Sieben Monate lang mussten die Gaststätten wegen der der Corona-Pandemie ihre Pforten zwangsweise geschlossen halten. Zwar wurden daraus entstehende Einnahmeausfälle durch staatliche Förderprogramme kompensiert. Diese kamen aber in vielen Fällen zu spät und nach Einschätzung von Experten nicht in ausreichendem Maße. Groß war die Sorge, dass ein regelrechtes Restaurantsterben einsetzen könnte.
Alexander Hangleiter, Geschäftsführer der Freiburger Dehoga-Geschäftsstelle, erklärt, dass aktuell noch keine konkreten Zahlen vorgelegt werden könnten, wie viele Betriebe tatsächlich dauerhaft wegen Corona geschlossen haben: „Auch statistische Werte wären mit Vorsicht zu genießen, weil in Betriebsstätten, in denen ein Gastronom aufgegeben hat, ein Nachfolger eingezogen sein könnte.“
Klar sei aber, dass vom nahezu siebenmonatigen Lockdown besonders Betriebe betroffen seien, die sich an Gruppen ausländischer Gäste, an Veranstalter, an Tagungen, Kongressen und Messen orientierten. Ganz abgesehen davon seien natürlich insbesondere Clubs und Diskotheken betroffen, die durchgehend seit Beginn der Pandemie geschlossen seien, so Hangleiter weiter.
Für dauerhafte Schließung gibt es zahlreiche Gründe
Dabei seien die eigentlichen Gründe für die letztlich dauerhafte Schließung von Lokalen durchaus unterschiedlich. Es gebe Berichte von Wirten, die fünf Jahre vor ihrem geplanten Ruhestand frühzeitig aufgeben, sagt Hangleiter: „Wir haben Hinweise von Betrieben, die keine Darlehen erhalten hatten, beispielsweise weil sie Altschulden hatten oder weil sie noch nicht lange am Markt waren und daher keine stabilen Erfahrungswerte vorweisen konnten.“
Teilweise habe die Schließung zu erheblichen Spannungen zwischen Verpächtern und Pächtern geführt.
Inzwischen werde aus einigen Teilen des Landes auch gemeldet, dass vereinzelt Betriebe aufgrund personeller Probleme nicht weitermachen können, etwa weil Mitarbeiter während des Lockdowns abgewandert seien und nicht mehr zur Verfügung stünden.
Personalmangel macht sich immer stärker bemerkbar
Überhaupt hätten viele Mitarbeiter aufgrund der langen Zeit der Kurzarbeit die Branche verlassen, schildert Hangleiter ein Problem, das dem Hotel- und Gaststättensektor zunehmend zu schaffen macht: „Der Mangel an Mitarbeitenden ist erheblich. Gastwirte versuchen die Arbeit abzufangen, was zu erheblichen Mehrbelastungen in deren Person führt.“ Wo aber keine neuen Mitarbeiter nachkommen, werde ein Wachstum erheblich beschränkt, mit nachteiligen Folgen für den Tourismusstandort.
Bereits vor der Corona-Krise habe sich abgezeichnet, dass die einst wachsende Branche erheblich unter Mangel von Nachwuchs und Mitarbeitenden zu leiden hat. Der Mangel an Mitarbeitern wird für die Branche deshalb eine erhebliche Herausforderung bedeuten.
„Der Mangel an Mitarbeitenden ist erheblich. Gastwirte versuchen die Arbeit abzufangen, was zu erheblichen Mehrbelastungen in deren Person führt.“Alexander Hangleiter, Dehoga Freiburg
Der Dehoga geht hier mit seiner Kampagne „Wir-Gastfreunde.de“ im Bereich der Berufsbildung für die Berufe des Gastgewerbes in die Offensive. Hier werde auch informiert über Entwicklungsmöglichkeiten in der Branche und dargestellt, wie schön die Berufe im Gastgewerbe sind. Zahlreiche Betriebe investieren erheblich in die Wertschätzung ihrer Mitarbeiter .
Trotz allem sei aber schwer absehbar, ob es eine Zuwanderung in die Berufe des Gastgewerbes geben wird.
Von „Normalbetrieb“ noch weit entfernt
Die weiterhin geltenden Beschränkungen wie Abstandsregelungen oder Teilnehmerbegrenzungen führen weiterhin unmittelbar zu geringeren Auslastungen in den Gastro-Betrieben, was in vielen Sparten auf Kosten der Wirtschaftlichkeit gehe. Noch immer fehlen größere Veranstaltungen. Noch immer fehlen aufgrund geltender Reisebeschränkungen und Quarantäneregelungen Gäste aus dem Ausland. Noch immer bleibt die Ungewissheit, ob nun wirklich alles offen bleibt, oder ob es bei einer erneuten Zunahme des Infektionsgeschehens wieder zu einem Lockdown kommen könnte. „Corona ist noch lange nicht weg. Von Normalbetrieb sind wir derzeit noch weit entfernt“, schildert Alexander Hangleiter.
Dass auch die Resonanz der Gäste „ambivalent“ sei, mache die Sache nicht besser Die meisten Menschen seien froh, dass die Lokale wieder geöffnet seien, und dass sie sie mit einem Besuch unterstützen könnten, so Hangleiter. Immer wieder müssren die Gastwirte aber Verständnislosigkeit oder Verärgerung von Gästen über die staatlichen Regelungen aufgefangen und abpuffern.
Reiz der eigenen Gaststätte bleibt
Aber aller Schwierigkeiten zum Trotz: Auch während des Corona-Lockdowns verwirklichten viele Jung-Gastronomen ihren Traum vom eigenen Lokal. Und etliche „Alteingesessene“ investierten tüchtig in Modernisierung und Umbaumaßnahmen. Denn unterm Strich bleibe die Branche einfach reizvoll: „Gastgeber zu sein macht Spaß. Es ist eine Freude, für andere da zu sein und Dank und Begeisterung für die eigene Leistung zu empfangen.“
Gerade während des ersten Lockdowns hätten viele Menschen bemerkt, welch wichtigen Stellenwert das Kulturgut Gastronomie in unserer Region einnehme, ist Hangleiter überzeugt. Aus den Erfahrungen der Alteingesessenen lasse sich ablesen, dass es sich lohne, in das Gastgewerbe zu investieren.
„Die Investitionen zeigen, dass es begründete Hoffnung gibt, dass Betriebe mit einem guten Fundament auch Krisen überstehen“, erklärt der Dehoga-Geschäftsführer. Durch die – wenngleich unfreiwillige – Abwesenheit von Gästen, seien Baumaßnahmen wesentlich einfacher zu bewerkstelligen gewesen.
Perspektiven: Abhängig vom Impffortschritt
In der Tourismus-Hotellerie zeichnet sich ab, dass Urlaub im eigenen Land durchaus gefragt ist. Für den Beherbergungssektor in touristischen Bereichen sehe es ganz gut aus. Der Faktor Wetter ist natürlich für eine nach draußen strebende Gastronomie eine große Unbekannte und hat auch in diesem Sommer bereits viel Nachfrage gedämpft.
Im Bereich der größeren Veranstaltungen, Tagungen und Kongresse, ist noch erheblich Spielraum nach oben. „Und für Clubs und Diskotheken würden wir uns eine Perspektive wünschen, die einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglicht“, betont Hangleiter.
Ob es zu einem weiteren Lockdown kommen wird, sei ungewiss. Wie die Gastronomie damit zurecht käme ebenfalls. „Aber auch einen ersten oder zweiten Lockdown hatten wir uns zuvor wahrscheinlich niemals vorstellen können“, sagt Alexander Hangleiter. Letztlich gebe es aber nur einen Weg, Planungssicherheit zu schaffen: Eine möglichst große Zahl an Menschen müsse sich impfen lassen, um die Auswirkungen der Pandemie in den Griff zu bekommen.