Frei zu sein wie ein Vogel und die Welt aus einer anderen Perspektive betrachten, genau dieses Gefühl müssen wohl die Drachen- und Gleitschirmflieger der „Baar-Flieger e.V. Fürstenberg“ bei ihren Flügen haben. „Der Flug und dabei die Unabhängigkeit, die Natur, die Naturgewalten, die Aussicht, die Freiheit spüren, ist dabei das Highlight. Der Start und die Landung sind eigentlich nur ein notwendiges Übel, der Flug ist das Tolle“, schwärmt der Schriftführer des Vereins, Roland Herr über das Fliegen mit einem Gleitschirm.

Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass Herr eigentlich Höhenangst hat, jedoch trotzdem für sein Leben gerne fliegt: „Ich frage mich manchmal echt selbst, warum ich eigentlich fliege und mich diesem Risiko aussetze. Die Höhenangst verschwindet jedoch, sobald die Beine den Boden verlassen. In der Luft kann man alle Alltagssorgen vergessen, sie existieren im Moment des Fliegens nicht mehr. Man ist alleine mit sich, dem Schirm/Drachen und der Luft. Ich genieße es, meine Alltagsprobleme zu vergessen und Neues in der Natur zu entdecken. Natürlich spielt auch das Spiel mit den Gewalten der Natur und diese zu beherrschen eine Rolle, erklärt Herr schmunzelnd seine Gründe, warum er fliegt.

„Ich genieße beim Fliegen besonders das Dreidimensionale, das weg sein von der Erde. Das Gefühl, zu fliegen wie ein Vogel und nur an ein paar Leinen hängend durch die Luft zu gleiten“, schildert Herr. Außerdem genießen die Flieger die Natur, selbst wenn sie oft am gleichen Ort fliegen, sehen sie immer wieder etwas Neues, zum Beispiel Wege oder Hütten, die ihnen zuvor noch nicht aufgefallen sind.
„Der Fürstenberg hat eine besondere Lage. Er wirkt so unscheinbar und klein, aber er hat seine Klasse.“ Am Fürstenberg kann man sehr häufig fliegen. Dort gibt es Startplätze in Richtung Süden und Norden, und bei der Hubertushütte in Geisingen kann man nach Westen starten. Dem Fürstenberger Club fehlt nur noch eine Startmöglichkeit in Richtung Osten. „Am schönsten ist es, wenn man gemeinsam mit einem Vogel fliegen kann. Am Fürstenberg nisten einige Milane, mit diesen wir immer wieder zusammen fliegen und die keine Scheu zeigen“, beschreibt der Gleitschirmflieger das Besondere am Fürstenberg.
Ein Flug kann beim Gleitschirmfliegen zwischen einigen Minuten und mehreren Stunden dauern. Dies hängt immer von den thermischen Bedingungen und auch vom Flugvermögen des Piloten ab. Richtig professionelle Piloten können mehrere hunderte Kilometer fliegen und sind somit bis zu elf Stunden in der Luft.
Der Weltrekord beim Gleitschirmfliegen liegt bei 551 Kilometern und wurde in Brasilien von einem Schweizer Pilot erflogen.
Der Rekord nach einem Start am Fürstenberg liegt bei fast 120 Kilometern.

Doch wie genau funktioniert das Fliegen mit einem Gleitschirm? „Mit einem Gleitschirm oder Drachen startet man zu Fuß von einem Berg oder in der Ebene von einer Seilwinde. Man startet und landet immer gegen den Wind, dies machen unsere großen Brüder, die Jets, genauso. Nach dem Start sucht man Thermik, also Aufwind. Thermik ist warme Luft, welche nach oben steigt. Segelflieger, Drachen und Gleitschirme und unsere lieben Freunde, die Vögel, fliegen alle mit Thermik oder sie soaren.
Soaren heißt, man nutzt dynamischen Wind, welcher eine Flanke oder einen Berg hinauf streicht. Am Fürstenberg wird sehr oft bei stärkerem Wind gesoart, also zusammen am Hang entlang geglitten. Soaren eignet sich in den meisten Fälle nicht zum Wegfliegen, da die Dynamik oft oberhalb des Berges weg ist. Ohne Thermik oder Wind steht man in der Regel sehr früh wieder am Boden., erklärt Herr. Während eines Fluges, also wenn man sich vom Berg entfernt, sucht der Gleitschirmflieger ebenfalls immer wieder Thermik, um wieder in die Höhe zu steigen.
Die Flieger müssen Vorflugregeln beachten
Beim Flug sind dann einige Regeln zu beachten: Es gibt Vorflugregeln, ähnlich wie im Straßenverkehr, um Kollisionen zu vermeiden, welche gerade an einem kleinen Berg, wie dem Fürstenberg unbedingt zu berücksichtigen sind. Dort fliegen oft mehrere Piloten in einem kleinen Abstand zueinander. Wenn hier nicht jeder die Vorflugregeln einhält, dann kann dies sehr schnell zu einem Problem führen und zu einer Gefahr für die Piloten werden.
Beim Streckenfliegen muss man auch auf sogenannte Lufträume achten. Gerade auf Strecken und in großer Höhe ist dies ein wichtiges Thema. „Im Schwarzwald dürfen wir bis auf circa 3.000 Meter über dem Meeresspiegel aufsteigen. Darüber fliegen die großen Flieger, und das könnte sehr gefährlich werden“, sagt Roland Herr. Wenn man über diese Grenze hinaufsteigt, stelle dies eine Straftat dar und könne erhebliche Folgen haben.
Voraussetzungen für das Fliegen, außer das Kennen der Regeln sowie einen Flugschein gibt es in der Hinsicht nicht wirklich. Fliegen darf jeder ab einem Alter von 14 Jahren. Ein maximales Alter gibt es nicht. Jeder, der sich geistig und körperlich fit fühlt, darf fliegen.
Der Flugschein ist ab 14 Jahren möglich
Ein Flugschein darf ab einem Alter von 14 Jahren in einer Flugschule absolviert werden. Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Flugscheine: Den „A-Schein, mit welchem man am Berg fliegen darf, jedoch nicht wegfliegen darf. Der „B-Schein beinhaltet eine Überland-Flugbescheinigung, mit der man auch weitere Strecken fliegen darf.
Die Ausrüstung
Bestandteil der Ausrüstung ist neben dem Gleitschirm sowie dem Gurtzeug ein Rettungsgerät (eine Art Fallschirm, der einen schützt, falls man einmal durch Turbulenzen oder ähnliches abstürzt, und warme Kleidung, da in den luftigen Höhen trotz Sommertemperaturen auf Erden Minustemperaturen herrschen können. Des Weiteren ist gutes Schuhwerk ein Muss, um die Beine und Knöchel bei einer eventuell etwas härteren Landung zu schützen sowie ein Helm als Kopfschutz.
Zusätzlich ist es von Vorteil, einen Variometer dabei zu haben. Dieser zeigt an, ob man steigt oder sinkt.
Dies sind bereits alle Gadgets, die man zum Gleitschirmfliegen benötigt. Im Anschluss sollte man circa alle drei bis fünf Jahre den Gleitschirm austauschen. „Was noch an Kosten dazukommt ist die Versicherung, der Gleitschirmcheck (ähnlich wie TÜV beim Auto, alle zwei Jahre) und der Beitrag beim Verband, sowie die Vereinsmitgliedschaft, falls man einem oder mehreren Vereinen beitritt.
Solo-Flug und Tandem-Flug
Hierbei wird unterschieden zwischen Solo-Flug und Tandem-Flug, denn einige Gleitschirmflieger auf dem Fürstenberg fliegen auch im Tandem: „Am Fürstenberg gibt es einige Tandempiloten, welche interessierte Fußgänger gerne mitnehmen. Natürlich gegen einen Obolus, da der Tandempilot einen speziellen Schirm, eine spezielle Rettung, ein zweites Gurtzeug und eine teure Versicherung benötigt., erklärt Herr. Somit wird Interessierten am Gleitschirmfliegen auch geraten, einfach mal auf die Flieger zuzukommen und zu Fragen, ob man mitfliegen darf. Die Baar-Flieger Fürstenberg freuen sich nämlich sehr, wenn sie weitere Personen mit ihrem Hobby begeistern können.
„Eine der sichersten Sportarten“
„Uns ist es sehr wichtig zu erwähnen, dass das Gleitschirm- und Drachenfliegen zu den sichersten Luftsportarten gehört. Gefährlich wird dieser Sport erst dann, wenn Sicherheitsregeln missachtet oder die eigenen Grenzen überschritten werden. Der größte Risikofaktor beim Gleitschirmfliegen ist nicht das Fluggerät, sondern der Pilot., informiert Herr
Was ist der Unterschied zwischen Gleitschirmfliegen und Drachenfliegen?
Zuerst gab es die Drachenflieger, mittlerweile gibt es jedoch deutlich mehr Gleitschirmflieger als Drachenflieger. Der Gleitschirm besteht im Gegensatz zum Drachen nicht aus einem Gestänge, welches mit Stoff bespannt wird, sondern nur aus einem Nylon-Stoff und Leinen.
Vorteil des Gleitschirms
Der Vorteil des Gleitschirms ist, dass man die gesamte Ausrüstung in einem Rucksack auf dem Rücken tragend transportieren kann. Somit ist auch ein Streckenfliegen mit dem Gleitschirm wesentlich einfacher und komfortabler, da man bei einer Außenlandung (weit weg vom Startplatz), ganz einfach via Zug oder trampend oder auch laufend wieder zu seinem Wagen zurückkommt. Bei einem Drachen ist dies wesentlich schwieriger. Hier muss man zuerst zu seinem Auto zurück und dieses holen, da ein Dachträger zum Drachentransport nötig ist. Auch beim Start und der Landung verhält sich die Sache zwischen Drachen und Gleitschirm komplett anders. Wenn der Drachen den Start begonnen hat, dann ist er verdammt zu starten. Einen Abbruch wie beim Gleitschirm gibt es nicht. Dies ist besonders kritisch, wenn sich die Windverhältnisse während dem Start plötzlich ändern. Auch bei der Landung benötigt der Drachen wesentlich mehr Platz als ein Gleitschirm. Der Drachen muss sich frühzeitig auf den Landeanflug vorbereiten und benötigt dann eine lange Ausgleitstrecke bis er den Boden berührt.
Wenn der Gleitschirm gestartet wird und der Pilot feststellt, dass etwas nicht stimmt, kann er jederzeit den Start abbrechen. Bei der Landung kann ein Gleitschirm auf einer sehr kleinen Fläche landen.
Der Gleitschirm besitzt noch eine Besonderheit, welche kein anderes Fluggerät hat. Wenn eine Turbulenz auf den Flügel trifft, dann kann es sein, dass dieser ganz einfach wegklappt und somit der Turbulenz die Energie nimmt. Ein anderes Fluggerät befände sich in so einem Fall eventuell auf dem Rücken.
Die Baar-Flieger
Der Verein zählt aktuell circa 150 aktive Mitglieder. Hiervon sind circa zehn Drachenflieger, der Rest fliegt mit einem Gleitschirm. Die Baar-Flieger Fürstenberg-Geisingen e.V. sind gut in den Ort Fürstenberg integriert. Sie richten zum Beispiel jedes Jahr ein Kinderfest aus. In Zeiten von Corona gab es statt dessen voriges Jahr eine Spende über 200 Euro an den Kindergarten St. Maria in Fürstenberg. Auch helfen die Kollegen immer wieder bei der Dorfputzete mit. Auch die Versammlungen und Sitzungen des Vereins finden immer wieder in den Gaststätten von Fürstenberg statt.