Gaststätten sind geschlossen, große Feste gibt es nicht. Das beliebteste alkoholische Getränk der Deutschen fließt nicht mehr in Strömen. Die Brauereien leiden besonders unter dem durch die Corona-Pandemie verursachten Einbruch des Fassbiermarkts. Wie es aus einem von über 300 Brauereien unterzeichneten offenen Brief an die Politik ersichtlich ist.
Auch regionale Unternehmen betroffen
Auch die Brauereien in der Region sind davon betroffen. Wir haben nachgefragt. Die Brauerei Waldhaus in der Gemeinde Weilheim im Landkreis Waldshut und die Schweizer Großbrauerei Feldschlösschen bei Rheinfelden auf der anderen Seite des Rheins schildern die Lage.
Brauerei Waldhaus bleibt optimistisch
Die Brauereien sind stark von der Gastronomie und von den vielen Veranstaltungen abhängig. So viel steht fest. Deshalb ist ein Absatzrückgang vor allem beim Fassbier unvermeidlich gewesen. „Die beiden Lockdowns führten dazu, dass bis Ende Dezember in der Gastronomie bereits Umsatzverluste im siebenstelligen Bereich entstanden“, beschreibt Tanja Blum von der Abteilung Werbung und Kommunikation der Privatbrauerei Waldhaus, auf Nachfrage.
Start mit einem Minus von 21 Prozent
Auch das neue Jahr sei in den beiden ersten Monaten mit einem Minus von 21 Prozent gestartet. Von Januar bis zum Dezember 2020 habe die Brauerei im Bereich der Gastronomie und der Feste einen Absatzrückgang von fast 50 Prozent hinnehmen müssen.
Ein kleiner Lichtblick: Laut Blums Beschreibung würden die Menschen vermehrt zu hochwertigen Produkten im Lebensmitteleinzelhandel und Getränkefachgroßhandel greifen. Beim Flaschenbier stellt die Waldhaus-Brauerei ein überproportionales Wachstum fest. Trotz Corona-Krise verkaufe das Unternehmen nach wie vor Fassbier. Blum: „Aber der Anteil am Gesamtabsatz bewegt sich im einstelligen Prozentbereich.“ Es fließt mehr Bier in den Lebensmitteleinzelhandel, weniger in Getränkefachgroßhandel.
Kurzarbeit, aber keinen Mitarbeiter entlassen
Die Brauerei war gezwungen, Kurzarbeit einzuführen. Das Unternehmen stockte jedoch den Betrag für die Mitarbeiter freiwillig auf 90 Prozent auf. „Damit wollen wir unserer Verantwortung als Arbeitgeber gerecht werden“, sagt Blum. Entlassen wurde keiner.
Waldhaus blickt trotz der Krise positiv nach vorne. Die Umsatzeinbrüche hätten zwar zu einem harten Investitionssparkurs geführt. „Aber wir sehen auch, dass Corona den Trend zu regional, ehrlich produzierten Produkten verstärkt hat“, beschreibt das Unternehmen, „wir glauben, dass dieser Trend auch nach der Krise anhält, wenn nicht sogar weiter wachsen wird.“
Trend gibt Anlass zum Optimismus
Die Vergangenheit habe gezeigt, dass nach einer Wirtschaftskrise die „emotional aufgeladenen Qualitätsmarken“ stärker wachsen würden als Standardbiere und „Billigheimer“. Blum: „Die Verwendung von 100 Prozent Naturhopfen sowie die Auszeichnungen wie das ‚World‘s Best Pilsener‘ im vergangenen Jahr für das Waldhaus Diplom Pils tragen sicherlich zu unserem positiven Ausblick bei.“
Feldschlösschen passt Planung fortlaufend an:
Auch die zur dänischen Carlsberg-Gruppe gehörende größte Brauerei und der Getränkehändler in der Schweiz mit dem Namen Feldschlösschen spürt die Auswirkungen der Corona-Pandemie. „Die Pandemie bedingten Einschränkungen des sozialen Lebens hatten im vergangenen Jahr, auch jetzt noch, starke Auswirkungen auf wichtige Kundensegmente“, schreibt Gaby Gerber, Leiterin Unternehmenskommunikation. Die Marktsituation haben beim Jahresergebnis 2020 Spuren hinterlassen.
Detailhandel kompensiert nur einen Teil
Die Situation habe zu einem Rückgang bei Umsatz und Volumen beim Bier und bei den Getränken geführt. Der Absatz bei Bier und Getränken sei 2020 um 14 Prozent gesunken, der Umsatz sei um 18 Prozent zurück gegangen. Die Einbußen beim Bierabsatz beziffert Feldschlösschen auf sechs Prozent. Gerber: „Die Rückgänge sind auf die starke Verankerung von Feldschlösschen in der Gastronomie und im Eventbereich zurückzuführen.“ Am stärksten sei der Rückgang beim Fassbier. Auch das Flaschenbier sei davon betroffen. Der Detailhandel könne nur einen Teil des verlorenen Volumens kompensieren.
Das Unternehmen versucht, Bierverluste möglichst zu vermeiden. Laut den Schilderungen richte es Planung und Herstellung an den aktuellen Gegebenheiten aus. Sie spricht von einer rollierenden Planung. Schon beim Ausbruch der Corona-Pandemie habe Feldschlösschen mit einer Szenarienplanung gearbeitet. „Das tun wir weiterhin“, sagt Gerber. Man versuche, Ausschuss zu vermeiden.
Mehr alkoholfreie Biere nachgefragt
Auch bei Feldschlösschen gibt es positive Signale. Einen Trend nach oben habe es bei den alkoholfreien Bieren sowie bei den Craft- und Spezialitätenbieren gegeben. Gerber klingt kämpferisch: „Nach wie vor ist die Marke Feldschlösschen klar das meist verkaufte Bier in der Schweiz.“
Die Corona-Krise habe sich nicht die Personalsituation ausgewirkt. Das Unternehmen versuche, seine Mitarbeiter mit einem Flexibilisierungsprogramm in verschiedenen Bereichen einzusetzen.
Die Staatsbrauerei Rothaus äußerte sich mit Hinweis auf die bald stattfindende Hauptversammlung nicht zur aktuellen Lage. Auch von der Lasser-Brauerei in Lörrach gab es keine Stellungnahme. Allerdings gehört Lasser zu den über 300 Brauereien, die einen vom deutschen Brauerbund und Verband Private Brauereien gemeinsam formulierten offenen Brief an die Politik, unterschrieben haben. Die Betriebe stünden für rund 95 Prozent des in Deutschland gebrauten Biers. Der Brief auf den Internetseiten der beiden Verbände veröffentlicht.
Offener Brief der Brauereiverbände
In diesem Brief weisen die Verbände auf die Notlage hin. Immer mehr Brauereien, Brauereigaststätten und Fachgroßhändler würden von Woche zu Woche unverschuldet in existenzielle Not geraten und seien von der Insolvenz bedroht. Die Brauwirtschaft sei seit jeher der engste Partner der Gastronomie und sei deshalb von den Schließungen besonders hart getroffen.
Wirtschaftliches Fundament bröckelt
„Mit den Lockdowns und dem dadurch ausgelösten Zusammenbruch des Fassbiermarkts haben die Brauereien von einem Tag auf den anderen einen maßgeblichen Teil ihres wirtschaftlichen Fundaments verloren. Ware im Wert von vielen Millionen Euro, deren Haltbarkeitsdatum überschritten wurde, musste bereits vernichtet werden“, heißt es wörtlich.
Flaschenbier fängt Verluste nicht auf
Der margenschwache Flaschenbierabsatz im Handel könne die massiven Umsatzverluste im Gastgewerbe und die Einbußen beim Export nicht annähernd auffangen. Je stärker ein Betrieb mit Gastronomie- und Veranstaltungsgeschäft verbunden sei, desto gravierender sei der Umsatzeibruch.
Staatliche Hilfe gab es für Brauereien bislang nicht. Die 1500 deutschen Brauereien seien bis auf wenige Ausnahmen leer ausgegangen. Sie fordern nun schnelle Hilfe.
Hilfe für Brauereigaststätten
Inzwischen informierte das Büro der Parlamentarischen Staatssekretärin und SPD-Bundestagsabgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter in einer Pressemitteilung, dass der Zugang zu den November- und Dezemberhilfen für die vielen mittelständischen Brauereien mit angeschlossenen Gaststätten verbessert und vereinfacht werden.
Abgelaufenes Fassbier abschreiben
Zumindest der Gaststättenanteil sei künftig, unabhängig von den Umsätzen des restlichen Unternehmens, antragsberechtigt. Weiterhin gelte: Brauereigaststätten könnten abgelaufenes Fassbier, analog zu den Warenwertabschreibungen des Einzelhandels für Saisonware und verderbliche Ware, abschreiben. Vermutlich stellt das die Brauereien jedoch nicht zufrieden.