Es ist ein Ende mit Ansage: Der SWR wird die Laufzeit von Gaby Hauptmanns Gesprächsreihe „Talk am See“ nicht verlängern. Der neue Intendant Kai Gniffke hatte im Sommer angekündigt, die Sendung auf den Prüfstand stellen zu wollen. Die Aussage hatte umso mehr Gewicht, als die in der ehemaligen Stiftskirche St. Johann in Konstanz aufgezeichnete und am späten Samstagabend ausgestrahlte Talkshow die einzige SWR-Produktion war, die Gniffke erwähnte.
Bei aller Kritik: Hauptmann wirkte stets authentisch
Da er zu einer Vertiefung seiner blumigen Aussage („noch nicht da, wo wir hinwollen“) nicht bereit war, ist offen geblieben, was er konkret zu bemängeln hatte. Kritik gab es dafür vereinzelt von anderer Seite. Sie galt sowohl der Auswahl der ausschließlich aus dem Südwesten stammenden Gäste wie auch dem Moderationsstil der Gastgeberin. Im Unterschied zu vielen professionellen TV-Gastgebern wirkte Gaby Hauptmann in ihrem Engagement und ihrer Empathie jedoch stets authentisch.

Großes Manko der Reihe waren und sind die Publikumszahlen, mit denen man beim SWR in der Tat nicht zufrieden sein konnte. Bis zur Sommerpause hatte die am 11. Mai gestartete Reihe im Schnitt 124 000 Zuschauer, wobei die Schwankungen zum Teil erheblich waren. Die zehn Frühjahrsausgaben erzielten im Sendegebiet des SWR einen Marktanteil von gut drei Prozent.
Ein Zwischenergebnis, über das auch die Moderatorin nicht glücklich war, selbst wenn sie wusste, dass die enttäuschende Resonanz nicht allein mit der Sendung zu hatte: Die Anfangszeiten variierten zum Teil um bis zu 100 Minuten, außerdem gab es an einigen Samstagen starke Konkurrenz.
Zum Start der zweiten Halbzeit hatte Hauptmann noch gesagt, jede neue Sendung brauche „Geduld und Zuversicht“, und beides habe sie. Schon damals verdichteten sich allerdings die Anzeichen, dass nicht jeder beim Sender diese Haltung teilte. Nach dem Ende der Sommerpause im September hatten einige Ausgaben weniger als 50 000 Zuschauer. Der Schnitt liegt immerhin bei 122 000.

Keine Krokodilstränen, sondern echtes Bedauern
Während wohlklingende Aussagen bei angeblich einvernehmlichen Trennungen oftmals wie Krokodilstränen wirken, ist das Bedauern in den Abschiedssätzen von Christoph Hauser vermutlich echt; der SWR-Programmdirektor für den Bereich Information stand hinter „Talk am See“.
Der Sender habe mit der Reihe bewusst etwas Neues probiert „und dabei inhaltlich auf eine leichtere und buntere Farbe gesetzt“. Man sei froh, dass Hauptmann „als temperamentvolle Gastgeberin“ gewonnen werden konnte. Er dankt ihr für ihren Mut, sich auf das Experiment eingelassen zu haben – „und für Ihr kämpferisches Engagement“.

Die Gründe für das Scheitern der Sendung sieht die in Allensbach lebende Schriftstellerin und Moderatorin im schwierigen Sendeplatz. „Es hat sich in den vergangenen Wochen dann gezeigt, dass es sehr schwierig ist, gegen Fußball oder ARD-Familienshows wie letzten Samstag mit Kai Pflaume anzukommen“, so Hauptmann auf Anfrage des SÜDKURIER. Zumal, wenn die Sendezeit ständig variiere und der Zuschauer nie wisse, wann „Talk am See“ eigentlich beginnt. Hauptmann zieht dennoch ein positive Lehren aus dem Experiment: Die Stiftskirche sei eine wunderbare Location und das Format mit seiner Mischung aus Menschen wie du und ich und einem Prominenten funktioniere. „Authentisch, anders, privat – das war uns wichtig“, so Hauptmann. Die Reaktionen der Gäste im St. Johann bestätigten ihr das: „Alle fühlten sich gut abgeholt, waren von dem familiären Rahmen überrascht und würden – nach eigenen Aussagen – jederzeit wiederkommen.“
Jetzt haben die Bücher wieder Vorrang
Bei allem Bedauern über das Sende-Aus freut sich die Allensbacherin nun über mehr Zeit. Den wöchentlichen Rhythmus sei schwer durchzuhalten gewesen. Neben der gründlichen Vorbereitung sei sie zu nichts mehr gekommen. Das soll künftig wieder anders sein. Am 7. Dezember wird der SWR die 23. und letzte Ausgabe von „Talk am See“ ausstrahlen. Nach dem Weihnachtsurlaub wird Hauptmann an ihren Schreibtisch zurückkehren, „um das zu tun, was ich in den vergangenen sechs Monaten vernachlässigt habe: mich um meine Bücher zu kümmern.“