Viele Betriebe haben die vergangenen Tage gehofft und gebangt, ob sie im November ihrer Arbeit weiter nachgehen können. Seit Mittwoch ist es beschlossenen Sache. Gastronomie, Hotels, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoostudios, Fitnesscenter, Theater, Opern- oder Konzerthäuser müssen bis Ende November schließen, genauso wie Kinos, Freizeitparks, Spielhallen, Spielbanken und Wettannahmeeinrichtungen.
Der Teil-Lockdown tritt ab Montag, 2. November, in Kraft. Mit strengen Kontaktbeschränkungen für die Bürger und einem weitgehenden Herunterfahren aller Freizeitaktivitäten wollen Bund und Länder die zweite Corona-Infektionswelle brechen und eine unkontrollierbare Ausbreitung der Epidemie verhindern. Wir haben uns bei betroffenen Firmen in der Region umgehört, was der zweite Lockdown für sie bedeutet und wie es um die Zukunft steht.
Der Veranstaltungstechniker
Jörg Winkler, Inhaber der Veranstaltungstechnik Hochrhein (HVT) im Kaitle, sagt: „Nachdem uns seit März fast alle Veranstaltungen weggebrochen sind und wir bis heute schätzungsweise gerade einmal 20 bis 25 Prozent unserer sonstigen Aufträge verzeichnen, sind wir jetzt wieder bei Null. Die Situation für die Veranstaltungsbranche ist fatal.“
Jörg Winkler, der seinen Betrieb 1996 gegründet hat, beschäftigt rund 20 Mitarbeiter, die jetzt alle in Kurzarbeit sind. Weil das Kurzarbeitergeld nicht zum Leben reicht, habe er aus eigener Tasche den Lohn auf 80 Prozent aufgestockt. Trotz der prekären Lage gibt Winkler nicht auf. „Die Branche wird nie wieder so wie vor dem ersten Lockdown sein. Vieles hat und wird sich noch weiter verändern.“ Um seinem Betrieb eine Zukunft sichern zu können, ist Jörg Winkler dabei, seine Technik neu aufzustellen.
„Wir haben beispielsweise neue Kameras, Videopulte und neue Streamingtechnik angeschafft, um Kunden, die Online-Veranstaltungen abhalten wollen, geeignete Technik anbieten zu können. Auch wenn wir bereits gut aufgestellt sind, stehen wir dabei noch am Anfang. Aber in den vergangenen zwei bis drei Wochen gab es viele Nachfragen im Bereich Online-Konferenzen und -Schulungen.“ Künftig, so meint Winkler, werde es immer mehr hybride Veranstaltungen geben. „Das heißt, ein kleiner Teil der Besucher wird direkt bei einer Veranstaltung dabei sein können, der große Rest wird sie online verfolgen.“
Fest steht für ihn: „Wir werden in den kommenden fünf Jahren nicht auf das zurückkommen, was wir vor der Corona-Pandemie umsetzen konnten.“ Seinen Betrieb kann Winkler nur mit den staatlichen Förderungen wie Kurzarbeitergeld, Überbrückungshilfe und dem Tilgungszuschuss am Laufen lassen. „Wir sind sehr dankbar, dass es diese Fördergelder gibt. Auch die Gespräche mit den Banken und unseren beiden Bundestagsabgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter und Felix Schreiner sind sehr konstruktiv.“
Die Masseurin
Auch die Privatpraxis für physikalische Therapie von Masseurin Dunja Busch in der Waldshuter Rheinstraße ist von dem Lockdown betroffen. „Wir haben uns an alle Vorgaben gehalten und müssen dennoch schließen. Ich kann die Entscheidung nicht verstehen, zumal von vielen Bereichen, die jetzt von der Schließung betroffen sind, keine Infektionen ausgehen. Sowohl meine Kunden als auch ich tragen während der Behandlung eine Maske. Alles wird zwischen den Kunden desinfiziert und die Räume werden gelüftet. Das Risiko, sich in hier anzustecken ist nicht höher als bei einem Friseur, der derzeit ja noch geöffnet haben darf.“

Besonders schlimm ist für die Masseurin: „Nachdem der Sommer bei uns in der Branche eh etwas ruhiger war, aufgrund der Hitze und der Urlaube, ist der Betrieb bei mir erst seit September wieder etwas angezogen. Der Oktober war auch schon ganz gut gebucht, aber im November wäre mein Terminkalender voll gewesen. Würde ich nicht nebenbei noch bei einer Physioptherapie-Praxis angestellt sein und Kurse für die Rheuma-Liga geben, könnte ich mich nicht mehr über Wasser halten. Die Frage, die sich mir jetzt stellt, ist: Dürfen wir ab Dezember wieder öffnen? Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die Infektionszahlen in diesem Zeitraum jetzt so stark sinken werden.“
Die Kosmetikstudio-Betreiberin
Melanie Kaysi, die das Kosmetikstudio Beauty-Palace in Tiengen betreibt, sagt: „Das ist wie ein Schlag ins Gesicht. Unsere Branche hat sich an alle Richtlinien und Hygienevorschriften gehalten. Nach dem ersten Lockdown konnten wir langsam wieder unseren Kundenstamm aufbauen. Und jetzt fängt wieder alles von vorne an. Es wird dauern, bis wir nach dem Teil-Lockdown das an Umsatz generieren können, wie wir es vor der Krise getan haben.“

Der Tätowierer
Friedhelm van Genabith, bekannt als Tattoo-Jimmy, aus Dogern ist Vorsitzender des Vereins Deutsche organisierte Tätowierer. Er ist fassungslos über die Entscheidung: „Wir arbeiten als einzige Dienstleistung-Branche in Deutschland nach hygienischen EU-Richtlinien, haben nicht mehr als drei Kunden gleichzeitig im Laden, halten Abstände ein, tragen FFP2-Masken bei Körperstellen, die in der Nähe des Gesichts sind, putzen immer alles blitzeblank und sogar die Stifte für unsere Einverständniserklärungen werden nach jeder Nutzung desinfiziert. Bisher gibt es keine einzige nachgewiesene Corona-Infektion in unserer Branche. Warum gerade wir jetzt schließen müssen, kann ich nicht verstehen.“