Der Villinger Narro zündet die nächste Evolutionsstufe: Schemen für die Zunft werden traditionell aus Lindenholz fertigt. Nun startet ein Projekt, das dafür sorgt, dass künftige Generationen endlich ihre Masken aus Villingen Holz schnitzen lassen können.
Weshalb der Narro künftig aus dem Warenbachtal kommt
Der größte Verein der Stadt ist derzeit mit den Vorbereitungen für diesen Quantensprung beschäftigt. Im Warenbachtal, unweit des Schleifenhofs, ist für das Vorhaben eine Fläche reserviert. Spaziergänger wundern sich bereits, was sich hier wohl entwickeln wird.
Es wird ein Generationen überspannendes Projekt, das hier Anfang April seinen Lauf nehmen wird. Villingen Historische Narrozunft pflanzt Bäume. Das Ziel: Möge hier, am Stadtrand von Villingen, getränkt vom Wasser des nahen Warenbachs, der erste Villinger Schemenwald wachsen.
Aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt
Das pfiffige Projekt sieht vor, dass die Schemen künftiger Villinger Fasnetgenerationen aus Villinger Holz geschnitzt werden können. Mehrere hundert Linden werden deshalb hier nun als Pflänzchen zarte ausgebracht.

Villingens Narros, die Morbile und die Surhebel sind schon immer aus einem besonderen Holz geschnitzt: Der geflügelte Spruch, der bislang den Menschen unter den Masken galt, erfährt nun seine neue, besonders heimatbetonte Bedeutung: Villingens Mäschgerle und Maschgere können, so dem Projekt ein gelingendes Wachstum zuteil werden mag, dann aus eigenem Villinger Holz geschnitzt sein.
Das neue Alleinstellungsmerkmal der Villinger
Damit wird das Ende des Import-Holzes für die Villinger Schemenschnitzer zwar noch nicht radikal möglich – aber immerhin unter klarer Führung gezielt eingeleitet. Die Zunft wird damit auf ein Alleinstellungsmerkmal weit und breit verwiesen können. Schemen aus eignem Holz, das hat so schnell erst einmal niemand.

In Mitgliederkreisen macht die Kunde von dem Projekt bereits die Runde. Am Samstag, 2. April, ist Setzllng-Tag. Dann bringen die Narros die ersten Jung-Linden im Warenbachtal aus.
Wie lange es dauert bis zum eigenen Holz
Die zentrale Frage für jeden Hästräger lautet heute bereits: Ab wann wird eine dieser besonderen Villinger Linden erntereif sein? Fachleute aus der heimischen Forstwirtschaft, die den besonderen Geist des Vorhabens verstehen, haben gütig gerechnet. Die Schätzungen beginnen mit sechzig Jahren. So lange wird es wohl dauern, bis die Stämme dick genug sind, um beispielsweise dem Schnitzer Raum für eine besonders zerfurchte Surhebel-Scheme zu bieten.

Es ist also ein Enkel-Projekt, das die Narros hier anstoßen. Die Entschlossenheit ist deshalb im Verein aber keinen Deut geringer. Im Gegenteil verweisen Vorstandskreise darauf, welche mannigfaltigen Vorzüge mit dem neuen Narro-Wäldchen der Gesamtgesellschaft zuteil werden: Linden sind wahre ökologische Juwelen.
Die Linde hat‘s drauf
Die Bäume blühen relativ spät und bieten Insekten und Bienen lange Nahrung. Ihr besonderer Geruch macht die Linde auch zu einem Aroma-Paradies. Lindenblütenhonig hat diese besondere Prägung. Die Bäume wurden auch im Schwarzwald früher an den zentralen Plätzen der Ortschaften gepflanzt. Der Geschmack erinnert in Spuren an die Frische der Minze.
Außerdem speichern Laubbäume viel mehr Kohlendioxid als Nadelholz. Das Aufnahmepotenzial von Buche, Kirsche, Kastanie und Linde ist besonders hoch. Kastanien sind von Krankheiten seit mehreren Jahren besonders betroffen und gelten auch im Schwarzwald nicht mehr als zukunftsfähig. Linden können an geeigneten Standorten bis heute standhaft allem Unbill trotzen.

Alle Villinger Schemen der Zunft sind traditionell aus Lindenholz geschnitzt. Das Blatt des Lindenbaums spielt in der Wappenkunde eine besondere Rolle. Herzförmig wird es oft stilisiert dargestellt. Auch die Form des heranwachsenden Baumes hat eine besondere Ausstrahlung. Der weit ausgebreitete Astwuchs wird von vielen Menschen als beschützendes Dach empfunden. Auch deshalb sind Linden so oft Wegekreuzen und kleinen Kapellen zugeordnet.
Natürlich wird Villingens Narrozunft die Pflanzphase des Schemenwalds mit einer kleinen Feier starten. Die Details sind derzeit noch in der Feinabstimmung.