Im Schloss Bonndorf hat Susanna Heim, Kulturreferentin des Kreises Waldshut, die Erfolgsautorin Gaby Hauptmann begrüßt. Sie traf sich dort in der Reihe „Ein Mensch und drei Bücher“ zu einem Literaturgespräch mit Johannes Bruggaier, dem Leiter der Kulturredaktion des SÜDKURIER in Konstanz. „Die Idee bei dieser Veranstaltungsreihe ist“ – so Susanna Heim – „dass wir über ausgewählte prägende Lektüre unseres Gastes auch mehr über den Menschen dahinter erfahren.“ Bruggaier ergänzte: „Vielleicht können wir bei den vorgestellten Büchern aus drei Lebensphasen auch einen roten Faden suchen.“
Gleich vorneweg: Für die Besucher wurde es ein höchst anregender, geistvoller und auch amüsanter Abend. Und über allem lag ein Hauch von Glamour. Das lag sicherlich an der selbstbewussten, unbekümmerten Ausstrahlung der Autorin und den geistvollen Plaudereien mit ihrem Interviewer.
Die „Struwwelliese“
Unterschiedlicher könnten die drei ausgewählten Bücher nicht sein: Als Kind liebte Gaby Hauptmann vor allem die „Struwwelliese“ von Greifoner/Schmitt, kurz vorgestellt von Bruggaier. In den 50er/60er Jahren war das Vorbild das brave, ordentliche Mädchen. Nicht so bei der Struwwelliese. „Das war für mich befreiend“, so Gaby Hauptmann. Bruggaier fragte: „Und vielleicht auch Ausgang für die weibliche Rebellion in Ihren späteren Büchern?“ Die Antwort: „Auf jeden Fall beeinflusste es mich bei dem Bild der neuen selbstbewussten Frau in den 90er Jahren.“ Gaby Hauptmann gibt sich schlagfertig und witzig, ergänzt das Gespräch mit Anekdoten und eigenen Erlebnissen.
„Die Weber“
Ganz anders dann ihr zweites von Johannes Bruggaier vorgestelltes Buch „Die Weber“ von Gerhart Hauptmann. Bei diesem sozialen Drama aus dem 19. Jahrhundert engagiert sich Gaby Hauptmann leidenschaftlich. Denn sie findet damit den Brückenschlag zu heutigem Konsumverhalten und den coronabedingten Berufsverboten etwa für Künstler: „Ich war nach dieser Lektüre geschockt und sensibilisiert für meine Erlebnisse als Reiseredakteurin in Taiwan oder Indien, wo Arbeiter noch heute unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen.“ „Jetzt sind wir in einer wirklich politischen Debatte“, so Bruggaier.
„Das fliehende Pferd“
Das dritte ausgewählte und vorgestellte Buch ist von Martin Walser „Das fliehende Pferd“. Gaby Hauptmann zieht für sich daraus die Lehre: „Stell dich nie vor ein fliehendes Pferd. Aber nimm die Kraft mit.“ Und sie ergänzt ihre Meinungen mit eigenen Erfahrungen, erzählt farbig, wie es zu der Freundschaft und Fast-Nachbarschaft mit Martin Walser kam oder von Filmbegegnungen etwa mit der Schauspielerin Christiane Hörbiger, die sie sehr bewundert.

Sie fragt erschrocken: „Haben wir noch so viel Zeit?“ Johannes Bruggaier kontert amüsiert: „Man nehme Ihre Buchtitel und die Anekdoten kommen von allein.“ Das Publikum dankte herzlich für diesen intensiven Abend, stellte eigene Fragen und konnte abschließend nicht nur die drei ausgewählten Bücher der Autorin („Struwwelliese“, „Die Weber“ und „Das fliehende Pferd), sondern auch ihre eigene Bücher kaufen und signieren lassen.