Wer am Freitagabend in die Stadthalle nach Meßkirch kam, erlebte eine wilde Diskussion: Bei der SÜDKURIER-Wahlarena zur Bundestagswahl debattierten die Kandidaten des Wahlkreises Zollernalb-Sigmaringen in vier Formaten über politische Themen.

Eingeladen waren alle sechs im Bundestag vertretenden Parteien. Mit dabei waren Thomas Bareiß (CDU), Johannes Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Robin Mesarosch (SPD) und Stephan Link (FDP). Der Kandidat der AfD, Nicolas Gregg, sagte die Veranstaltung kurzfristig krankheitsbedingt ab. Auch Linken-Kandidat Marco Hausner war nicht anwesend.

Thomas Bareiß (CDU)
Thomas Bareiß (CDU) | Bild: Günther Brender

Die vier Politiker, die ihren Weg in die Stadthalle gefunden hatten, diskutierten dafür umso mehr – sie bezogen Stellung, kritisierten einander und fielen sich ins Wort. Nicht selten mussten sie während des Abends von den Moderatoren, SÜDKURIER-Redakteurin Stefanie Lorenz und Andreas Ambrosius aus der SÜDKURIER-Chefredaktion, unterbrochen werden.

Beim ersten „Duell“ des Abends stießen Johannes Kretschmann (Grüne) und Thomas Bareiß (CDU) aufeinander. Bei diesem Format sollten je zwei der Kandidaten zu einer politischen Frage diskutieren. Thema für Kretschmann und Bareiß: Wie kann der Mittelstand vor Ort gestärkt werden?

Johannes Kretschmann (Die Grünen)
Johannes Kretschmann (Die Grünen) | Bild: Günther Brender

„Der Mittelstand ist Garant unseres Wohlstands. Aber er hat es nicht einfach“, betonte Kretschmann. Für Mittelständler gebe es viele „Hemmnisse“, beispielsweise die Bürokratie. Dem stimmte CDU-Politiker Bareiß zu. Er argumentierte in Richtung des Grünen-Kandidaten: „Auch die Umwelt- und Naturpolitik steht da im Weg, Herr Kretschmann, weil sie zum Beispiel dafür sorgt, dass für Betriebe keine Baugebiete ausgewiesen werden können.“

Stephan Link (FDP)
Stephan Link (FDP) | Bild: Günther Brender

Kretschmann konterte mit der Zielvorgabe für eine bessere Flächenschonung, die von allen demokratischen Parteien, auch der CDU, getragen werde. „Es fehlen Rahmenbedingungen der Politik, ein gutes Flächenmanagement zu belohnen und Flächenverschwendung zu sanktionieren“, kritisierte er. Dieser Aussage stimmten die Zuhörer im Saal mit Applaus zu.

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Löst ein CO2-Deckel das Problem Klimawandel?

Wie die Klimaschutzziele in der Region umgesetzt werden können wollten die Moderatoren von Johannes Kretschmann und FDP-Kandidat Stefan Link wissen – und entfachten damit eine Debatte über einen möglichen CO2-Deckel. Freidemokrat Link setzte sich beharrlich für eine Deckelung ein, es sei „ein gutes Mittel, um CO2 zu reduzieren“.

Robin Mesarosch (SPD)
Robin Mesarosch (SPD) | Bild: Günther Brender

Kretschmann dagegen konnte dem Vorschlag nichts Positives abgewinnen. „Man kann nicht einfach einen Deckel machen und hoffen, dass der Klimaschutz dann verschwindet. Wir müssen jetzt etwas dagegen tun“, sagte er deutlich. Als Beispiel nannte der Grünen-Kandidat die CO2-Bepreisung. Sie bringe nötige Gelder ein, um den Klimaschutz zu finanzieren.

Situation für Pflegekräfte verbessern

Über die Gesundheitsversorgung in der Region diskutierten anschließend Stefan Link und Robin Mesarosch. Sie waren sich einig, dass die aktuelle Situation für Pflegekräfte in Krankenhäusern verbessert werden muss. „Wenn Pflegekräfte gerne arbeiten gehen und genug verdienen, dann geht es auch der Gesundheitsversorgung gut“, sagte Mesarosch.

Das Publikum in der Meßkircher Stadthalle erlebte heftige Diskussionen.
Das Publikum in der Meßkircher Stadthalle erlebte heftige Diskussionen. | Bild: Günther Brender

FDP-Kandidat Link sprach sich seinerseits für eine Klinikzusammenlegung der Standorte Balingen und Albstadt aus. Er betonte: „Aus kaufmännischer Sicht leuchtet eine Zusammenlegung ein.“ Mesarosch vertrat eine andere Meinung. Er war der Auffassung, beide Klinikstandorte müssten bleiben. „Kleine Krankenhäuser können für Geburten wichtig sein“, argumentierte Mesarosch und bekräftigte die Bereitschaft der SPD, Krankenhäuser zu finanzieren und damit zu erhalten.

Wie gelingt es, Wohnraum zu schaffen?

Im letzten Duell zum Thema Wohnraum trafen SPD und CDU aufeinander. Robin Mesarosch plädierte im Gespräch mit Thomas Bareiß für mehr Sozialwohnungen. „Wir müssen es Städten und Kommunen noch einfacher machen, Grundstücke aufzukaufen, um mehr Wohnraum zu schaffen“, legte Mesarosch eine Lösung dar.

Bareiß dagegen war es wichtig, dass vorhandene Wohnungen ausgebaut und saniert werden sollten. „Innenstädte müssen gestärkt werden und wir müssen Leute unterstützen, die beispielsweise eine neue Heizung einbauen wollen“, meinte der CDU-Kandidat. Denn Menschen sollten weiterhin motiviert werden, in Wohnungen zu investieren – sie könnten sich dadurch auch eine Altersabsicherung schaffen.

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Kandidaten gegen vegetarischen Tag an Schulen

Im zweiten Format des Abends war Schnelligkeit gefragt. Moderator Andreas Ambrosius wollte die Meinung der Kandidaten zu 20 Thesen wissen, die sie mittels flott gezückten farbigen Karten dokumentieren sollten. Einigkeit herrschte bei den Politikern etwa beim Thema Einwanderung. Alle Kandidaten stimmten dafür, politisch verfolgten Menschen und ihren Familien Asyl zu gewähren. Einstimmig lehnten die Kandidaten einen verpflichtenden vegetarischen Tag in den Schulen ab. SPD, FDP und Grüne stimmten für die Einführung einer kostenlosen Kita, der CDU-Kandidat positionierte sich dagegen.

Anschließend hatten die Kandidaten die Möglichkeit, sich gegenseitig Fragen zu stellen. Thomas Bareiß wollte etwa von Grünen-Kandidat Johannes Kretschmann wissen: „Braucht man die B311-neu in Sigmaringen?“ Dieser plädierte für „so viel Entlastung wie nötig und so wenig Umweltzerstörung wie möglich“. Kretschmann richtete das Wort an SPD-Kandidat Mesarosch und fragte nach dem Geld für die Gesundheitspolitik. „Der Vorteil kommunaler Krankenhäuser ist, dass der Staat Miese machen darf“, antwortete Mesarosch.

Meinungen zur Impfpflicht gefragt

Hitzig wurde die Debatte, als Zuschauerfragen ins Spiel kamen. Ein Leser wollte wissen, wie die Kandidaten zur Impfpflicht bestimmter Berufsgruppen stehen. Für FDP-Politiker Stephan Link war die Antwort eindeutig: „Es wurde gesagt, es gibt keine Impfpflicht durch die Hintertüre und so soll es aus meiner Sicht auch bleiben.“ Johannes Kretschmann erklärte, man müsse auf die Menschen zugehen und sie durch Aufklärung dazu bringen, sich impfen zu lassen. Nur so könne eine Herdenimmunität geschaffen werden. „Dass sich Geimpfte nach Nicht-Geimpften richten, darf es nicht geben“, sagte er deutlich.

Eine Frage aus dem Publikum richtete sich direkt an Thomas Bareiß: Wie haben Sie die Tourismusprojekt Campus Galli in den vergangenen Jahren unterstützt? Er habe die Klosterbaustelle regelmäßig besucht, sagte Bareiß.

Keine konkreten Antworten zur Aserbaidschan-Affäre

Zum Abschluss der Veranstaltung in der Stadthalle wurde es für Bareiß dann etwas unangenehm. Der CDU-Politiker war in jüngster Zeit wegen Beziehungen zu Politikern und Lobbyisten in Aserbaidschan in Kritik geraten. Moderator Andreas Ambrosius wollte wissen, ob Bareiß sein Engagement bereue und sich einen Fehler eingestehe.

Eine konkrete Antwort gab es nicht. Nur so viel: Er habe die deutschen Interessen vertreten und auch keine Gelder angenommen. Bareiß erklärte beispielhaft, er habe gemeinsam mit Siemens für die Elektrifizierung gekämpft. Weiterhin zählte er Länder auf, in denen er anderweitig politisch tätig war. Das war den Zuhörern im Saal jedoch nicht genug. Ein Besucher rief in Richtung Bühne: „Sagen Sie doch einfach, was Sie dort gemacht haben!“

Die Antwort des Politikers fällt nüchtern aus: „Ich war nicht der Einzige. Es waren doch zum Beispiel auch Kollegen von der SPD dabei.“ Bareiß sagte abschließend, dass alle Fakten zu dem Thema bereits genannt sind. „Da kommt nichts mehr“, versprach er. Ob er wiedergewählt wird oder das Direktmandat dieses Mal an einen anderen Kandidaten geht, entscheiden die Wähler mit ihrer Stimme am 26. September.

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