Was ist attraktiver: 49 Euro für ganz Deutschland oder 84,60 Euro für das Netzgebiet des Waldshuter Tarifverbunds WTV? Die Antwort liegt auf der Hand. 49 Euro kostet das Deutschland-Ticket. 84,60 Euro sind es seit dem 1. August beim „WT Ticket“ für die maximale Abdeckung im WTV.

So war‘s vor dem 1. Mai 2023

Das günstigere, weil auf eine Person beschränkte Monatsticket des WTV war vor dem 1. Mai 2023 der Hit für alle Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Verkehrs im Kreis Waldshut, mal abgesehen für die Zeit des 9-Euro-Tickets im Sommer 2022.

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Und dann kam das Deutschlandticket

Aber dann, eben zum 1. Mai 2023, wurde alles anders: Das Deutschlandticket kam, schlug ein wie eine Bombe und brachte das bisherige Tarifgefüge im Kreis zum Einsturz. Gegen das 49-Euro-Billet war gerade das personalisierte, nicht übertragbare „WT-Ticket“ chancenlos. Warum sich für mehr Geld regional begnügen, wenn einem für weniger ganz Deutschland offensteht?

Diese WTV-Tickets verlieren an Bedeutung

Auch das vom Arbeitgeber bezuschusste „WT-Job-Ticket“ brach auf breiter Front ein. Denn das Deutschlandticket in der Job-Variante ist ja auch unschlagbar günstig, kostet dank staatlichem Rabatt statt der 49 nur 46,55 Euro. Und mindestens 25 Prozent, also wenigstens 12,25 Euro, legt der Arbeitgeber nochmals drauf – großzügigere noch mehr.

„Der Anteil ‚WT-Tickets‘ und ‚WT-Job-Tickets‘ liegt heute quasi bei null“, sagt WTV-Geschäftsführer Lothar Probst. Der Verkauf von Einzelfahrscheinen sei um rund ein Drittel eingebrochen. Beim Verkehrsverbund Lörrach (RVL) traf es vor allem das Monatsticket „RVL-Abo“, aber auch Einzelfahrscheine, Mehrfahrten- und Tageskarten, wie RVL-Geschäftsführer Frank Bärnighausen erklärt.

Was ändert der Preis von 58 Euro?

Inzwischen steht fest: Das Deutschlandticket kostet ab 2025 58 statt 49 Euro. Probst geht davon aus, dass „die große Masse dem Ticket treu bleibt, dafür ist es immer noch zu günstig.“ Bärnighausen denkt das auch und sagt, dass es auch mit 58 Euro immer noch „mehr als günstig“ sei.

Auch der Verkauf von Einzelfahrkarten ist beim WTV mit Einführung des Deutschlandtickets enorm eingebrochen.
Auch der Verkauf von Einzelfahrkarten ist beim WTV mit Einführung des Deutschlandtickets enorm eingebrochen. | Bild: Wagner, Hans

RVL und WTV drehen an der Preisschraube

Womöglich wäre die Wechselstimmung größer, hätten nicht RVL und WTV auch an der Preisschraube gedreht – und das schon zum 1. August 2024. Um im Schnitt 5,3 Prozent wurde es beim RVL teurer, um 6,1 Prozent beim WTV. So sind die 84,60 Euro für das „WT-Ticket“ schon der neue Preis. Beide begründen es mit Mehrkosten bei Personal und Energie und den durch das rundweg günstigere Deutschlandticket verursachten Mindereinnahmen.

So viele Deutschlandtickets sind verkauft

Beide Verbünde haben auch selbst Deutschlandtickets verkauft: 2400 der RVL, 4000 der WTV. Wie viele Deutschlandtickets total in den Kreisen Lörrach und Waldshut im Umlauf sind, ist unbekannt. Über die, die bei der Bahn oder anderen Tarifverbünden abonniert wurden, gibt es keine Zahlen.

Beim Jugend-Ticket gibt es genaue Zahlen

Beim „Deutschlandticket Jugend BW“ aber weiß man‘s annähernd genau: 12.500 davon hat der RVL, 13.000 der WTV verkauft. Das Angebot für Schüler, Studenten und Azubis gibt es seit 1. Dezember 2023 und kostet nur 30,42 Euro monatlich – auch das unschlagbar gegenüber den bisherigen Monatskarten von RVL und WTV.

Manche regionale Produkte sind weniger betroffen

Aber auch wenn das Deutschlandticket eingeschlagen hat: Manche regionale Produkte hat es weniger stark erwischt, beim WTV zum Beispiel das „WT-Superticket“. Das ist übertragbar und berechtigt an Wochenenden und Feiertagen zur Gratis-Mitnahme eines weiteren Erwachsenen und von Kindern bis 14 Jahren, was beim Deutschlandticket nur bis sechs Jahren möglich ist.

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Grenzüberschreitende Angebote weiter nachgefragt

Eine Nische sichern konnten sich auch die grenzüberschreitenden Angebote, die das 49-Euro-Ticket nicht abdeckt. Beim WTV ist es das „Hochrhein-Ticket“, das Fahrten ins Netz des Aargauer und Solothurner Tarifverbunds „A-Welle“ einschließt. Beim „RVL-Abo“ wären die Einbrüche wohl noch größer gewesen, wäre es nicht auch grenzüberschreitend im Bereich des Tarifverbunds Nordwestschweiz (TNW) gültig, vor allem für Fahrten nach Basel Badischer Bahnhof und Basel-SBB.

„Dies ist für eine Vielzahl unserer Kunden, für Grenzgänger, sehr wesentlich und der preisliche Unterschied zum Deutschlandticket ist gering“, sagt Bärnighausen. Grenzüberschreitend ist auch das RVL-Angebot „Regio-Card Plus“, das sogar das gesamte Schweizer TNW-Gebiet einschließt, also Basel-Stadt und -Land sowie das Fricktal im Aargau. Aber laut Bärnighausen hat es eine weniger große Bedeutung.

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So sehen sie die Zukunft des Deutschlandtickets

Für 2025 ist die Fortexistenz des Deutschlandtickets gesichert. Aber wie es danach weitergeht, steht in den Sternen. Weiter, fürs gleiche Geld? Anstieg auf 80 Euro? Abschaffung? Probst und Bärnighausen wissen es nicht. Sie wissen nur eins: Sie werden ihre regionalen Preise und Tarife vorerst weiterhin anbieten, auch wenn diese aktuell kaum mehr gefragt sind.

„Perspektivisch wird jedoch eine Überarbeitung oder auch Verschlankung des RVL-Portfolios geprüft“, kündigt Bärnighausen an. Voraussetzung hierfür sei eine „verlässliche und dauerhafte politische Finanzierung des Deutschlandtickets.“ Auf, dass es auch noch über 2025 hinaus existiert.