Eines dürfte die über 20 Besucher beim jüngsten Bücherherbst geeint haben: die Leidenschaft für Literatur. Seit 2016 organisieren die Stadtbücherei und die Linzgau-Buchhandlung diesen kurzweiligen Nachmittag in der Vorweihnachtszeit.

Unter dem Motto „Was sich jetzt zu lesen lohnt“ präsentierten Christel Freitag und Wolfgang Niess dem Publikum insgesamt 18 Neuerscheinungen. Freitag ist gelernte Buchhändlerin und Germanistin; Niess ist Historiker, Moderator und schreibt selber Bücher. Beide waren früher Kulturredakteure des SWR.
Bücher sind keine aussterbende Spezies
Mitveranstalter Michael Schlageter sagte im Gespräch mit dem SÜDKURIER, dass Bücher keine aussterbende Spezies seien und das gedruckte Buch gegenüber dem E-Book-Reader die Nase vorne habe. Er selber bevorzuge „Bücher zum Anfassen“. Auch der schon wiederholt totgesagte Regio-Krimi erfreue sich guter Gesundheit, so die Feststellung des Buchhändlers. Gefragt nach dem Favoriten unter den vorgestellten Neuerscheinungen musste Schlageter nicht lange überleben: „Lügen über meine Mutter“ von Daniela Dröscher.

Einige der Besucher in der Steinscheuer waren nicht zum ersten Mal beim Bücherherbst. Eine passionierte Leserin hatte sogar ihre Reise nach Frankfurt um einen Tag verschoben, um bei der Veranstaltung dabei zu sein. Erika Geiger-Miller aus Pfullendorf sagte: „Ich fand es beim letzten Mal sehr unterhaltsam und habe mir daraufhin einige Bücher gekauft, die vorgestellt wurden.“
Auch Johanna Ferguson kommt schon seit Jahren. „Ich lese gerne und interessiere mich für Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt. Außerdem: Wenn in Pfullendorf so etwas geboten wird, muss man es auch wahrnehmen.“ Ihre Tischnachbarin ergänzte: „Ich mache mir Notizen, damit ich weiß, welche Bücher ich verschenken kann.“ Und Ulrich Leibbrand dürfte am Ende der Veranstaltung nicht enttäuscht gewesen sein, hatte er sich doch „kompetente Empfehlungen“ der Literatur-Kenner erhofft.
Experten sind ein eingespieltes Team
Niess und Freitag warfen sich als eingespieltes Team die Bälle zu. Sie stellten einander Fragen zu Autoren und Werken und machten neugierig, ohne zu viel preiszugeben. Jedes Cover wurde per Beamer passend zur Besprechung hinter den beiden auf eine Leinwand projiziert, sodass die Besucher schon mal einen optischen Eindruck erhielten. Vom Inhalt verrieten sie gerade soviel, dass man entscheiden konnte, ob das Buch für einen selbst in Frage kommt.
Verschiedene Genres wurden berücksichtigt
Das Interesse für das eine oder andere Werk wurde sicher bei jedem wachgekitzelt. Bei der Auswahl der Bücher haben Niess und Freitag verschiedene Genres berücksichtigt: Spannende Thriller waren ebenso dabei wie Sachbücher – etwa über Putins Krieg oder den erotischen Humanismus – und unterhaltsame Romane. Zum Beispiel über Margarete Steiff und Kaiserin Sisi. Der Autorin Karen Duve gelingt es nach Aussage der Literatur-Experten, den „Popstar des europäischen Hochadels“ von einer ganz anderen Seite zu zeigen. Nicht herzallerliebst, sondern als eine von ihren Haaren und ihrer Wespentaille besessene Influencerin, die reiten konnte wie der Teufel.
Witzige und fesselnde Literatur
Auch im Bestseller-Roman „Eine Frage der Chemie“ der amerikanischen Autorin Bonnie Garmus steht eine Frau im Mittelpunkt der Erzählung. Eine verkannte Wissenschaftlerin, die notgedrungen als Fernsehköchin Geld verdienen muss, dabei nicht mit Schürze, sondern mit Laborkittel vor der Kamera steht, mit H2O und Natriumchlorid kocht – das macht wirklich sehr neugierig auf die Geschichte dahinter. Und wenn Christel Freitag dann auch noch sagt, das Buch sei witzig, fesselnd, berührend und mache gute Laune, möchte man das Buch doch gleich aufschlagen und lesen.