Das Stadtbuskonzept 2026 und insbesondere wie sich der Böhringer Ortschaftsrat in das Konzept einbringt, löst bei vielen Bürgern im Ort Kopfschütteln aus. Zwar protestiert der Rat gegen die geplante neue Linienführung über die Steißlinger Straße und die Fritz-von Engelberg-Straße, die mit dem Wegfall der Haltestellen Wiesengrund und Bodenseestraße einhergehen würde. Doch die erhofften Forderungen nach großen Verbesserungen wie einem Halbstunden-Takt, Verbindungen auch am späten Abend und am Wochenende blieben aus.

Thomas Giesinger, wohnhaft in Böhringen und Vorstandsmitglied des BUND-Ortsverbandes Radolfzell, nahm die geplanten Buslinien-Änderungen in Radolfzell und den Ortsteilen zum Anlass, die Busversorgung im Ortsteil Böhringen grundsätzlich zu beleuchten. Der Umweltverband fordert nun eine Bus-Offensive für den größten Radolfzeller Ortsteil.

Versorgung abends und sonntags fehlt

So sieht die aktuelle Situation aus: Böhringen ist mit 4500 Einwohnern der größte Ortsteil Radolfzells. Dennoch endet die Versorgung des Ortes mit dem Stadtbus an Werktagen abends um 19.56 Uhr und samstags um 13.56 Uhr. Sonntags fährt gar kein Stadtbus nach Böhringen.

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„Das ist im Sinne des vielbeschworenen Zusammenwachsens der Ortsteile ein Skandal und einfach ungerecht“, findet Thomas Giesinger. Denn nach Möggingen, Güttingen und Liggeringen gebe es auch spätabends und am ganzen Wochenende seit Jahrzehnten einen Stadtbus. Begründet werde diese Politik von den Bus-Betreibern bisher mit dem Seehas-Halt in Böhringen.

Seehas-Halt sei kein Argument

„Es ist schön, dass Böhringen einen Seehas-Halt hat. Aber im Böhringer Oberdorf, das ist der Bereich nördlich der Ortsdurchfahrt, leben mittlerweile mehr als 2000 Menschen. Das sind mehr Einwohner als in Liggeringen und Möggingen zusammen wohnen. Vom nördlichen Ortsgebieten zum Böhringer Bahnhof am südlichen Ortsrand sehr weit. Es läuft oder fährt kaum jemand etwa vom Oberen Einsatz oder von der Wiederholdstraße zum Bahnhof, um nach Radolfzell zu kommen. Die Leute sitzen ins Auto. Nur eine zeitlich dichtere, berechenbare Busverbindung nach Radolfzell würde die Leute davon abhalten, ins Auto zu steigen“, argumentiert der BUND-Vertreter.

Thomas Giesinger ist Böhringer und fordert als BUND-Vorstandsmitglied eine Bus-Offensive für den größten Radolfzell Ortsteil.
Thomas Giesinger ist Böhringer und fordert als BUND-Vorstandsmitglied eine Bus-Offensive für den größten Radolfzell Ortsteil. | Bild: Marinovic, Laura

Zweifelhaft sei auch, dass die Stadt immer wieder mit einem gewissen ökologischen Stolz verkünde, dass die Stadtbusse aus den Ortsteilen bei verkaufsoffenen Sonntagen und anderen Sonntagsveranstaltungen kostenlos fahren würden. Für Böhringen gelte dies in aller Regel aber nicht, eben weil es den Sonntagsbus ja von Böhringen aus nicht gebe.

Buslinie „radikal zusammengestrichen“

Doch auch die Bus-Verbindung nach Singen hat die BUND-Offensive im Blick: Noch Ende der 2000er-Jahre habe es einen stündlichen, gut genutzten Pendelbus zwischen den Bahnhöfen Singen und Radolfzell gegeben, der auch an der Ortsdurchfahrt Böhringen mehrmals hielt. „Vor allem ältere Mitbürger benutzten diesen Bus, etwa für Arztbesuche, Behördengänge oder Einkäufe in Singen. Aber auch Berufsschüler und andere nutzen diese Verbindung“, erinnert Thomas Giesinger.

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Aber: „Diese gute regelmäßige Buslinie mit der Nummer 7350 wurde – erneut mit dem Verweis auf den Seehas – radikal zusammengestrichen. Heute fährt diese für Böhringen und vor allem für die Bewohner des Oberdorfs so wichtige Linie unregelmäßig und nur alle paar Stunden an Werktagen. Die Ausweitung dieser Buslinie würde den Böhringer Ortskern aufwerten und wäre ein guter Service für alle Bürgerinnen und Bürger. Speziell ältere Menschen und die Bewohner im Oberdorf bekämen eine Möglichkeit, bequem ohne Auto nach Singen zu kommen“, führt er weiter aus.

Vorschläge des BUND

Böhringen wachse und werde in wenigen Jahren 5000 Einwohner haben. Auch das sei ein Argument für die Bus-Ausweitung und für Änderungen von Buslinien, so Giesinger. Konkret schlägt der Umweltverband zum einen vor, angesichts zusätzlicher Einwohner in den Baugebieten Hübschäcker I und II zu prüfen, ob die Buslinie 7 die St. Nikolaus-Straße ortauswärts bis zu deren Ende fahren kann, über die Hindenburgstraße zurück.

Außerdem solle geprüft werden, ob am Ende der St. Nikolaus-Straße eine neue Haltestelle entstehen kann. Auch das Durchfahren der Widerholdstraße sollte nach Auffassung des BUND betrachtet werden, um den Menschen im Bereich Widerhold-, Hölzlestraße, Blumenweg eine bessere Versorgung zu gewährleisten.

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Zum anderen wird die Mitverwendung des Busses von Steißlingen nach Radolfzell angeregt: „Es gibt mittlerweile werktags stündliche, Samstag und Sonntag zweistündliche Busse zwischen Radolfzell und Steißlingen. Nur wenige dieser Busse fahren durch Böhringen. Diese Busse sollten alle durch Böhringen fahren, um eine weitere Busverbindung von und nach Radolfzell zu bieten“, so der abschließende Vorschlag.

Zu wenig Fahrgäste?

Grundsätzlich hatte das neue Stadtbuskonzept auch im Gemeinderat für Diskussionen gesorgt. Böhringens Ortsvorsteher Bernhard Diehl kritisierte den geplanten Wegfall der Haltestellen Wiesengrund und Bodenseestraße in Böhringen als „nicht akzeptabel“.

Verkehrsexperte Mathias Schmechtig von NahverkehrsConsult, der den geänderten Linienplan vorgestellt hatte, hat dagegen von geringen Fahrgastzahlen gesprochen. So habe eine Fahrgasterhebung aus dem Jahr 2020 ergeben, dass an den Böhringen Haltestellen, die nun wegfallen sollen, nur knapp 35 Fahrgäste am Tag ein- und ausgestiegen seien.