhard Günters Vater ist seit über 50 Jahren im Verein, auch wenn er nie etwas mit Fußball zu tun hatte. Auch seine drei Brüder und seine Schwester sind im Verein. Seit Jahrzehnten prägen die Günters den Club, besetzen Ämter, trainieren Mannschaften oder stehen selbst auf dem Platz. Das lernte auch sein Sohn Christian früh kennen. Er kann sich auch an die Zeit erinnern, als sein Vater noch auf dem Rasen stand.

Christian Günter ist Leistungsträger beim SC Freiburg.
Christian Günter ist Leistungsträger beim SC Freiburg. | Bild: Tom Weller/dpa

„Ich habe ihm oft bei den Spielen zugeschaut und kann mich auch noch an das ein oder andere Tor erinnern. Ich weiß auch noch, als er seinen einzigen Platzverweis bekommen hat. Das müsste in Ewattingen gewesen sein“, erzählt Christian Günter dem SÜDKURIER und schmunzelt dabei. Auch Papa Günter kann sich an diese Rote Karte erinnern und muss lachen, als er die Worte seines Sohnes hört. „Mich konnten sie oft foulen und ich bin immer ruhig geblieben. Und ich wurde oft gefoult, weil ich schnell war. Aber in Ewattingen hat mich einer zur Weißglut gebracht, der hat mir so oft in die Füße getreten. Und wenn ich mich richtig erinnere, habe ich ihm Dreck nachgeworfen“, erinnert sich Günter und muss wieder lachen.

Eckhard Günter im Trikot des FV Tennenbronn. Über 400 Spiele absolvierte er für die Schwarzwälder.
Eckhard Günter im Trikot des FV Tennenbronn. Über 400 Spiele absolvierte er für die Schwarzwälder. | Bild: Günter/privat

„Er hat sich in der Region auf jeden Fall einen Namen gemacht, weil er sehr viele Hütten geschossen hat“, erzählt sein Sohn Christian Günter. Und den Namen hat er sich über eine lange Zeit erarbeitet. Schon als A-Juniorenspieler sammelte er 1983/84 die ersten Minuten in der Bezirksliga. Mit 36 hängte er die Fußballschuhe an den Nagel. Als Fußballer erzielte er in 456 Spielen 252 Tore für Tennenbronn. Stieg auf, stieg ab, schaffte mal den Klassenerhalt. Später war er zehn Jahre in der Jugendleitung, leitete 25 Jahre die Werbung und das Stadionheft. Außerdem war er 15 Jahre lang Trainer von den Bambinis bis zu den A-Junioren und zwei Jahre Co-Trainer der ersten Mannschaft. Eckhard Günter widmete einen großen Teil seines Lebens dem FV Tennenbronn und dem Fußball.

Der Papa ist das Vorbild von Christian Günter

Und er gab dies auch an seinen Sohn weiter: „Ich bin dem Verein noch absolut verbunden. Wenn ich Zeit habe, dann versuche ich schon, das ein oder andere Spiel noch anzuschauen. Meine drei besten Freunde sind noch in der ersten Mannschaft dabei“, so Christian Günter. Das Familiäre, es scheint auch dem SCF-Profi wichtig zu sein. Freiburg ohne Günter, das kann man sich kaum vorstellen. Vorgelebt hat es ihm sein Vater, zu dem er heute noch aufschaut: „Er ist schon ein großes Vorbild für mich, und jetzt, wo ich selbst Kinder habe, noch viel mehr.“ Druck hat Papa Günter aber nie aufgebaut. „Von mir aus hätte Christian in der B-Jugend wieder zurückkommen können. Ich möchte keinen Druck, das muss von ihm kommen“, sagt Eckhard Günter. Vielleicht hört man deshalb von Christian Günter Wörter wie „Heimatverein“ und „Herzensverein“ wenn er vom SC Freiburg spricht und vielleicht auch irgendwann den Satz: „Mich bringt niemand aus Freiburg weg.“