Die Corona-Pandemie und die Maßnahmen zu deren Eindämmung haben am Hochrhein massive Auswirkungen gezeigt – und noch auf unbestimmte Zeit, wird Corona in vielen Bereichen für Einschnitte und Unwägbarkeiten sorgen. Davon ist Horst Eckert, Leiter der Arbeitsagentur Lörrach, überzeugt. Gleichzeitig gebe es aus seiner Sicht aber auch keinen Grund zu Panik oder überstürzten Reaktionen. Denn: Im Vergleich zu vielen anderen Ländern gehe es der deutschen Wirtschaft weiterhin gut.
Wie hoch ist der Anteil der Kurzarbeit?
So viel Kurzarbeit wie zu Corona-Zeiten hat es in den Landkreisen Waldshut und Lörrach noch nie gegeben. Genaue Zahlen gebe es laut Eckert zwar nur mit einigen Monaten Verzögerung. Klar ist allerdings, dass der April der Monat war, in dem im Landkreis Waldshut die Kurzarbeitsquote mit 22,1 Prozent am höchsten war. 1395 Betriebe haben Kurzarbeit angezeigt. „12.261 Menschen waren damals in Kurzarbeit. Das ist etwa das 100-Fache des Normalaufkommens in unserer Gegend“, so Eckert.
Und es war eine eklatante Steigerung zum ersten Corona-Monat März: Da waren 851 Unternehmen mit 4873 Mitarbeitern in Kurzarbeit. Im Mai hatte sich die Lage nach Ende des Lockdowns laut Eckert wieder soweit erholt, dass schon 150 Betriebe weniger in Kurzarbeit waren. Betroffen waren dann noch 11226 Menschen.
Was war im Dreiländereck anders als in anderen Teilen Deutschlands?
„Unsere Lage mit der Grenze zur Schweiz im Süden und zu Frankreich im Westen ist natürlich einmalig“, erklärt Eckert. Daher sei die Region von den Grenzschließungen auch so nachhaltig getroffen worden: „Denn in alle Richtungen gibt es gegenseitige Abhängigkeiten über die Landesgrenzen hinweg, die immerhin drei Monate lang komplett weggebrochen sind.“
Das habe natürlich vielerorts für Probleme gesorgt. Ganze Geschäftsfelder, wie Paketshops, sind vorübergehend weggebrochen. Und die Nachwirkungen sind in vielen Unternehmen bis heute spürbar.
Insofern gelte es, eine neuerliche Grenzschließung unter allen Umständen zu vermeiden. Dies wiederum sei aber vom Erfolg der nun ergriffenen Maßnahmen abhängig, gibt Eckert zu bedenken.
Welche Branchen hat Corona besonders getroffen?
Kaum Konsequenzen habe die Pandemie bislang für das Handwerk mit sich gebracht, schildert der Leiter der Lörracher Arbeitsagentur: „Gerade in der Baubranche und dem Straßenbau lief es relativ normal weiter.“ Derzeit seien auch keine zeitverzögerten Effekte absehbar. Allerdings habe Corona Prognosen generell schwierig gemacht, weil sich Lagen binnen kürzester Zeit ändern könnten.
Hart getroffen wurden freilich Betriebe aus den Bereichen Hotellerie und Gastronomie, Dienstleister wie Friseure oder Kosmetikstudios, Handel und Gewerbe, produzierende Unternehmen – nicht zuletzt im Automotive-Bereich -, medizinische Betriebe wie Physiotherapie-Praxen, Fußpflege oder auch Fachärzte. „Teilweise mussten diese Betriebe während des harten Lockdowns im Frühjahr wochenlang komplett schließen oder durften nur eingeschränkt arbeiten“, so Schwarz.
Was Gastronomie und Tourismus anbelangt, schlage der derzeitige Teil-Lockdown natürlich erneut gravierend zu Buche. Es sei zu hoffen, dass es bei dem geplanten einen Monat bleibe und auch die Entschädigungen des Bundes in Höhe von 75 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats problemlos ausgezahlt werden.
Momentan könne aber dennoch niemand abschätzen, wie viele der Restaurants und Hotels trotz allem aufgrund der Beschränkungen existenzbedrohende Lage kommen und am Ende gar schließen müssen.
Wie hat sich die Situation über den Sommer entwickelt?
Verlässliche regionale Daten für die Kurzarbeit gibt es laut Eckert noch nicht. Ein Blick auf die Landeswerte zeigt aber einen sukzessiven Rückgang der Kurzarbeitsquote auf 17 Prozent im Juni und 12,5 Prozent im Juli. In den vergangenen beiden Monaten war wiederum ein erheblicher Rückgang bei der Arbeitslosigkeit feststellbar: „Im Oktober hatten wir so viele Abmeldungen aus der Arbeitslosigkeit wie seit Jahren nicht mehr“, so Eckert. Überhaupt sei Corona nur in sehr begrenztem Maße für den Anstieg der Arbeitslosenzahlen verantwortlich. Weitgehend seien bislang saisonale Gründe vorherrschend.
Auf jeden Fall haben die Wiederöffnung der Grenzen und der generelle saisonal bedingte Konjunktur-Aufschwung gut zusammengewirkt: „Vor allem der Hotel- und Gaststättenbereich war über die Sommermonate aus der Kurzarbeit draußen“, so Horst Eckert. Hier seien sogar verhältnismäßig gute Geschäfte vermeldet worden. Allerdings: „Von einer Rückkehr zur Normalität waren wir selbst vor dem neuerlichen Lockdown noch weit entfernt.“

Welche Effekte hat Corona für die Wirtschaft mit sich gebracht?
Es habe sowohl Veränderungen zum Positiven aber auch negative Trends gegeben, sagt Horst Eckert. In vielen Wirtschaftsbereichen habe Corona wie eine Art Beschleuniger für Veränderungen gewirkt. Themen wie Arbeit im Homeoffice seien beispielsweise in viel mehr Branchen Realität als noch vor Corona zu erwarten war: „Ich bin sicher, dass dies auch nach der der Pandemie so bleiben wird, denn es zeigt sich, dass es funktioniert, sofern das Arbeitsmodell überhaupt in das Geschäftsfeld passt, und es bringt für Mitarbeiter wie Unternehmen viele Vorteile mit sich.“
Auch was Transformationen von Unternehmensabläufen anbelangt, habe sich innerhalb kurzer Zeit eine Menge entwickelt: „Gerade bei Produktionsprozessen erleben wir aktuell eine rasante Veränderung.“ Dies habe den unangenehmen Nebeneffekt, dass es für angelernte Arbeitskräfte immer stärker zum Problem werde, überhaupt eine Beschäftigung zu finden, gibt Eckert zu bedenken. Sein Rat: „Die Menschen sollten die aktuelle Situation unbedingt nutzen, um sich weiterzubilden, gerade wenn sie sich ohnehin in Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit befinden.“ Denn der Bedarf an Fachkräften bleibe weiterhin auf einem hohen Niveau.
Gravierende Veränderungen hätten sich aber auch im privaten Bereich ergeben, die sich aber auch auf das Wirtschaftsleben auswirkten, sagt Eckert. Dies sei insbesondere beim Einkaufsverhalten vieler Menschen feststellbar. Einkaufen sei von einem Erlebnis oder Genuss zu einem konzentrierten Vorgang geworden. „Die Kunden lassen sich nicht mehr zum Kauf verführen oder inspirieren, sondern kaufen das, was sie unbedingt brauchen.“ Darunter leiden insbesondere Händler und Dienstleister in den Innenstädten, denn wer im Homeoffice arbeite, brauche zum Beispiel keinen Geschäftsanzug, wer nicht ins Theater gehen könne, benötige kein extravagantes Kleid, so Eckert.
Entsprechend verbuchten Einkaufszentren in den Randgebieten der Städte praktisch wieder Normalbetrieb, während in den Innenstädten nur spärliche Frequenz herrsche.
Wie sehen die generellen Perspektiven aus?
Wie in vielen Bereichen der aktuellen Krise seien Prognosen extrem schwierig, sagt Horst Eckert: „Wir fahren die ganze Zeit auf Sicht. Längerfristige Aussichten kommen dem Blick in die Glaskugel gleich.“
Er rechne aber damit, dass sich bis nächstes Frühjahr einiges entspannen werde – nicht nur im Hinblick auf die Pandemie, sondern auch auf die generellen Rahmenbedingungen weltweit: „Der Brexit, die Wahl in den USA und die Wirtschaftslage in China sind Aspekte, die für viele Firmen bei uns in der Region von erheblicher Bedeutung sind.“ Dass der Wirtschaftsmotor in China wieder durchstarte, gebe Anlass zur Hoffnung, alles andere werde sich zeigen.
Ansonsten gelte: „Uns geht es in Deutschland noch immer sehr gut.“ Die Finanzierung der Hilfsprogramme sei auf jeden Fall über den Winter hinaus gesichert.
Trotzdem werde Corona weiterhin „unser permanenter Begleiter“ sein, selbst wenn es Impfmöglichkeiten geben sollte. Wie sehr sich dies auf die Wirtschaftslage auswirkt? „Das kommt zu einem erheblichen Teil auf die Menschen und ihre Energie an, die jetzigen Beschränkungen durchzuhalten“, appelliert Eckert.