Vor einigen Wochen wurde bekannt, dass im Zuge der Elektrifizierung der Hochrheinstrecke der Bahnhof in Grießen außen vor bleibt. Nach wie vor sollen außerdem nur zu Zeiten die Züge in Grießen halten, die allenfalls für Schüler attraktiv sind. Auch ein barrierefreier Ausbau des Bahnhofs ist offenbar nicht geplant.
Derartige Entwicklungen sind Wasser auf die Mühlen derjenigen Grießener, die befürchten, dass ihr Dorf mit immerhin 2000 Einwohnern – Tendenz steigend – zu einem reinen „Wohn- und Schlafdorf“ verkommt.
Jüngst sorgte dann auch noch die Schließung der Arztpraxis bei vielen für Unmut. Besonders bei älteren Menschen, die nicht mehr mobil sind. Ihnen stehen zukünftig längere, mühsame Wege bevor, wenn sie in diesen Zeiten überhaupt einen neuen Hausarzt finden.
Die zweite Arztpraxis, eine Nebenstelle der Hohentengener Praxis Nowizki, hält im Ort wacker die Stellung und hat viele Patienten der geschlossenen Praxis Hera aufgenommen. Aber so erklärt die Medizinische Fachangestellte Daniela Joos: „Wir können keine neuen Patienten mehr aufnehmen, es herrscht Aufnahmestopp, wir sind am Anschlag“.

Der Ärztemangel auf dem Land ist sicherlich ein wichtiges Thema, das für die Kommunen eine große Herausforderung darstellt. Dazu kommen die noch nie da gewesenen Herausforderungen, verursacht durch die Pandemie.
Heike Rutschmann, die in Grießen einen Blumenladen betreibt, kann davon ein Lied singen. Sie räumt ein, vieles sei sicherlich der Corona-Krise geschuldet, „aber bei uns in Grießen war schon zuvor nicht alles eitel Sonnenschein.“
Und sie zählt auf: „Die Schließung der Volksbankfiliale, nur noch Bankautomaten für Ein- und Auszahlungen, der hiesige Bäcker geht bald in den Ruhestand, wie geht es dort weiter? Von der Bahn ganz schweigen.“. Und sie erzählt von verzweifelten Kunden, die keinen Arzt mehr finden. „Was kommt als Nächstes?“, fragt sie.

Geblieben sind in Grießen neben der Apotheke und der Bäckerei noch der Lebensmittelmarkt. Am Dienstagmorgen sind dort jedoch nur zwei Kunden und drei Mitarbeiter anzutreffen. „Es könnten schon etwas mehr Kunden sein“, findet die Verkäuferin Barbara Weber, das meint auch Kirsten Albrecht, die gerade ihre Einkäufe hier tätigt.
„Ich versuche, so oft wie möglich hier einzukaufen, aber seitdem die Post geschlossen wurde, muss ich halt öfters nach Erzingen und dann kaufe ich auch dort ein“, sagte sie. Überhaupt sei die Schließung der Postfiliale für Grießen ein großer Verlust.
Das was vor Ort noch vorhanden ist, das müsse man unbedingt unterstützen, findet Kathrin Kern und mag sich nicht vorstellen, wenn der Lebensmittelladen schließen würde.
„Alles was ich im Grießener Laden bekomme, kaufe ich auch dort“, erklärt sie. Mit der fehlenden Infrastruktur geht für sie ein wichtiges Stück der Seele des Dorfes, der Dorfgemeinschaft verloren. Zwar könne Grießen noch die klassischen Dorf-Gasthäuser vorweisen, fügt sie an, aber auch diese wichtigen sozialen Treffpunkte könnten nicht alles auffangen. Was also tun?
„Vor sich hin schimpfen bringt nichts“, erklärt sie vehement und nimmt die Gemeinde in die Pflicht. Es müsse endlich etwas passieren. Sie stelle sich eine „Zukunftswerkstatt“ vor, die die Ideen und Interessen der Bevölkerung gemeinsam mit der Gemeinde bündelt. Auch die Wiedereinführung von Bürgergesprächen in den Ortsteilen sei eine Möglichkeit.
Wie beurteilt Bürgermeister Ozan Topcuogullari die Lage?
„Die Gemeinde ist in diesen wichtigen Themen nicht untätig“, sagt Bürgermeister Ozan Topcuogullari. Doch zugleich liege nicht alles in der Hand der Gemeindeverwaltung. Auf viele Dinge habe die Kommune keinen Einfluss, sondern werde lediglich informiert. Manche Entwicklungen seien auch allgemein, und könnten nicht einfach aufgehalten werden, führt er in einem Video-Statement näher aus.
Dennoch hat er auch einige gute Nachrichten: Noch bestehe die Möglichkeit, dass der Bahnhalt Grießen im Zuge der Elektrifizierung ebenfalls zum Zuge komme. Entsprechende Anfragen bei der Bahn laufen. „Wir erhalten in dieser Angelegenheit Unterstützung aller Abgeordneten der Region“, so Topcuogullari.
Um die Ärzteversorgung in Klettgau insgesamt und damit auch in Grießen zu verbessern, stehe man in Kontakt mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Hier werde es weitere Gespräche geben, wie Klettgau die Kassenärztliche Vereinigung in ihrer Aufgabe der medizinischen Versorgung der Bevölkerung unterstützen können. Zudem liefen Gespräche mit der Post, in Grießen wieder eine Poststelle zu betreiben. „Ich denke, die Post und Gemeinde werden sich hier einig“, erklärt der Rathauschef abschließend.